AKTION & KRITIK
PAN für Pestizid-Abgabe
Die Ackergifte von BAYER & Co. bürden der Gesellschaft große Lasten auf. Darum fordert das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) eine Pestizid-Abgabe. „Die Umwelt-, Kontroll- und Gesundheitskosten, die durch Pestizide verursacht werden, sind weder im Preis der Pestizid-Produkte noch im Preis der Lebensmittel enthalten (…) Mit einer Abgabe könnte man diese Kosten auf die Pestizid-Produkte aufschlagen“, so die PAN-Aktivistin Susan Haffmans. Sie verweist dabei auch auf das Beispiel Dänemark, wo eine solche Regelung den Agrochemie-Verbrauch deutlich reduzieren konnte.
Weniger Kinderarbeit
Jahrelang hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN die Kinderarbeit bei Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO angeprangert. Zunächst leugnete der Konzern seine Verantwortung, erst nach öffentlichkeitswirksamen Protesten kam Bewegung in die Sache. Das Unternehmen bekannte sich zu dem Problem, senkte den Anteil arbeitender Kinder unter 14 Jahren drastisch und installierte das „Child Care Program“, das neben Kontrollen auch noch ein Engagement auf dem Bildungssektor umfasst. Inzwischen hat der Global Player dieses Programm ausgeweitet. Er praktiziert es mittlerweile auch im indischen Gemüse-Anbau sowie auf den Reisfelder in Bangladesh und auf den Philippinen. Ein schöner Erfolg der CBG und ihrer MitstreiterInnen!
Kaum Frauen in Führungspositionen
Im BAYER-Vorstand sitzen keine Frauen. In der ersten Führungsebene unterhalb des Vorstands beträgt ihr Anteil fünf Prozent, in der zweiten neun Prozent. Und im Aufsichtsrat liegt die Quote bei 20 Prozent.
BETAFERON-Stellungnahme
Das „Multiple Sklerose“-Präparat BETAFERON gehört zu den umsatzträchtigsten BAYER-Medikamenten, obwohl Studien dem Mittel größere Nebenwirkungen als Wirkungen bescheinigen. Während es bei nur 16 Prozent der frisch Erkrankten imstande ist, einen zweiten Schub zu verhindern, und bei einer schon chronifizierten, aber immer noch schubförmig verlaufenden MS bloß in vierzehn Prozent der Fälle anschlägt, produziert es unzählige unerwünschte Arznei-Effekte. Dazu gehören unter anderem Nierenleiden, Muskelschmerzen und Depressionen. Dies alles schadet dem Absatz jedoch nicht, weil der Leverkusener Multi beste Beziehungen zu Fachkreisen und Selbsthilfegruppen unterhält. Darum forderten die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und die INITIATIVE SELBSTHILFE MULTIPLE SKLEROSE KRANKER den Pharma-Riesen auf, all diese Kontakte offenzulegen und auch etwaige finanzielle Zuwendungen zu dokumentieren.
BfArM für kleinere ASPIRIN-Packungen
Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BfArM) warnt davor, die Risiken von ASPIRIN und anderen Schmerzmitteln zu unterschätzen. Der Gebrauch der Medikamente könne „zu Magenbluten mit unter Umständen tödlichem Ausgang, Leber- und Nierenschäden sowie allergenen Reaktionen führen“, so BfArM-Präsident Walter Schwerdtfeger. Bei dem ASPIRIN-Wirkstoff Acetylsalicylsäure bestehe das Risiko „selbst bei den niedrigen Dosierungen, die zur Prävention von Schlaganfall und Herzinfarkt dienen sollen“, konstatiert Schwerdtfeger. Darum verlangt das Bundesinstitut seit langem eine Reduzierung der Mengen, die noch ohne Rezept erhältlich sind. Im Jahr 2012 hatte der „Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht“ eine solche Forderung nach einer Beschränkung der Packungsgrößen abgelehnt, und auch heuer stehen die Chancen für ein neues Regelwerk nicht besser. Gegenüber NOVARTIS wollte das BfArM im Frühjahr 2015 kleinere VOLTAREN-Schachteln gerichtlich durchsetzen, das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage allerdings ab.
DBU warnt vor BAYTRIL & Co.
