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[Übern. Schering] Übernahme Schering

CBG Redaktion

FR, 4. Juli 2006

Bayer hält Jobabbau bei Schering für möglich

Bei der Fusion des Pharmakonzerns Bayer mit dem Berliner Konkurrenten Schering müssen sich die Beschäftigten nach wie vor auf Entlassungen gefasst machen. Bei einem Spitzengespräch mit Betriebsräten vermied Personalchef Richard Pott allerdings konkrete Aussagen zur geplanten Streichung von 6000 Arbeitsplätzen.

Berlin – Kündigungen sollen bei der Verschmelzung von Bayer und Schering nur das äußerste Mittel sein. Dies hat nach Angaben von Schering-Betriebsratschef Norbert Deutschmann der Bayer-Vorstand versichert. Zuvor würden alle anderen Mittel zur „Beschäftigungssicherung“ ausgeschöpft. Dazu gehörten Altersteilzeit, Versetzungen oder interne Job-Agenturen.

Grundlage für Kooperation
Die Sorgen der Schering-Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze seien in Leverkusen angekommen, so Deutschmann. Das Gespräch in der Konzern-Zentrale von Bayer werte man „als einen Schritt aufeinander zu und als Grundlage für eine kooperative Zusammenarbeit“. Anfang August sollen die Gespräche über den Jobabbau als Folge der Pharma-Ehe fortgesetzt werden. Eine gemeinsame Kommission soll über die Kürzungen vor einem Beschluss beraten.

Der Schering-Betriebsrat fordert vor allem, dass bei dem Aderlass Entlassungen vermieden werden. Absolute Schmerzgrenze für einen sozial verkraftbaren Stellenabbau in der Hauptstadt seien maximal 500 Jobs bis 2010. Derzeit beschäftigt Schering noch 5600 Menschen an der Spree und rund 9000 bundesweit. Weltweit arbeiten 25 000 Frauen und Männer für den Weltmarktführer bei Antibabypillen. Deutschmann betont, dass die Schering-Beschäftigten schon durch die vor zwei Jahren gestartete Sparwelle große Belastungen aushalten mussten. Durch die zusätzliche Steigerung der Rendite sollte die Unabhängigkeit gesichert werden. Dazu wurden trotz hoher Gewinne weiterhin Stellen besonders in Deutschland gestrichen. Letztlich schützte aber auch der gestiegene Aktienkurs Schering nicht vor den Übernahmeangeboten von zunächst Merck und dann Bayer.

Höhere Rendite
Bayer-Chef Werner Wenning will durch die Pharma-Ehe die Umsatzrendite vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen von 19 auf 25 Prozent erhöhen. Dazu sollen Einspareffekte von jährlich 700 Millionen Euro beitragen, die besonders durch den Stellenabbau entstehen sollen.

Zunächst wird die Kappung von 6000 Stellen den Konzern aber rund eine Milliarde Euro kosten. Bayer zahlte für die Übernahme fast 17 Milliarden Euro, die vor allem über Kredite sowie Teilverkäufe finanziert werden sollen. Thomas Wüpper

