EU-Lebensmittelbehörde legt Risiko-Bewertung vor
In dem EU-Verfahren zur Prüfung der Glyphosat-Zulassungsverlängerung legte Anfang Juli nach der Chemikalien-Agentur ECHA auch die Lebensmittelbehörde ECHA ihre Risiko-Bewertung vor. Sie machte zwar zahlreiche Daten-Lücken zur etwaigen Gefährdung von Mensch, Tier und Umwelt durch das Herbizid aus, gab aber trotzdem Entwarnung: „keine kritischen Problem-Bereiche“. Entsprechend groß fiel der Protest aus.
Von Jan Pehrke
Keine Glyphosat-Daten zu möglichen Schädigungen von Zellen und Chromosomen, zu den Auswirkungen auf das Nervensystem von Heranwachsenden sowie zur Gefährdung diverser Tier- und Pflanzen-Arten – und wie lautet da das Resümee der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA? „Null Problemo!“. Keines der über 20 „data gaps“ mochte sie bei ihrer Bewertung der Kategorie „kritischer Problem-Bereich“ (critical area of concern) zuordnen.
Dementsprechend positiv reagierte der BAYER-Konzern. „Diese abschließende wissenschaftliche Schlussfolgerung legt den Grundstein für die erfolgreiche Wiederzulassung von Glyphosat in der EU“, frohlockte er. Der Agro-Riese sieht am Horizont schon die Früchte seiner Lobby-Arbeit in Brüssel gedeihen. Millionen investiert er dort Jahr für Jahr in die Pflege der politischen Landschaft und greift dabei in Sachen „Glyphosat“ zusätzlich noch auf spezielle Agenturen wie etwa die RUD PEDERSEN GROUP zurück. Ein Übriges tun dann die „Glyphosate Renewal Group“ und diverse Branchen-Verbände.
Aber die EFSA blieb reserviert. Sie legte Wert auf die Feststellung, nur die verfügbaren Daten zu dem Herbizid zusammengetragen und damit keinesfalls die Entscheidung über seine Zukunft vorweggenommen zu haben. Das abschließende Urteil obliege allein der EU-Kommission in ihrer Funktion als risk manager; und an der wäre es der Behörde zufolge auch, darüber zu befinden, ob angesichts der vielen Daten-Lücken das Vorsorge-Prinzip zur Anwendung kommen müsse.
Beschleunigtes Verfahren
Das verneinte die Generaldirektion Gesundheit (DG Sante) der Kommission prompt. Von der Leyen & Co. trafen stattdessen schon wenige Tage nach der Veröffentlichung des EFSA-Statements Vorbereitungen für eine Zulassungsverlängerung. Am 11. und 12. Juli präsentierten sie den VertreterInnen der EU-Staaten im „Ständigen Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ (SCoPAFF) den „Renewal Report“, den Bericht zur Zulassungsverlängerung. Auf der Tagesordnung stand das nicht, da war nur ein „Meinungsaustausch“ über die Glyphosat-Bewertung der EFSA vorgesehen. Zu dem Zeitpunkt lag den Ausschuss-Mitgliedern das ganze Dossier der Lebensmittelbehörde noch gar nicht vor, sondern lediglich eine knappe Zusammenfassung. Die Veröffentlichung kündigte die Lebensmittelbehörde nämlich für Ende Juli an, diejenige des kompletten Daten-Satzes zu Glyphosat sogar erst für den Oktober. Der DG Sante aber konnte es gar nicht schnell genug gehen. Es gäbe keinen Grund, keine Zulassungsverlängerung vorzuschlagen, so Referatsleiter Dr. Klaus Berend. Und die vielen offenen Fragen? Den Umgang damit wollen Berend & Co. einfach den Mitgliedsländern überlassen. Wenn ein Staat trotz der Einführung von Risikominderungsmaßnahmen noch Bedenken hätte, dürfe er „die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in seinem Hoheitsgebiet beschränken oder verweigern“, heißt es im „Renewal Report“.
Ihr ganzes Glyphosat-Dossier veröffentlichte die EFSA am 26. Juli. Als Grundlage diente dabei das Produkt ROUNDUP UL-TRA von BAYERs Tochterfirma MONSANTO, ein wasserlösliches Konzentrat mit einem Wirkstoff-Gehalt von 360 Gramm Glyphosat pro Liter als Isopropylamin-Salz. Das Krebs-Risiko der Substanz evaluierte die Lebensmittel-Behörde nicht neu. Sie übernahm einfach – wie auch bei der Einschätzung des erbgut- und fruchtbarkeitsschädigenden Potenzials – die Bewertung der EU-Chemikalienagentur ECHA. Diese hatte das Herbizid im letzten Jahr als nicht krebserregend eingestuft – im Gegensatz zur Weltgesundheitsorganisation WHO, die im Jahr 2015 zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt war: „wahrscheinlich krebserregend“.
