26. Juni 2015
Informationsfreiheitsgesetz gestärkt
Bundesverwaltungsgericht erleichtert Zugang zu Dokumenten des Bundestags / Gutachten hält Transparengesetze für möglich / Klage der CBG wird am 18. August vor dem OVG Münster verhandelt
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat gestern entschieden, dass der Bundestag jedem Bürger Einsicht in wichtige Dokumente des Wissenschaftlichen Dienstes geben muss. Geklagt hatte die Redaktion der „Welt“.
Zur Anwendung kommt das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das Bürgern den Zugang zu amtlichen Unterlagen gewährt. Das Gericht kam nun zu der Entscheidung, dass die Arbeiten des Wissenschaftlichen Dienstes nicht direkt der geschützten Tätigkeit der Abgeordneten zugeordnet werden können.
Die „Welt“ hatte im Jahr 2011 nach IFG die Herausgabe von Dokumenten gefordert, die der frühere Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg für seine Doktorarbeit verwendet hatte. Die Zeitung vertrat die Ansicht, dass die Öffentlichkeit ein Recht auf Offenlegung und Prüfung der Dokumente hatte. Nur so könne geklärt werden, ob der Bundestag im Jahr 2011 dem Verdacht von Urheberrechtsverstößen ausreichend nachgegangen ist.
Nicht durchgesetzt hat sich die Rechtsposition der Kanzlei Redeker, die auf einen Verschluss der Dokumente beharrte. Redeker ist auch der Prozessgegner der Coordination gegen BAYER-Gefahren in Bezug auf Offenlegung des Kooperationsvertrags zwischen der Uni Köln und der Bayer AG.
Die Experten des Wissenschaftlichen Dienstes erstellen in zehn Fachabteilungen Gutachten zu allen möglichen Themen und liefern den Politikern eine Grundlage für ihre Arbeit. Eine Arbeit des wissenschaftlichen Dienstes hatte vor einigen Jahren festgestellt, dass Drittmittelvereinbarungen zwischen Industrie und Hochschulen einem Transparenzgebot unterliegen können. Dies sei letztlich eine politische und keine juristische Frage (siehe Auszüge unten).
Das Oberverwaltungsgericht Münster verhandelt am 18. August über die Einsichtnahme in den Kooperationsvertrag zwischen der Universität Köln und dem BAYER-Konzern. Der Datenschutzbeauftragte des Landes NRW hatte den im Jahr 2008 geschlossenen Vertrag geprüft und eine Offenlegung nach dem Informationsfreiheitsgesetz empfohlen. BAYER und die Universität Köln setzten sich jedoch über das Votum hinweg und beharren bis heute auf einer Geheimhaltung.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung für die Freiheit von Wissenschaft und Forschung hatte sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren im März 2011 entschlossen, eine Klage auf Einsichtnahme einzureichen. Diese wurde im Dezember 2012 erstinstanzlich abgewiesen. Die Richter am Verwaltungsgericht Köln hatten sich nicht die Mühe gemacht, den umstrittenen Vertrag zu lesen und waren weitgehend der Argumentation der von BAYER und Universität engagierten Kanzleien Redeker und Freshfields gefolgt. Die CBG ging daher in Berufung.
=> Dienstag,18. August, 11.30 Uhr
=> OVG Münster (Sitzungssaal II), Aegidiikirchplatz 5
=> Kundgebung vor dem OVG ab 10.30 Uhr
Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages
Einführung einer Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und Unternehmen (Auszüge)
26. Juli 2011
Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen gewinnen an Bedeutung. Um einer übermäßigen Einflussnahme auf das Handeln einer Hochschule entgegen zu wirken und größere Transparenz sicher zu stellen, käme die Einführung einer Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge in Betracht.
Dem Interesse an größerer Transparenz hinsichtlich der Kooperationen von Hochschulen und Unternehmen könnte jedoch durch eine inhaltlich beschränkte Offenlegungspflicht begegnet werden. Eine Veröffentlichung der Fördersumme sowie der Laufzeit einer Kooperation dürfte grundsätzlich mit den Grundrechtspositionen der Beteiligten zu vereinbaren sein.
Letztlich stellt sich auch die Frage, ob und wie einer zunehmenden Einflussnahme von Unternehmen auf Hochschulen entgegengewirkt werden sollte.
Eine Veröffentlichungspflicht, die sich auch auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse erstreckt, wäre ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG. Ein solcher Eingriff ist als Eingriff in die Berufsausübung zu werten und wäre gerechtfertigt, wenn das zu Grunde liegende Gesetz durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. (…) Im Ergebnis dürfte eine auf einzelne Vertragsdetails beschränkte Veröffentlichungspflicht (s. 5.1) mit der Berufsfreiheit vereinbar sein.
Es besteht ein öffentliches Interesse daran, Kooperationsverträge zwischen staatlichen Hochschulen und privaten Unternehmen transparenter zu gestalten. So könnten einseitige Abhängigkeiten und jeder Anschein davon vermieden werden. Jedenfalls eine auf die Summe und Laufzeit beschränkten Veröffentlichungspflicht dürfte daher mit der Vertragsfreiheit zu vereinbaren sein.