22.06.2006

Schering Betriebsrat setzt Bayer Frist bis 29.Juni

Der Betriebsrat der Schering AG, Berlin, hat der Führung des Bayer-Konzerns eine Frist bis 29. Juni gesetzt, um die Zukunftsängste der Schering-Mitarbeiter auszuräumen. „Der Frust ist sehr hoch“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Norbert Deutschmann am Donnerstag am Rande einer Betriebsversammlung. Zumindest müsse die Bayer AG, die Schering in ihren Konzern integrieren will, zusagen, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gebe. Auf der Versammlung machten rund 2.000 Mitarbeiter ihrem Frust über die Unsicherheit Luft, in der sie nach Deutschmanns Angaben seit Monaten gelassen werden. Weltweit soll die Übernahme zum Abbau von 6.000 Stellen führen. Der Bayer-Vorstandsvorsitzende Werner Wenning hatte am Vortag bei der Besiegelung der Übernahme erklärt, betriebsbedingte Kündigungen seien nur die „ultima ratio“. Der Schering-Arbeitnehmervertreter interpretierte dies aber nicht als Ausschluss der Maßnahme, sondern als Formulierung, die lediglich die Gesetzeslage widerspiegelt, nach der ohnehin zuvor alle anderen Mittel zur Sanierung ausgeschöpft sein müssten. Der Schering-Vorstandsvorsitzende Hubertus Erlen habe auf der Betriebsversammlung „nicht viel Neues“ gesagt, sagte Deutschmann. Vor allem hätten konkrete Aussagen zur Zukunft der Arbeitsplätze gefehlt. Das Äußerste, was die Arbeitnehmer in Berlin hinnehmen würden, wäre der sozial verträgliche Abbau von 500 Stellen bis 2010, meinte Deutschmann. Als weitere Forderungen nannte der Betriebsratsvorsitzende den Erhalt der bei Schering üblichen sozialen Standards, die Transparenz der Unternehmensentscheidungen und die Offenlegung aller eventuellen Absprachen mit dem gescheiterten Übernahme-Bewerber Merck KGaA. Erlen habe allerdings auf der Betriebsversammlung die Existenz solcher Absprachen, etwa über Kooperationen in bestimmten Bereichen, dementiert. Deutschmann verlangte vor allem, dass den Arbeitnehmern bis zum Beginn der Sommerferien konkrete Perspektiven für ihre Arbeitsplätze eröffnet würden. „Ob die Situation sich zuspitzt, das liegt jetzt bei Bayer“, sagte er. Die Frage, ob und wenn ja, welche Maßnahmen die Belegschaft ergreifen wolle, wenn sich Bayer nicht bis zum 29. Juni äußern sollte, beantwortete Deutschmann nicht.

Berliner Zeitung, 13.06.2006

„Die Headhunter sind schon unterwegs“

Herr Deutschmann, die Schering-Übernahme durch Bayer steht auf der Kippe, weil Konkurrent Merck massenhaft Schering-Aktien kauft. Welche Motive hat Merck?
Ich denke, Merck will daraus einen finanziellen Vorteil ziehen. Auf jeden Fall bedeutet die derzeitige Entwicklung noch mehr Ungewissheit für uns.

Was könnte Schering denn passieren, wenn Bayer nicht zum Zuge kommt?
Das Horrorszenario wäre natürlich, dass Schering zerschlagen wird. Die sehr optimistische Variante wäre, ein gewisses Maß an Selbstständigkeit zu erhalten. Dazwischen liegt ein breites Feld.

Wenn es zur Übernahme von Bayer kommt, sollen rund zehn Prozent der Stellen im neuen Unternehmen wegfallen. Befürchten Sie, dass die Bieterschlacht noch mehr Jobs gefährdet?
Auf jeden Fall! Weil die Erwartungen, für den Verkauf von Schering-Aktien noch mehr herauszuschlagen, steigen. Höhere Preise bedeuten höhere Kosten, höhere Kosten müssen wieder hereingespielt werden. Daraus folgen höhere Einsparungen – und das gefährdet in der Regel noch mehr Arbeitsplätze. Die Zeche nachher sollen die Arbeitnehmer zahlen.

Was kann man dagegen tun?
Wir können nur appellieren an die Vernunft der Akteure. Egal, wer die Schering-Aktien nachher besitzt, der Wert von Schering steckt in den Patenten und Köpfen der Mitarbeiter. Und wenn die Motivation sinkt oder Mitarbeiter Schering verlassen, dann nimmt das Unternehmen Schaden. Daran kann kein künftiger Erwerber ein Interesse haben.