Die voneinander abweichenden Beurteilungen erklären sich nicht zuletzt damit, dass sich die EU-Agenturen bei ihrer Arbeit vornehmlich auf Studien der Industrie stützten, während die WHO auch solche von Universitäten, anderen Forschungsinstituten und öffentlichen Einrichtungen einbezog. ECHA und EFSA sortieren diese Untersuchungen immer wieder aus, da sie nicht den Grundsätzen der „Guten Labor-Praxis“ (GLP) genügen. Die Hochschulen orientieren sich nicht an diesen Kriterien, weil ihre Forschung ganz anders angelegt ist. Sie wollen Neuland betreten, prüfen deshalb bestimmte Hypothesen und wählen daran orientiert die Methoden aus. Das Geld spielt ebenfalls eine Rolle. Die Universitäten können es sich zumeist schlicht finanziell nicht leisten, den umfassenden GLP-Anforderungen, was Validierung, Dokumentation und Qualitätssicherung angeht, zu genügen. Dafür gehören andere, nicht zu den GLP-Vorschriften zählende Kontroll-Mechanismen zu ihrer Praxis wie etwa „Peer Review“-Verfahren, also eine Begutachtung der Arbeiten durch andere WissenschaftlerInnen.
Im Ergebnis unterscheiden sich die im Auftrag von BAYER & Co. angefertigten, GLP-Maßstäben entsprechenden Glyphosat-Studien immens von denjenigen, die Universitäten oder andere Forschungseinrichtungen unternahmen. Das ergab ein von den Initiativen PESTIZID AKTIONS-NETZWERK, CORPORATE EUROPE OBSERVER und GLOBAL 2000 durchgeführter Vergleich. So attestierte der überwiegende Teil der unabhängigen Untersuchungen dem Pestizid eine gentoxische, also erbgut-schädigende Wirkung, was deutlich auf eine Krebs-Gefahr hinweist, während das nur eine der 46 GLP-Untersuchungen tat.
Viele Daten-Lücken
Für die zahlreichen bekannten Risiken und Nebenwirkungen des Mittels reichten der EFSA zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt Grenzwerte. Diese genügen ihrer Ansicht nach, um die Gefahren einzuhegen. Daneben stieß die Behörde jedoch auf zahlreiche unbekannte Risiken und Nebenwirkungen: Mehr als 20 Daten-Lücken machte sie aus. Eine dieser Fehlstellen betrifft die Entwicklungsneurotoxizität, also die Auswirkungen von Glyphosat auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern. Zu den möglichen Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen durch das Mittel vermochte die Behörde ebenfalls keine Aussagen zu treffen: „data gaps“ sowohl für Glyphosat selbst als auch für das Abbau-Produkt AMPA. Zudem blieb „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offen, da keine Angaben zu den Glyphosat-Rückständen auf Karotten, Weizen und Salat vorlagen. Darüber hinaus treten immer wieder Verunreinigungen von Glyphosat mit Substanzen auf, über deren Gefährdungspotenzial sich der EFSA zufolge in den von BAYER & Co. präsentierten Studien keine ausreichenden Informationen fanden. Überdies vermisste sie Daten zur Toxizität eines Zusatzstoffes. Und die Effekte des Pestizids auf den Mikroorganismus-Haushalt des Menschen konnte die Lebensmittel-Behörde nicht abschließend beurteilen, weil es dazu noch kein standardisiertes wissenschaftliches Verfahren gibt.
Weitere Daten-Lücken taten sich hinsichtlich der Folgen der Glyphosat-Ausbringung für die Tierwelt auf. Bienen betreffend vermochte die EFSA nur eine akut toxische Wirkung auszuschließen. In puncto „Langzeitfolgen“ konstatierte sie hingegen ein „data gap“. Auch zu den indirekten Auswirkungen von Glyphosat auf die Bienen, die sich durch den floralen Kahlschlag auf den Äckern ergeben, „wurden keine aussagekräftigen Untersuchungen vorgelegt“, so die Behörde.
