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[LL Reis] Liberty Link Reis

CBG Redaktion

Presse Information vom 17. April 2009
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Gen-ethisches Netzwerk

Appell an Bundesregierung / EU berät kommende Woche

Keine Import-Zulassung für genmanipulierten Reis!

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren und das Gen-ethische Netzwerk fordern die Bundesregierung auf, eine Importzulassung für die genmanipulierte Reis-Sorte LL62 abzulehnen. Der EU-Ausschuss für Lebensmittel und Tiergesundheit wird sich in seiner Sitzung am Montag mit dem Antrag der Firma BAYER befassen. Die Regierung von Luxemburg hat bereits angekündigt, gegen eine Zulassung zu stimmen. In einer ersten Abstimmung im Frühjahr 2004 hatten neun der damals fünfzehn EU-Staaten Bedenken gegen den Import von sogenanntem Liberty Link-Reis geäußert.

Liberty Link-Reis ist resistent gegen das von BAYER hergestellte Herbizid Glufosinat (Handelsname Liberty). Eine ebenfalls gegen Glufosinat resistente Reis-Sorte von BAYER war im Jahr 2006 für die bislang größte gentechnische Verunreinigung verantwortlich. Die Sorte LL 601 war weltweit in den Handel gelangt, obwohl zu diesem Zeitpunkt nirgendwo eine Zulassung vorlag. Christof Potthof vom Gen-ethischen Netzwerk: „Der Schaden dieses Kontaminations-Skandals für Handel und Landwirte betrug über einer Milliarde US Dollar. Bis heute ist unklar, wie es überhaupt zu der Kontamination kam, und bis heute hat BAYER hierfür keinen Schadensersatz geleistet“. In den USA ist eine Sammelklage betroffener Landwirte gegen BAYER anhängig.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: „Die Zulassung von genmanipuliertem Reis ist aus verschiedenen Gründen abzulehnen: in den Anbauländern, vornehmlich in Asien, wäre eine Verunreinigung natürlicher Reis-Sorten unausweichlich, zudem droht die Verdrängung lokal angepasster Sorten. Der hohe Einsatz von Glufosinat würde zu Gesundheitsschäden der Landarbeiter führen. Und nicht zuletzt sind die langfristigen Risiken für die europäischen Verbraucher unabsehbar“. Die Ankündigungen der Agro-Industrie, mittels Gentechnik das Welthunger-Problem zu lösen und den Verbrauch von Pestiziden zu verringern, haben sich laut Mimkes als „leere Versprechen“ erwiesen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte in ihrer Bewertung von LL-Reis zwar das Risiko von Auskreuzungen als hoch bezeichnet. Da der Anbau nicht in Europa erfolgen soll, war dieses Risiko jedoch nicht in die Bewertung eingeflossen. Auch die Gefahren für Artenvielfalt und die Gesundheit der Landwirte blieben unberücksichtigt. Im vergangenen Jahr hatte daher ein Bündnis von Umwelt- und Bauernverbänden in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel gefordert, keine Importzulassung für LL Reis zu erteilen. Wörtlich hieß es in dem Schreiben: „Für über 2,5 Milliarden Menschen ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel. Die Europäische Union darf sich nicht über die ökologischen und sozialen Risiken von LL 62 in den potentiellen Anbau-Ländern hinwegsetzen. Wir fordern Sie auf, sich bei der EU gegen eine Import-Zulassung von LL-Reis auszusprechen!“. Bislang ist Liberty Link-Reis in Asien nicht zum Anbau zugelassen, die angestrebte EU-Zulassung und der europäische Exportmarkt sollen hierfür als „Türöffner“ dienen.

Glufosinat gehört zu den 22 Pestiziden, die wegen erwiesener Gesundheitsgefahren keine erneute EU-Zulassung erhalten dürfen. Die EFSA stellte in einer Untersuchung fest, dass die Anwendung des Herbizids in der Landwirtschaft „ein hohes Risiko für Säugetiere“ darstellt und Insekten und Wildpflanzen sogar außerhalb der besprühten Felder gefährdet. Der Anbau von LL-Reis würde zu einem massiven Einsatz von Glufosinat führen.