Gibt es denn bereits die Tendenz, dass Top-Leute Schering verlassen?
Die Headhunter sind schon unterwegs und versuchen unsere Leute abzuwerben. Die Frage ist, wann sind die Leute bereit, darauf einzugehen. Wenn sie bei Schering eine Perspektive sehen, dann bleiben sie auch.

Haben Sie noch Hoffnung, dass Bayer die 75 Prozent erreicht?
Ich hoffe, dass Merck letztlich Verantwortung zeigt und nicht nur kurzfristige Interessen hat. Es geht auch um den Pharmastandort Deutschland, der durch die Bieterschlacht weiter geschwächt werden könnte.
Das Gespräch führte Peter Kirnich.

taz, 14. Juni 2006

Schering nur zu Mondpreisen zu haben

Der Übernahmepoker um den Pharmakonzern Schering entscheidet sich heute. Die Darmstädter Firma Merck hat immer mehr Schering-Aktien gekauft – und treibt damit den Preis für die Bayer-Gruppe in die Höhe. Die Belegschaft muss die Zeche zahlen
VON RICHARD ROTHER

Für Berlin und Schering wollten sie nur das Beste, erläuterten die Vertreter des Darmstädter Familienunternehmens Merck wortreich, als sie im März im feinen Hotel Adlon ihre Übernahmepläne den Journalisten erklärten. Nachdem der Leverkusener Chemie- und Pharmakonzern Bayer die Merck-Offerte deutlich überbot, erweisen sich heute die Merck-Manager als das, was sie möglicherweise von Anfang an waren: Spekulanten. Heute um 24 Uhr endet die Frist für die Schering-Anleger, das Bayer-Angebot anzunehmen. Merck hatte sich in den vergangen Tagen mit immer mehr Schering-Aktien eingedeckt – vermutlich, um von Bayer Preis- oder weitere Zugeständnisse verlangen zu können. Die Spekulationsmasse ist die Weddinger Pharmafirma .

Denn Bayer muss bis heute Abend 75 Prozent der Schering-Aktien halten. Andernfalls scheitert die Übernahme, aus der die neue Bayertochter Bayer Schering Pharma mit Sitz in Berlin werden soll. Das wissen natürlich auch die Merck-Manager, die bislang mehr als 20 Prozent der Aktien zusammenkauften. Damit haben sie ein Pfund in der Hand, mit dem sie bis heute Abend wuchern können. Entweder, Bayer legt auf sein Angebot in Höhe von 86 Euro je Schering-Aktie noch etwas drauf. Oder aber Bayer bietet den Merck-Managern Teile des gewinnträchtigen Schering-Geschäfts an – etwa Patente, neu zu entwickelnde Medikamente oder ganze Sparten. Gestern schloss Bayer bereits nicht mehr aus, auch einen höheren Preis, als bislang geboten, für Schering zu zahlen.

Verlierer dieses spekulativen Übernahmepokers ist in jedem Fall Schering. Im schlimmsten Fall würde Schering nicht nur von den Leverkusenern geschluckt, sondern zerlegt und teilweise verkauft. Im – nach Lage der Dinge – weniger schlimmen Fall kostet Bayer die Schering-Übernahme nur mehr Geld. Geld, das auf den Konten der Merck-Besitzer landet. Auch dies wird in Berlin zu spüren sein, denn Bayer muss die Übernahme refinanzieren – bislang soll sie 16,5 Milliarden Euro kosten. Die Folge werden weitere Einsparungen sein, auch bei den Personalkosten. Schon jetzt steht jede zehnte Stelle bei Schering durch die Übernahme zur Disposition. Sollte die Übernahme noch teurer werden, dürften weitere hinzukommen.

Bei Schering, dem einzigen Dax-Unternehmen Berlins, herrscht schlechte Stimmung. Die Hängepartie zerre an den Nerven der Beschäftigten, „die Belastung nimmt zu“, sagt Schering-Betriebsratschef Norbert Deutschmann. Die Beschäftigten fühlten sich wie Schachfiguren.