Zur Bewertung der Umweltschäden ermangelte es ihr an einer belastbaren Grundlage. Die verfügbaren Monitoring-Datensätze betrachtete sie als unzureichend. Deshalb „sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen“, wie die EFSA vorsorglich erklärte. So vermochten die ExpertInnen etwa keine Aussage darüber zu treffen, inwieweit Glyphosat das Grundwasser belastet, wenn es über Ufer-Infiltration in die Oberflächen-Gewässer gelangt: „Da keine Informationen über diesen Expositionspfad verfügbar waren, wurde eine Datenlücke festgestellt.“ Zur Gefährdung von Wasserpflanzen und Moos lagen ebenfalls keine Informationen vor. In Sachen „Boden“ sah es ähnlich schlecht aus. Die vorhandenen Feldstudien ließen keinen Schluss darüber zu, wie hartnäckig sich das Glyphosat-Abbauprodukt AMPA in der Erde hält. Die EFSA ging jedoch von einer mäßigen bis sehr hohen Persistenz aus und für Glyphosat selber von einer geringen bis hohen.
Zu den Auswirkungen des Herbizids auf die Artenvielfalt konnte sich die Europäische Lebensmittelbehörde auch nicht qualifiziert äußern. Dabei hatte die EU-Kommission ihr just zur Klärung dieser Frage ein Jahr länger Zeit gegeben als ursprünglich vorgesehen und die Glyphosat-Genehmigung nicht im Dezember 2022 auslaufen lassen. Die vor fünf Jahren erfolgte Zulassungsverlängerung nahm die Mitgliedsstaaten nämlich in die Pflicht, bei den nationalen Genehmigungen der einzelnen Glyphosat-Produkte die Effekte des Pestizides auf die Artenvielfalt mit einzubeziehen. Überdies hatte die Europäische Union 2020 eine Biodiversitätsstrategie beschlossen, die das Ziel hatte, „die biologische Vielfalt bis 2030 auf den Weg der Erholung zu bringen“. Die EFSA lieferte jedoch nicht. Statt von dem üblichen „data gap“ zu diesem oder jenem konkreten Bereich sprach sie dieses Mal sogar von einer „generellen Daten-Lücke“. Und selbst wenn diese gestopft wäre, käme die Behörde nicht weiter. Ihre Sachverständigen mussten das „Fehlen harmonisierter Methoden“ einräumen, um die komplexen und von mehreren Faktoren abhängigen Folgen der Glyphosat-Ausbringung auf die Artenvielfalt zu bestimmen. Die Risiko-Bewertung von Glyphosat und anderen Agro-Chemikalien nehme immer nur die direkten Effekte in den Blick, nicht aber die indirekten, so die EFSA-ExpertInnen.
Damit leistete die EU einen Offenbarungseid. Da redet sie seit Jahren vom „Green Deal“, dem ökologischen Umbau und dem Schutz der Artenvielfalt, tat aber offenbar in der ganzen Zeit nichts, um dafür auf der regulatorischen Ebene auch die geeigneten Instrumente zur Umsetzung zu schaffen. Es blieb also bei leeren Worten.
Die Politik reagiert
„Die EFSA-Studie ist eine Studie, die einen wesentlichen Aspekt, nämlich die Auswirkungen auf die Natur, nicht ausreichend berücksichtigt“, kritisierte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dann auch. Er verglich das Vorgehen der Behörde mit einem Fahrzeug-Test, bei dem alles durchgecheckt wurde – bis auf die Brems-Funktion. Und seine Sprecherin Joyce Moewius stellte bei der Regierungspressekonferenz unmittelbar nach der Veröffentlichung der Risiko-Bewertung unmissverständlich klar, welche Gefahr von BAYERs Mittel für Flora und Fauna ausgeht: „Glyphosat ist das mit Abstand am häufigsten eingesetzte Totalherbizid und schädigt die Biodiversität unzweifelhaft, damit auch die wesentlichen Grundlagen einer nachhaltigen und krisenfesten Landwirtschaft (…) Eine Verlängerung oder eine Erneuerung der Genehmigungen auf EU-Ebene sehen wir sehr kritisch und als nicht gerechtfertigt an, da die Auswirkungen auf die Artenvielfalt nicht berücksichtigt werden.“ Die FDP vertrat da jedoch eine andere Meinung. „Wer Wissenschaft und Fakten als Grundlage seiner politischen Entscheidung betrachtet, muss der Empfehlung der EFSA und der Wiederzulassung von Glyphosat zustimmen“, erklärte deren agrarpolitischer Sprecher Gero Hocker.