Der massenhafte Einsatz von Antibiotika wie BAYERs BAYTRIL in der Massentierhaltung führt zur massenhaften Entwicklung resistenter Krankheitserreger. Gelangen diese in den menschlichen Organismus, so können MedizinerInnen oftmals nichts mehr gegen die Keime ausrichten, was eine massive Gesundheitsgefahr darstellt. Die DEUTSCHE BUNDESSTIFTUNG UMWELT fordert deshalb politische Schritte zur Einschränkung der Medikamenten-Gaben. Ansonsten bestehe die Gefahr, „dass es zu unkontrollierten Ausbreitungen von resistenten Keimen auch in der Bevölkerung kommt“, so DBU-Generalsekretär Heinrich Bottermann gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Grüne gegen BAYTRIL-Rabatt
An der massenhaften Verbreitung von BAYTRIL und anderen Antibiotika in den Ställen haben die VeterinärInnen keinen geringen Anteil. Sie sind nämlich Arzt und Apotheker in Personalunion und verdienen an den von ihnen ausgegebenen Medikamenten. Zudem haben sich unter den Tier-MedizinerInnen oligopol-artige Strukturen herausgebildet. So bedienen die zehn größten Praxen die Geflügel- und Kälbermastbetriebe fast im Alleingang: Ihr Marktanteil beträgt 90 Prozent. Und sie können BAYTRIL & Co. zu Konditionen veräußern, zu denen es manche TierärztInnen nicht einmal im Einkauf bekommen, weil die Pharma-Riesen ihnen Mengen-Rabatte gewähren (siehe auch Ticker 2/15). Darum haben die Grünen in den „Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft“ den Antrag eingebracht, das Einräumen solcher Sonderkonditionen zu verbieten und einheitliche Abgabe-Preise einzuführen. Das lehnten CDU und SPD jedoch ab (siehe auch TIERE & ARZNEIEN).
Arznei-Studien: ein bisschen Transparenz
Im letzten Jahr hat die EU BAYER & Co. auferlegt, ihre Arznei-Studien zu veröffentlichen. Allerdings brauchen sie nicht die Original-Untersuchungen zu präsentieren, sondern können die Daten aufbereiten. Den Persilschein für diese „Transparenz light“ liefert der Verweis auf Geschäftsgeheimnisse, mit dem der Leverkusener Multi auch die Einsichtnahme in seinen mit der Universität Köln geschlossenen Kooperationsvertrag verweigert (Ticker berichtete mehrfach). Das Europäische Parlament hatte bei seiner Entscheidung zwar deutlich gemacht, dass Unterlagen aus Klinischen Prüfungen an sich nicht unter dieses Rubrum fallen, aber die sehr industrie-freundliche Arznei-Behörde EMA respektiert bei der konkreten Ausgestaltung der Studien-Datenbank den Wunsch der Pharma-Riesen nach Diskretion. Das stößt auf scharfe Kritik. „Weder die Ergebnisse noch die Methoden klinischer Studien sind Geschäftsgeheimnisse. Partikular-Interessen müssen sich dem öffentlichen Interesse an einer zügigen und vollständigen Veröffentlichung solcher Daten und Dokumente unterordnen“, hält etwa das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) fest. Aber ob die öffentliche Empörung die Auskunftsfreudigkeit von Big Pharma zu steigern vermag, bleibt zweifelhaft, zumal die Unternehmen zusätzlich noch auf die gerade in Planung befindliche EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen hoffen dürfen, die auch Regelungen zu Studien mit Medikamenten, Chemikalien und Pestiziden umfasst.
