Streiks bei BAYER Italia
„Wir werden die Opfer des Zusammenschlusses mit SCHERING sein“
Die Beschäftigten der BAYER-Niederlassung im italienischen Rosia streiken für den Erhalt ihres Werkes. Philipp Mimkes sprach mit einer lieber anonym bleiben wollenden Gewerkschaftlerin über den Arbeitskampf.
Welche Gewerkschaften sind in Rosia vertreten?
Es gibt die drei großen Gewerkschaften FILCEM, FILLEA und UILCEM, die zusammen die FEMCA, die Dachgewerkschaft für die pharmazeutische Industrie, bilden
Seit wann gehört das Werk zu BAYER?
BAYER kaufte es 1996.
Was wird in Rosia produziert?
Wir packen Faktor-VIII-Produkte ab, die von BAYER unter dem Namen KOGENATE und von AVENTIS unter dem Namen HELIXATE verkauft werden. Zudem packen wir andere Plasma-Produkte für TALECRIS ab.
Wieviele Leute arbeiten in Rosia?
Momentan 95.
Wie hoch ist der Organisationsgrad?
Über 60 Prozent.
Wie ist das Verhältnis von Arbeitern und Leitenden Kräften?
Es gibt unter den Mitgliedern nur drei Top-Manager und sechs andere Führungskräfte. Die restlichen 86 sind Arbeiter.
Gab es auch früher schon Auseinandersetzungen zwischen dem Management und den Gewerkschaften?
Ja, nach der Absage, Rosia zum zentralen europäischen Standort für Blutplasma-Produkte zu machen.
Gab es schon einmal Streiks in Rosia?
Nein, nur jetzt.
Was sind die Ursachen für den Konflikt, und wie sehen die Forderungen der Gewerkschaft aus?
Unser Werk arbeitet effizient und profitabel, warum also die Produktion verlagern und das Werk schließen? Wir werden die Opfer des Zusammenschlusses mit SCHERING sein und wollen neue Jobs, nicht bloß ein bisschen Geld.
Wann begannen die Streiks?
Anfang 2007.
Welche Ziele verfolgt das Management?
Es verteilt die Produktion auf andere Standorte, wickelt das Werk ab, ohne es zu Produkt-Engpässen kommen zu lassen und versucht die Beschäftigten woanders unterzubringen.
Wieviele Beschäftigte nehmen an den Streiks teil?
Fast alle, sogar solche aus dem unteren Management.
Gibt es Solidarität auch von draußen oder von den Medien?
Ja.
Was macht die Provinz-Regierung?
Sie würde Siena gerne zu einem Zentrum für die Gentech-Industrie machen, aber dazu braucht sie investionsfreudige Unternehmen.
Bekommt ihr Unterstützung von in- oder ausländischen BAYER-Niederlassungen?
Überhaupt nicht.
Seit Ihr in Kontakt mit bundesdeutschen Gewerkschaften?
Nein.
Gibt es etwas, was wir hier in Deutschland für Euch tun könnten?
Ich bin mir nicht sicher, ob es uns helfen kann, wenn unsere Situation in Deutschland bekannt wird, aber es dürfte in der Öffentlichkeit sicher auf Interesse stoßen. Unser Traum wäre es, wenn BAYER hier einiges Geld investieren und die Produktion ausbauen würde, wie der Konzern es 1996 den Beschäftigten sowie den Regional- und Bundespolitikern versprochen hat. Oder – etwas weniger utopisch – wenn er das Werk an ein anderes Unternehmen verkaufen würde, das dieses tun und die Arbeitsplätze erhalten würde.