In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel-Regierung noch darauf verständigt, das Pestizid aus dem Verkehr zu ziehen. Und auf einer Bundestagssitzung im September 2022 bekräftigte Özdemir dies: „Und ich sage jetzt schon allen Akteuren der Branche, dass sie in ihren Planungen davon ausgehen sollen, dass das Verbot am 1. Januar 2024 umgesetzt wird.“ Aber in der Antwort auf eine Nachfrage seines Partei-Kollegen Karl Bär schränkte er sogleich ein: „Die Grenzen dessen, was ich sage, kennen Sie: Das ist das europäische Recht. Das kann ein Bundesagrarminister natürlich nicht außer Kraft setzen.“ Ähnlich ließ sich der Grünen-Politiker Ende Juli 2023 am Rande einer Tagung des EU-Agrarrates vernehmen. „Am Ende des Tages bin ich natürlich gebunden an die rechtliche Lage“, so der Minister.
Bei Zuwiderhandlungen droht BAYER vorsorglich schon einmal mit einer Klage. „Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen, die durch den betreffenden Mitgliedstaat substantiiert geltend gemacht werden müssen, dürfen die Mitgliedstaaten die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verweigern, die auf einem EU-weit zugelassenen Wirkstoff basieren“, meint der Konzern. Gegen Luxemburg, das den Gebrauch von Glyphosat im Januar 2021 untersagt hatte, ging er bereits vor – mit Erfolg. Ende März 2023 hob der Verwaltungsgerichtshof des Landes das Verbot wieder auf. „[K]ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder sogar für die Umwelt“, befand es.
In Richtung deutsche Politik sagte nun BAYERs Glyphosat-Beauftragter Dr. Kristian Kather: „Natürlich hätte Deutschland die Möglichkeit zu sagen: ‚Nein, das lassen wir nicht wieder zu’. Wenn es allerdings keine Bedenken und offenen Fragen gibt, ist das natürlich schwierig.“ Dann könne der Agro-Riese „nur vor Gericht ziehen“, mit diesen Worten zitierte top agrar online den Manager, der auch der „Glyphosate Renewal Group“ – die Arbeitsgruppe der Agro-Riesen zur Zulassungsverlängerung – vorsitzt.
Darüber hinaus brachte der Agro-Riese die Online-Petition „Glyphosat: Kein Verbot ohne Alternative“ an den Start. „Deutschland soll sich für eine Verlängerung der Genehmigung für Glyphosat auf EU-Ebene einsetzen!“, fordert diese den Deutschen Bundestag auf. Der Konzern zweckentfremdet damit auf infame Weise ein zivilgesellschaftliches Instrument, um neben seiner millionenschweren Lobby-Arbeit noch zusätzlich Druck auf die Bundestagsabgeordneten auszuüben. Inhaltlich betreibt er unverhohlen Panikmache. Ein Bann würde „die Erzeugung heimischer Lebensmittel“ einschränken und LandwirtInnen und WinzerInnen vor große Probleme stellen, behauptet er, weil es „aktuell in vielen Anwendungsgebieten keine wirtschaftliche Alternative zu Glyphosat gibt“.
„Keine wirtschaftliche Alternative“ – damit verweist der Global Player auf die Rolle als Effizienz-Booster, die Glyphosat in der agro-industriellen Landwirtschaft innehat. An sich gibt es nämlich schon eine Alternative zu dem Breitband-Herbizid, zudem eine seit Jahrtausenden erprobte: Das Pflügen. Kombiniert mit anderen mechanischen, physikalischen und biologischen Praktiken kann es Glyphosat mühelos ersetzen, wie das Pesticide Action Network Europe jüngst in der Publikation „Alternative Methods in Weed Management to the Use of Glyphosate“ darlegte. Aber das ist halt mit ein wenig mehr Aufwand verbunden als der chemische Rundumschlag, weshalb die gnadenlos auf schnellen Output ausgerichtete industrielle Landwirtschaft da lieber auf Glyphosat zurückgreift.