KAPITAL & ARBEIT
Tarifrunde 2014: nur 2,8 Prozent mehr
Die diesjährigen Tarif-Verhandlungen in der Chemie-Branche verliefen in einer weit weniger sozialpartnerschaftlichen Atmosphäre als frühere. „Selten war eine Tarifrunde in der chemischen Industrie derart aufgeheizt wie in diesem Jahr“, resümierte die Rheinische Post. Grund war das niedrige Angebot des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC) von 1,6 Prozent mehr Entgelt bei einer Vertragslaufzeit von 15 Monaten. Wegen des herausfordernden wirtschaftlichen und geopolitischen Umfelds im Allgemeinen und der Lage der ertragsschwächeren kleineren Betriebe im Besonderen könne er leider nicht mehr bieten, führte der BAVC zur Begründung an. Der Vorschlag erboste die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE). „Als ich das gehört habe, ist mir die Kinnlade heruntergerutscht“, berichtete der Tarif-Vorstand der IG BCE, Peter Hausmann. Dementsprechend schwierig gestalteten sich die Gespräche, in deren Verlauf es auch zu Warnstreiks und anderen Aktionen kam. So protestierten BAYER-Beschäftigte in Berlin und Weimar vor der Konzern-Niederlassung für eine gerechtere Bezahlung. Die IG BCE zögerte am Schluss nicht einmal, offen mit einem Arbeitskampf zu drohen. Das hatte sie zuletzt vor zehn Jahren getan, und der letzte Streik liegt sogar schon 34 Jahre zurück. Letztendlich scheute die Gewerkschaft die Konfrontration dann aber doch und gab klein bei. Während die Chemie-WerkerInnen in der letzten Tarifrunde noch 3,7 Prozent mehr Entgelt erhalten hatten, akzeptierte die IG BCE dieses Mal eine Erhöhung von nur 2,8 Prozent – und das auch noch bei einer Laufzeit von 17 Monaten.
Immer weniger Beschäftigte
Im Jahr 1996 hatte BAYER 142.200 Beschäftigte. 2014 waren es gerade mal noch 119.000. Und in nächster Zeit wird diese Zahl durch den Verkauf der Kunststoff-Sparte noch einmal beträchtlich sinken. Dabei könnte sie den absoluten Tiefpunkt von 2004 erreichen, wo bloß 91.700 Menschen beim Leverkusener Multi arbeiteten.
BAYER macht depressiv
Nach einer Untersuchung der „Techniker Krankenkasse“ treten Depressionen in Leverkusen leicht häufiger auf als im NRW-Landesdurchschnitt. Während die Kasse die hohe Arbeitslosen-Quote und die große Anzahl von BerufspendlerInnen in der Stadt als mögliche Gründe anführt, lenkt der Psychologe Martin Gadatsch den Blick auf BAYER. „Es kann auch ein strukturelles Problem hinter der Häufung von depressiven Erkrankungen in Leverkusen stecken. In Leverkusen arbeiten besonders viele Leute bei BAYER. Früher war BAYER für diese Menschen eine große Familie. Mit steigendem Wirtschaftsdruck wächst der Stress aber auch für die Mitarbeiter“, so Gadatsch. Er dürfte dabei aus Erfahrung sprechen, denn er arbeitet in der nahe Leverkusen gelegenen Klinik Roderbirken, die unter anderem auf Psycho-Kardiologie spezialisiert ist, sich also den Auswirkungen seelischer Belastungen auf das Herz widmet.
Immer weniger Tarifverträge
Weltweit hat der Leverkusener Multi nur mit knapp der Hälfte seiner Beschäftigten Tarifverträge abgeschlossen, und 2014 haben sich die Zahlen noch einmal verschlechtert. Der Anteil der Belegschaften, mit denen der Konzern eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen hat, sank von 54 auf 52 Prozent. In Europa bestehen solche Regelungen mit 87 Prozent der BAYER-WerkerInnen, in Lateinamerika beträgt die Quote 45 Prozent und Schlusslicht bleiben die Vereinigten Staaten mit bloß fünf Prozent.
Ein bisschen Mitsprache
Eine formelle Mitbestimmung mit einem Aufsichtsrat, in dem Beschäftigten-VertreterInnen Stimmen haben, existiert nur in der Bundesrepublik. Im restlichen Europa gibt es in den BAYER-Werken immerhin noch Betriebsräte. Dies ist im Rest der Welt dann auch nicht mehr der Fall. Das höchste der Gefühle stellen da laut BAYER-Geschäftsbericht „gewählte Mitarbeiter-Vertreter“ dar, die „bei bestimmten personal-bezogenen Unternehmensentscheidungen ein Mitsprache-Recht“ haben.
Kein Kunststoff mehr aus Belford Roxo
Wenn BAYER ankündigt, sich von Teilgesellschaften zu trennen, entfalten diese in der Regel mannigfaltige Rationalisierungsaktivitäten, um sich so attraktiver für mögliche Investoren zu machen. Ganz nach diesem Muster handelt auch BAYER MATERIALSCIENCE. Die vom Leverkusener Multi zur Disposition gestellte „Plaste & Elaste“-Sparte hat im Juli 2015 die Kunststoff-Produktion im brasilianischen Belford Roxo gestoppt, wo sie bisher jährlich 55.000 Tonnen Diphenylmethan-Diisocyanat (MDI), 15.000 Tonnen Polyether-Polyolen sowie Lack-Vorprodukte fertigte. 320 Arbeitsplätze vernichtete BMS dadurch, und längst nicht alle Beschäftigten können zu den anderen BAYER-Gesellschaften am Platze wechseln.