„Der Schering-Übernahme-Poker zwischen Bayer und Merck droht für den Standort Berlin zur Tragödie zu werden“, befürchtet auch die Grünen-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl, Franziska Eichstädt-Bohlig. Deutschland brauche Regeln, um feindliche Übernahmen und Zerschlagungen durch Finanztransaktionen einzudämmen. Da weder die rot-grüne noch die schwarz-rote Bundesregierung in diesem Sinne vorangekommen sind, bleibt Eichstädt-Bohlig nur ein moralischer Appell: „Ich appelliere an die Firma Merck ebenso wie an die Schering-Aktionäre, nicht nur die Steigerung der Kapitalrendite im Auge zu haben, sondern auch die eigene gesellschaftliche Verantwortung für Unternehmenskultur, Arbeitsplätze und Standortsicherheit.“

Wie attraktiv Schering für Investoren ist, zeigen die Zahlen des ersten Quartals dieses Jahres. In den ersten drei Monaten 2006 stieg der Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 20 Prozent auf 174 Millionen Euro. Der Umsatz kletterte um 16 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro.

12. Juni 2006

Schering-Betriebsrat befürchtet weiteren Stellenabbau

BERLIN –Der Betriebsratsvorsitzende der Schering AG, Norbert Deutschmann, befürchtet wegen der neu entfachten Bieterschlacht um das Unternehmen einen weiteren Stellenabbau. „Jetzt sind noch mehr Arbeitsplätze in Gefahr“, sagte Deutschmann der Berliner Tageszeitung „BZ“ (Montagausgabe). Durch das Vorgehen der Merck KGaA dürften die Kosten für eine Übernahme steigen. „Und das bedeutet in der Regel, dass diese Kosten die Arbeitnehmer tragen sollen und weitere Jobs wegfallen würden“, warnte Deutschmann.

Schering wollte zunächst keinen Kommentar zu den jüngsten Entwicklungen abgeben. „Wir nehmen das zur Kenntnis“, sagte die stellvertretende Sprecherin Verena von Bassewitz am Montag. Kurz vor dem Fristablauf für das Übernahmeangebot von Bayer hatte sich der Bieterkampf um Schering in den vergangenen Tagen zugespitzt. Die im Bieterstreit unterlegene Darmstädter Merck-Gruppe stockte ihren Schering-Anteil von 5% auf bisher knapp 19% auf und setzte damit ein großes Fragezeichen hinter die schon sicher geglaubte Übernahme Scherings durch den Bayer-Konzern.

12. Juni, Netzeitung

Bayer bei Schering auf Hedgefonds angewiesen

Heimlich und still hat sich Merck mit Schering-Anteilen eingedeckt – für eine Sperrminorität fehlt nicht mehr viel. Die entscheidende Rolle im wieder entfachten Übernahmekampf spielen jetzt die Hedgefonds.

Der im Übernahmekampf um Schering unterlegene Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck liefert sich mit dem Rivalen Bayer einen heftigen Schlagabtausch. Der Darmstädter Konkurrent hält nach eigenen Angaben derzeit mehr als 18 Prozent an Schering und hat damit seinen Anteil deutlich aufgestockt.
Merck versucht offenbar, eine Sperrminorität von 25 Prozent zu erreichen und damit die Übernahme durch Bayer faktisch zu verhindern. Die Frist zur Annahme des Übernahmeangebots des Leverkusener Konzerns läuft noch bis zu diesem Mittwoch.

