11. Januar 2012
FDA-Entscheidung zu Yasmin in der Kritik
Das Wall Street Journal berichtet heute unter der Überschrift “FDA-Empfehlung für Bayer-Mittel verliert an Glaubwürdigkeit“ über die Sitzung der US-Gesundheitsbehörde am 8. Dezember zur Sicherheit von Antibaby-Pillen. Das WSJ weist nach, dass mindestens drei Experten enge Verbindungen zu Bayer hatten. Ein kritischer Pharma-Experte, der keinerlei Geld von der Industrie erhalten hatte, war hingegen wegen angeblicher „Interessenkonflikte“ von der Sitzung ausgeschlossen worden.
Nach Beratungen zur Sicherheit der betreffenden Kontrazeptiva (Yaz, Yasmin) war der Ausschuss mit einem Abstimmungsergebnis von 15 zu 11 zu dem Schluss gekommen, dass die Vorteile der Medikamente höher einzuschätzen seien als die Risiken. Die drei in Frage stehenden Mitglieder stimmten mit der Mehrheit, wenn sich auch zwei von ihnen später für verschärfte Warnhinweise auf den Verpackungen aussprachen. Dass es Risiken gibt, legen Studien der FDA nahe. Studien des Bayer-Konzerns selbst waren zu dem Ergebnis gekommen, dass keine größeren Risiken vorhanden seien.
Die Ausschuss-Anhörung im Dezember soll sehr emotional gewesen sein. Joan Cummings berichtete vom Tod ihrer 18 Jahre alten Tochter im Jahr 2010. Die Yaz-Patientin war kollabiert und an einem Herzstillstand gestorben, verursacht durch ein Blutgerinnsel in der Lunge. Der Rechtsstreit der Familie gegen Bayer ist noch nicht entschieden.
Das WSJ berichtet weiter:
Das Verschweigen der erhobenen Informationen stößt jedoch auf Kritik. Finanzielle Verbindungen zu Pharmakonzernen können bei den Mitgliedern zu Befangenheit führen, warnt Steven Nissen, ein berühmter Kardiologe aus Cleveland und regelmäßiges Mitglied in FDA-Ausschüssen. Die fehlende Veröffentlichung der Angaben unterminiere die Glaubwürdigkeit der Kommitees und beschädige das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Fairness der regulatorischen Vorgänge.
So geht es in Bayer-Dokumenten, die dem Gericht vorliegen, um Paula Hillard, einer Professorin für Geburtshilfe an der kalifornischen Stanford University, die im Ausschuss zugunsten der Bayer-Produkte gestimmt hat. In einem Dokument heißt es, durch Hillards Präsenz in Stanford habe man einen Fürsprecher für Yasmin im Norden Kaliforniens, was sehr nützlich sein werde.
Per E-mail teilte Hillard dem Wall Street Journal mit, sie habe 2010 an zwei Bayer-Meetings teilgenommen. Sie habe für ihre Tätigkeit für Bayer 2010 weniger als 10.000 US-Dollar erhalten. Weitere Fragen wollte sie nicht beantworten.
Ein weiteres Ausschussmitglied, Anne E. Burke, Professorin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Baltimore, hatte in Publikationen erklärt, dass sie Forschungsförderung von Bayer erhalten hat. Bayer beschreibt die Ärztin in einem der Dokumente als „Bayers Kontrazeptiva-Expertin“.
Das dritte der betroffenen Ausschussmitglieder und gleichzeitig seinerzeit Vorsitzende des Kommitees ist Julia V. Johnson, Professorin für Geburtshilfe von der Massachusetts Medical School. Sie teilte dem Wall Street Journal per E-mail mit, sie habe bei vier Studien der Bayer-Einheit Berlex mitgearbeitet. Die letzte Studie sei 2008 gewesen, und sie habe keine Forschungsfinanzierung erhalten. Die Mitarbeit an den Studien ohne den Erhalt von Forschungsfinanzierung könne nicht als Konflikt angesehen werden.
Während die drei Ärztinnen im Kommitee abstimmen durften, wurden einem weiteren Mitglied die Stimmrechte von der FDA entzogen. Sydney M. Wolfe hatte die Sicherheit der Verhütungsmittel öffentlich kritisiert. Von THOMAS M. BURTON