BAYER ist weltweit zweitgrößter Anbieter von gentechnisch verändertem Saatgut. Weltweit will das Unternehmen genmanipulierte Pflanzen wie Raps, Baumwolle, Zuckerrüben, Kartoffeln und Mais in den Markt drücken. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren und das Gen-ethische Netzwerk fordern BAYER auf, sofort aus der Produktion von gentechnisch veränderten Pflanzen auszusteigen.

weitere Informationen:
· Kontamination mit LL Reis
· Brief an die EU-Mitgliedsstaaten
· Greenpeace-Kampagne zu GenReis
· Artikel „Bitterer Gen-Reis“

taz blog von „Save our Seeds“ – 21.04.2009

Gift und Gene made in Germany

EU-Zulassung für Bayers „Liberty“-Reis?

Demnächst soll der zuständige Regelungsausschuss der EU-Mitgliedsstaaten über die Zulassung des ersten gentechnisch veränderten Reises als Lebensmittel entscheiden. Der von der Firma Bayer entwickelte Reis „LL62? ist resistent gegen deren hauseigenes Totalherbizid “Liberty„ (Glufosinat). Angebaut wird er bisher nirgends. Bayer geht es mit dem Antrag vor allem darum, dem Reis durch den Segen der EU in asiatischen Ländern die nötige Reputation zu verschaffen.

Reis ist das wichtigste Lebensmittel der Welt: Für die Mehrheit aller Erdenbürger das “täglich Brot„ und für die Mehrheit derer, die hungern, das, was ihnen am meisten fehlt. Reis, der mit beliebigen Mengen eines Pestizids besprüht werden kann, das in der Europäischen Union wegen seiner toxischen und hormonellen Wirkung auf der Liste der zu verbietenden Substanzen steht – ist das der Fortschritt, mit dem der Hunger in der Welt bekämpft werden soll? Ist das der Reis, den wir demnächst aus Asien importieren wollen? Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA kann wie üblich keinerlei Risiken erkennen, obwohl sie das Herbizid für schädlich hält.(1) Deshalb empfiehlt die EU-Kommission die Zulassung von Bayers LL62. Er wäre der erste Gentechnik-Reis, der in der EU, aber auch in vielen Entwicklungsländern zugelassen würde.

Für Bayer geht es dabei weniger darum, den europäischen Markt für LL62 zu erschließen, als vielmehr um die Vermeidung von Problemen, wie sie vor drei Jahren mit einer nicht zugelassenen Variante von LL62 (LL601, siehe Dossier (2)) auftraten: Weil in Arkansas Basissaatgut mit Reis aus Versuchen mit Bayers Gentechnikreis verunreinigt wurde, mussten weltweit die Reis-Regale leer geräumt werden. Unbemerkt hatte sich der Gentechnik-Reis im US-Saatgut ausgebreitet und fand sich nun im Langkornreis der großen Handelsketten. Die Rückrufaktion und der bis heute andauernde Versuch, den Reis wieder aus dem Saatgut in den USA zu eliminieren, soll insgesamt 1,2 Milliarden Dollar gekostet haben. Thailand, Indien und Vietnam erklärten, bei ihnen gebe es garantiert keine Gentechnik im Reisfeld. Der Export aus den USA brach zusammen. Bayer erklärte die Verunreinigung zu einem “act of god„, für den die Firma leider nicht gradestehen könne.

Weil das kein wirklicher Anreiz ist, sich auf den Anbau von Bayers Gentechreis einzulassen, will der Konzern diesmal vorbeugen: Sollte LL62 demnächst ungewollt in den Regalen auftauchen, dann wären “zufällige und technisch unvermeidbare„ Spuren bis 0,9% in europäischen Lebensmitteln legal.

Nur mit diesem Argument kann Bayer darauf hoffen, in Brasilien, wo der Anbau ab 2012 geplant ist, in den Philippinen, Indien und Südafrika, wo es sich ebenfalls um ein Zulassung von LL62 bemüht, und später in den Hauptexportländern Thailand und Vietnam eine Chance zu bekommen. Nur in den USA ist sein Anbau bisher theoretisch zugelassen, wird aber (s.o.) auch dort nicht angebaut. Unter der weltweiten Dachmarke Arize (3) vertreibt das Unternehmen konventionelle Hybridreis-Saatgutsorten in sieben Ländern, die mehr als die Hälfte der weltweiten Anbaufläche repräsentieren. Darunter sind wichtige Reisanbauländer wie Indien, Indonesien oder auch Brasilien. Die Einführung von Hybrid-Reis, dessen Saatgut nicht mehr von den Bauern selbst vermehrt werden kann, ist für Bayer der erste Schritt, um ins Geschäft zu kommen. Bisher ist der meiste Reis der Welt noch samenfest.