BAYER preist dies zu allem Überfluss sogar noch als eine Vorgehensweise, die den Böden besser bekommt als das Pflügen, weil die Ausbringung des Pestizids angeblich für eine bessere Wasser-Aufnahme sorgt, die Erosion eindämmt, die Humus-Bildung und generell die Biodiversität fördert. „Glyphosat ist weder Boden- noch Klimaschutzmittel“, hält der BUND stattdessen fest. Als umweltschonendere Alternativen zu der chemischen Keule nennt er Mulchsaat, Untersaaten, Zwischenfrüchte und die gute, alte Hacke. Auch das Wasser-Argument weist der Verband zurück, denn ohne Bodenbearbeitung können die Äcker das Wasser schlechter speichern. Es rutscht – obendrein ungereinigt – viel schneller ins Grundwasser durch. Und die Biodiversität schützt das Pestizid der Umweltorganisation zufolge schon einmal gar nicht: „Glyphosat wirkt wie ein Antibiotikum und greift massiv in die Mikroorganismen des Bodens ein.“
Heißer Herbst
Den Anstrengungen BAYERs steht ein europaweiter Protest entgegen, der sich in der „Ban Glyposate“-Coalition zusammengefunden hat und den ganzen Wiederzulassungsprozess begleitet. Er reagierte umgehend auf die Publikation der EFSA-Risikobewertung. „Empörung über ‚grünes Licht’ für Glyphosat durch EFSA – trotz eingestandener Daten-Lücken“ war die Presseerklärung überschrieben. Die deutschen „Ban Glyphosate“-Gruppen veröffentlichten zusätzlich noch eine eigene Version. „Das BÜNDNIS FÜR EINE ENKELTAUGLICHE LANDWIRTSCHAFT (BEL), GREENPEACE, das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN Germany), die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN, SLOW FOOD DEUTSCHLAND und EKO fordern die deutsche Bundesregierung und alle EU-Mitgliedstaaten auf, trotz fragwürdiger Einschätzung durch die EFSA, gegen die Wiedergenehmigung von Glyphosat auf EU-Ebene zu stimmen“, hieß es darin. Als die Generaldirektion Gesundheit dem SCoPAFF-Ausschuss unvermittelt den „Renewal Report“ präsentierte, war das PESTICIDE ACTION NETWORK EUROPE zur Stelle. „Die GD Sante weigert sich offensichtlich, die Verantwortung für den Schutz der Bürger und der Umwelt vor der Toxizität des Glyphosat-Einsatzes zu übernehmen. Stattdessen versucht sie, die Last auf die Mitgliedstaaten abzuwälzen“, erklärte es. In dem Vorpreschen zu einer Zeit, da die kompletten Informationen zu dem Ackergift noch nicht vorlagen, vermutet PAN EUROPE System, nämlich das „Bemühen, eine wissenschaftliche und öffentliche Überprüfung der Arbeit der EFSA zu vermeiden“. Missachtung von demokratischen Regeln und Transparenz-Geboten warf die Initiative den Kommissionsmitgliedern vor. Die CBG verlangte indessen in weiteren Presseerklärungen vom BAYER-Konzern, umgehend alle Daten-Lücken zu schließen und ließ auch den Petitionsvorstoß nicht unbeantwortet.
Auf die Straße trug sie das Engagement am 14. September. Einen Tag vor der Glyphosat-Sitzung des „Ständigen Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ beteiligte sie sich an den europa-weiten Protesten rund um dieses Datum. Während PartnerInnen-Organisationen der STOP GLYPHOSATE COALITION wie EKO, GREENPEACE, das UMWELTINSTITUT, SLOWFOOD und das BÜNDNIS FÜR EINE ENKELTAUGLICHE LANDWIRTSCHAFT Cem Özdemirs Landwirtschaftsministerium in Berlin 130.000 Unterschriften zum Glyphosat-Stopp überreichten, zog die CBG vor die Leverkusener BAYER-Zentrale. Dort wollte sie einen Offenen Brief übergeben, der Antworten auf die „data gaps“ in Sachen „Glyphosat“ einforderte. Aber ein „Vertreter des Unternehmens ließ sich nicht blicken“, hielt der Leverkusener Anzeiger fest: „Sogar der Wachmann vor dem Hauseingang des Glas-Baus an der Kaiser-Wilhelm-Allee weigerte sich, das fünfseitige Schreiben entgegenzunehmen. Und einfach dort liegenlassen? Wurde auch nicht erlaubt.“ Der Zeitung gegenüber sprach Utz Klages aus der Presse-Abteilung von BAYER CROP-SCIENCE von „einigen wenigen Daten-Lücken“. Was diejenige angeht, die sich zur Beurteilung des ernährungsbedingten Risikos für VerbraucherInnen durch Glyphosat-Rückstände in Karotten, Weizen und Salat auftat, verwies er beispielsweise auf noch nicht abgeschlossene Untersuchungen: „Die Studien laufen noch.“ Sogar die dpa berichtete über die Aktion. Knapp eine Woche nach dem Lokaltermin der CBG in Leverkusen veröffentlichte die EU-Kommission den Vorschlag, die Zulassung für Glyphosat um zehn Jahre zu verlängern. Eine erste Abstimmung der Mitgliedsländer darüber ist für den 13. Oktober (nach SWB-Redaktionsschluss) angesetzt.