Unsere Kritik an der Berufung der neuen Berliner Wirtschafts-Senatorin wurde in einer Reihe von Zeitungen aufgegriffen:
12. September 2012; Berliner Zeitung
Berufung der Lobbyistin Yzer zur Wirtschaftssenatorin löst Kritik aus
Berlin. Die Benennung der langjährigen Pharmalobbyistin und ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Cornelia Yzer zur neuen Berliner Wirtschaftssenatorin hat sogleich auch Kritik hervorgerufen. «Von der Bayer-Rechtsabteilung zum Ministeramt – Hier geht Lobbyismus vor Gemeinwohl», erklärte eine Gruppe «Coordination gegen BAYER-Gefahren». Der Berliner CDU-Chef und Innensenator Frank Henkel begründete seine Wahl am Mittwoch damit, dass Yzer «eine kompetente und erfahrene Persönlichkeit» sei, die sich sowohl in Politik als auch in der Wirtschaft auskenne». «Ich bin ehrlichen Herzens froh darüber, dass wir jetzt eine Lobbyistin für Berlin gefunden haben. »
Yzer folgt Sybille von Obernitz nach, die am Samstag um ihre Entlassung aus dem Amt gebeten hatte. Yzer soll am 27. September im Abgeordnetenhaus vereidigt werden. Die Ex-CDU-Bundestagsabgeordnete (1990 bis 1998) war bis 2011 15 Jahre lang Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (VFA). Er gilt als einer der mächtigsten Lobbyverbände.
Die designierte Wirtschaftssenatorin bezeichnete ihr neues Amt als «spannende Aufgabe». Sie habe sich nicht vorstellen können, noch einmal in die Politik zurückzukehren. «Aber Frank Henkel hat mich in den vergangenen Tagen überzeugt», sagte die 51-jährige Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlerin in Berlin. Gemeinsam mit der Wirtschaft werde sie das Potenzial dieser Stadt entfalten. «Denn ein hinteres Ranking ist der Stadt nicht angemessen.»
Von 1992 bis 1994 war Yzer im Bundesministerium für Frauen und Jugend unter der damaligen Bundesministerin Angela Merkel (CDU) Parlamentarische Staatssekretärin. Danach wechselte sie in gleicher Position ins Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft.
Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren kritisierte, Yzer habe schon ihr Amt als Staatssekretärin «unverblümt als Auftrag zum Industrielobbyismus verstanden. Dass nun die Politik direkt von Konzern-Vertretern gemacht wird, hat eine neue Qualität». Seine Gruppe beschäftige sich bereits seit 30 Jahren mit dem Einfluss der Chemie- und Pharmaindustrie auf Politik und Gesellschaft.
«Yzer war als VFA-Chefin maßgeblich daran beteiligt, die von Ärzten, Krankenkassen und weiten Teilen der Politik seit Jahrzehnten geforderte „Positivliste“ abrechnungsfähiger Medikamente mittels Millionenklagen zu verhindern. Der Pharma-Dschungel mit über 40 000 verschreibungspflichtigen Medikamenten ist bis heute nicht gelichtet», beklagte Mimkes.
Henkel sieht Yzers langjährige Lobbyistentätigkeit als unverfänglich an. «Ich halte das nicht für problematisch. Ich kann keinen Nachteil erkennen, wenn man Erfolge in Wirtschaft und Politik sammelt», sagte der 48-jährige Parteichef. Yzer wertete es genauso. «Natürlich war ich als Lobbyistin tätig. Aber eine klare Interessenvertretung halte ich für zulässig», sagte die designierte Wirtschaftssenatorin. «Wenn es transparent ist, und wenn es um valide Informationen geht, ist es ein völlig legitimer Vorgang.»
SPD-Fraktionschef Saleh wollte sich zur langjährigen Lobbyistentätigkeit von Yzer nicht äußern. «Ich verlasse mich darauf, dass die CDU diese Aspekte alle abgewogen hat und jemanden präsentiert, der die Wirtschaft in Berlin voranbringen kann.»