Die gentechnische Kombination mit einem Totalherbizid, gegen das der Reis dann resistent gemacht wird, ist der nächste Schritt. “Im vergangenen Jahr hat Bayer neue Reis-Forschungseinrichtungen in Singapur und Thailand eröffnet„, teilte der Konzern heute anlässlich einer neuen Kooperation mit der Gentechnik-Firma Evogen mit.(4) Evogen entwickelt neue Sorten, nicht zuletzt für die Agrarsprit-Produktion. In diesem Sinne empfehlen wir die Lektüre der Pressemitteilung aus Leverkusen vom vergangenen Freitag zum Agrartreffen der G8: “Ausreichend Nahrung für eine wachsende Weltbevölkerung: Bayer CropScience fordert eine ‚zweite Grüne Revolution‘„(5)

Die Zulassung von LL62 wäre nicht zuletzt eine klassische Hilfestellung der EU zur Einführung doppelter Standards im Umgang mit Agrargiften. Denn die Beweislage gegen Glufosinat ist mittlerweile so stark, dass es zu den 22 in der Landwirtschaft eingesetzten Chemikalien zählt, die in ganz Europa verboten bzw. nicht mehr neu zugelassen werden dürfen:

* Eine Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission regte an, Glufosinat solle als “mögliche Gefahr für das ungeborene Kind„ eingestuft werden und es könne “die Fruchtbarkeit beeinträchtigen„ (C&L Working Group)

* “Glufosinat-Ammonium hat ernsthafte Auswirkungen auf die Reproduktionsfähigkeit„ (EFSA, 2005)

* Die Mengen der toxischen Rückstände in Kartoffeln, bei denen Glufosinat eingesetzt worden war, stellen “ein akutes Risiko für Kleinkinder„ dar (EFSA, 2005)

* Rückstände von Glufosinat befinden sich auch in Reisprodukten (US-Umweltschutzbehörde EPA)

* Landwirte, die Glufosinat bei gentechnisch verändertem Mais einsetzten, waren schädlichen Giftkonzentrationen ausgesetzt, obwohl sie eine Schutzausrüstung verwendeten (EFSA, 2005)

Selbstverständlich sind die mit Bayers Form von “Liberty„ besprühten Reisfelder nicht mehr geeignet, dort z.B. gleichzeitig Aquakulturen und Enten zu halten – Monokultur und Gift für die Dritte Welt lautet seine Botschaft.

Greenpeace hat eine weltweite Kampagne gegen die Zulassung von Bayers LL62 gestartet (6) und macht in Österreich dagegen mit Unterschriften mobil (7). In den Philippinen erreichte die Organisation letzte Woche einen Gerichtsbeschluss, der die Zulassung von LL62 fürs erste verhindert. Auch die Koordinantion gegen Bayer-Gefahren organisiert Protest.(8)

Nachdem die Entscheidung ursprünglich bereits auf der gestrigen Sitzung des “Ständigen Ausschusses„ der EU fallen sollte, ist sie jetzt für die Sitzung am 14. und 15. Mai angesetzt. Mit einer sofortigen Zulassung ist dort zunächst nicht zu rechnen. Die hier erforderlichen zwei Drittel der Mitgliedsstaaten werden dem Ansinnen nicht zustimmen. Die Kommissions-Empfehlung wird deshalb wohl den Ministern vorgelegt werden müssen. Dort bedarf es dann allerdings einer Zweidrittel-Mehrheit, um Bayers LL62 noch zu stoppen.

Benny Haerlin ist Initiator von “Save our Seeds”, einer europäischen Initiative gegen Gentechnik im Saatgut.

(1) http:www.efsa.europa.eu/EFSA/efsa_locale-1178620753824_1178665910099.htm
(2) http:
www.saveourseeds.org/en/frame.php?page=../dossier/fact_sheet_bayer_LLRICE601
(3) http:www.bayercropscience.com/BCSWeb/CropProtection.nsf/id/DE_Arize_Reis-Saatgut
(4) http:
www.bayercropscience.com/BCSWeb/CropProtection.nsf/id/DE_20090421
(5) http:www.bayercropscience.com/BCSWeb/CropProtection.nsf/id/DE_20090418
(6) http:
www.greenpeace.org/international/campaigns/genetic-engineering/hands-off-our-rice/
(7) http:www.greenpeace.at/protest_bayer.html
(8) http:
www.cbgnetwork.org/1217.html