Hedgefonds halten 20 Prozent
Bayer hatte sich als so genannter Weißer Ritter in den Übernahmekampf zwischen Schering und Merck eingeschaltet und mit 86 Euro je Aktie deutlich mehr geboten als Merck. Das Schering-Management empfahl daraufhin den eigenen Aktionären, das Angebot von Bayer anzunehmen.
Um die notwendigen 25 Prozent der Anteile zu erhalten, könnte das Darmstädter Familienunternehmen mit Hedgefonds zusammen gehen und die Bayer-Pläne mit Schering durchkreuzen oder eine Übernahme durch die Leverkusener in die Länge ziehen. Nach Angaben aus Branchenkreisen halten Hedgefonds bereits rund 20 Prozent an dem Berliner Unternehmen.
Unter den Schering-Großaktionären hatte zuletzt der Münchener Versicherungskonzern Allianz seinen Anteil von elf Prozent an Bayer verkauft. Eigenen Angaben zufolge erwarb Bayer am Aktienmarkt zuletzt zudem 23,09 Prozent der Schering-Aktien zu Preisen von je 84,71 bis 86 Euro. Der Leverkusener Konzern hält damit derzeit mehr als 61 Prozent an Schering.

Frist läuft bis Mittwoch
Bis Mittwoch muss eine Mindestannahmeschwelle von 75 Prozent erreicht werden, damit die Schering-Übernahme zu Stande kommt. „Wir halten uns alle Optionen offen“, sagte ein Sprecher von Merck. In Unternehmenskreisen hieß es jedoch, dass Merck nicht mehr damit rechne, Schering komplett übernehmen zu können. Es werde vielmehr darauf spekuliert, dass Bayer sein Angebot nochmals anhebt.
Beim Schering-Betriebsrat wächst angesichts des neu entflammten Übernahmekampfs die Sorge, der Stellenabbau könnte höher ausfallen als bisher geplant: „Jetzt sind noch mehr Arbeitsplätze in Gefahr“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Norbert Deutschmann der Berliner „B.Z.“.
Mit dem Vorgehen von Merck stiegen die Kosten für die beabsichtigte Übernahme. „Und das bedeutet in der Regel, dass diese Kosten die Arbeitnehmer tragen sollen und weitere Jobs wegfallen würden“, sagte Deutschmann. Zuvor hatte bereits Bayer-Chef Werner Wenning vor den Folgen des Übernahmekampfes gewarnt: „Wir hoffen, dass diese Intervention von Merck nicht zu einer Belastung der Entwicklung von Schering führt.“ (nz)

FTD

Bayer prüft neues Schering-Gebot

von Klaus Max Smolka, Matthias Pindter, Frankfurt, und Peter Kuchenbuch, Hamburg

Für den Fall, dass der aktuelle Kaufversuch scheitert, prüft der Bayer-Konzern, wie sich die Schering-Übernahme dennoch retten lässt. Eine zweite Kaufofferte bleibt dem Konzern rechtlich möglich.

Sollte Bayer aufgrund der Aktienkäufe des Rivalen Merck die für die Übernahme erforderlichen 75 Prozent der Schering-Anteile nicht zusammenbekommen, kann der Leverkusener Konzern bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) beantragen, sich von der zwölfmonatigen Sperrfrist befreien zu lassen. Dies ist möglich, wenn das Zielunternehmen Schering dafür seine Zustimmung gibt. Da Schering den Zusammenschluss mit Bayer unterstützt, wäre ein solches Placet zu erwarten.
Bayers aktuelles Gebot wackelt, weil Merck vorige Woche über die Börse mehr als 18 Prozent der Anteile an Schering zusammengekauft hat. Das gefährdet die Annahmequote von 75 Prozent, die Bayer zur Bedingung für das Übernahmeangebot gemacht hat. Merck hatte zuvor selbst versucht, Schering zu kaufen.
Nach dem deutschen Übernahmegesetz muss ein Bieter ein Jahr warten, bevor er nach einer gescheiterten Offerte wieder beim selben Unternehmen anklopfen darf. Mit dieser Regel hatte Bayer den Schering-Aktionären zuletzt gedroht. Das Unternehmen verlängerte vor knapp zwei Wochen seine Offerte von 86 Euro je Aktie bis zum 14. Juni und betonte, dies sei rechtlich die letztmögliche Verlängerung. Auch am Preis und anderen Gebotsbedingungen sei nichts mehr zu ändern. Die Botschaft dahinter: Jetzt annehmen oder nie.

Übernahme durch Bayer kleineres Übel
Das stimmte formal. Weitgehend unbeachtet blieb, dass Bayer sein Gebot voraussichtlich sehr wohl aufstocken kann. Denn bei Schering sieht man inzwischen die Übernahme durch Bayer als kleineres Übel an. Der Grund: Wenn der Zusammenschluss fehlschlägt, wird der Schering-Kurs vermutlich abstürzen. Die bei hohem Preis eingestiegenen Hedge-Fonds würden wahrscheinlich versuchen, ihr Investment auf andere Weise zu retten als durch den Verkauf an Bayer: Sie würden auf die Veräußerung jener Unternehmensteile drängen, die erst langfristig Erfolg versprechen – beispielsweise der Anti-Krebs-Mittel.
Schering dürfte daher einem Antrag Bayers bei der Bafin zustimmen, sich von der Sperrfrist befreien zu lassen. Die Chancen bei der Behörde stünden dann nicht schlecht. Auf gleiche Weise kam 2005 die niederländische Firma NDO beim IT-Anbieter Arxes im zweiten Anlauf zum Zuge. NDO war in der ersten Runde an einer zu niedrigen Annahmequote gescheitert – so wie es jetzt Bayer droht. Bayer könnte bei einem neuen Gebot die Annahmeschwelle von 75 Prozent herabsetzen.
„Das Gesetz sieht vor, dass die Bafin einer Befreiung zustimmen kann“, sagte eine Sprecherin der Behörde. „Die Bafin hat ein Ermessen und müsste die Bedingungen des Einzelfalls entsprechend würdigen.“ Bayer und Schering wollten sich am Wochenende zu diesem Thema nicht äußern. „Schering steht nach wie vor zu dem Bayer-Angebot“, sagte ein Schering-Sprecher.

Skeptischer Blick der Bafin
Das Schweigen ist wenig verwunderlich: Den Investoren soll nicht signalisiert werden, sie bekämen eine zweite Chance, ihre Anteile anzudienen. In Firmenkreisen ist aber zu hören, dass die Rechtsabteilungen diesen Weg prüfen. Theoretisch wäre auch ein Gebot über eine neue Tochtergesellschaft möglich. Diese Option wird aber dem Vernehmen nach von Bayer verworfen.
Die Bafin würde einen solchen Schritt wohl skeptisch betrachten. „Wenn ein neuer Bieter käme, von dem man wissen würde, dass dahinter der gleiche wirtschaftliche Eigentümer steht, dann wäre zu prüfen, ob das einen Umgehungstatbestand darstellen würde“, sagte die Bafin-Sprecherin.
In jedem Fall ist Bayer fest gewillt, die Akquisition von Schering durchzuführen. Schließlich hat der Leverkusener Konzern schon mit hohem Tempo die Zusammenlegung mit dem Konkurrenten vorbereitet – unterstützt von den Beratungsgesellschaften Deloitte und Egon Zehnder. Leiter des Projekts ist Lambert Courth, Chef der Ländergruppe Großbritannien und Irland. Er führte schon die Integration des Geschäfts mit rezeptfreien Medikamenten, das Bayer 2004 von Roche gekauft hatte.
In Singapur trafen sich nach FTD-Informationen vorige Woche Bayer- und Schering-Manager zu Gesprächen über die Fusion der Asiengeschäfte. Von Montag an sollen rund 80 bis 100 Manager beider Seiten in einem Hotel in Amsterdam über die Integration beraten. Die Unternehmen sind peinlich darauf bedacht, diese Treffen auch intern noch nicht als Teil einer Fusion darzustellen – das ist juristisch heikel, weil sie derzeit noch Wettbewerber sind. Daher sind die Veranstaltungen als „Integration Planning Kick-off Meetings“ deklariert – also erste Treffen zur Planung der Integration.