Selbstbedienung im Ideen-Pool
Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit betont der Leverkusener Multi die Unverzichtbarkeit des Schutzes des geistigen Eigentums. An den Ideen seiner Belegschaftsangehörigen vergreift der Konzern sich jedoch ganz unverblümt. So erklärt der Pharma-Riese frank und frei, dank der 2014 eingereichten Verbesserungsvorschläge der Beschäftigten bereits im ersten Jahr der Umsetzung über fünf Millionen Euro eingespart zu haben. An Prämien zahlte er indessen nur rund eine Million Euro aus.
E.ON-Vorbild BAYER
Was BAYERs Aufsichtsratschef Werner Wenning in Leverkusen gelernt hat, das praktiziert er auch an anderer Stelle, zum Beispiel bei E.ON, wo er ebenfalls dem obersten Kontrollgremium vorsitzt. KommentatorInnen schreiben ihm eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung des Energie-Multis zu, das Alt-Geschäft mit den Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken von dem Unternehmensteil abzuspalten, der sich dem Vertrieb, den Stromnetzen und der Erneuerbaren Energie widmet. So konstatiert das manager-magazin: „Die Lösung eines Spin-offs trägt die Handschrift des E.ON-Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Wenning. Der frühere BAYER-Chef hat Erfahrung mit derlei Konzepten seit der Abspaltung von LANXESS (die ehemalige Chemie-Sparte des Leverkusener Multis, Anm. SWB).“
KONZERN & VERGANGENHEIT
Der PCB-Produktionsstopp von 1971
Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Sie können das menschliche Hormonsystem, das Nervensystem und das Immunsystem schädigen, die Schilddrüse, Leber und Nieren angreifen und zu Unfruchtbarkeit führen. 1971 entschlossen sich MONSANTO und BAYER dazu, die Produktion der Chemikalie zu stoppen, die bis dahin vor allem in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz kam. Die treibende Kraft dabei war der US-Konzern. Er drängte auf den PCB-Ausstieg, „um nicht von einer Welle politischer Emotionen über Bord gespült zu werden“, wie es der damalige Europa-Chef Norbert Dahlström ausdrückte. Zu der Zeit waren die Wogen nämlich schon ziemlich hochgegangen. Meldungen über fünf Japaner, die nach der Zubereitung von Reis in PCB-verunreinigtem Öl gestorben waren, über Totgeborene mit deutlichen Symptomen einer PCB-Vergiftung, 146.000 durch PCB verendete Hühner und Nachrichten über hohe PCB-Rückstände im menschlichen Körper hatten die Öffentlichkeit alarmiert. Trotzdem zögerte der Leverkusener Multi lange, auf den MONSANTO-Vorschlag einzugehen. Fünf Monate lang musste Dahlström nach eigenen Worten „auf BAYER einwirken“, ehe der Pharma-Riese zustimmte. Anfang Oktober 1971 besprachen die beiden Unternehmen dann in Bad Godesberg gemeinsam mit EmissärInnen des Bundesgesundheitsamtes die Details. Dabei forderte die bundesdeutsche Aktien-Gesellschaft dann auch noch Gegenleistungen ein. Sie wollte als Belohnung für ihren Schritt laut Spiegel eine Zusicherung der amtlichen Stellen haben, dass von „eingehenderen Untersuchungen“ der Risiken und Nebenwirkungen von PCB „abgesehen werden“ soll. Zudem produzierte BAYER den Stoff zur Verwendung in vermeintlich sichereren, weil geschlossenen Systemen wie Hydraulik-Ölen und Transformatoren weiter und stellte die Fertigung erst 1983 ganz ein. Schäden richtet der chemisch nur schwer abbaubare Stoff jedoch noch immer an. Darum finden quer durch die Republik aufwendige Sanierungen von Universitäten und Schulen statt – und eine Beteiligung an den Kosten lehnt der Global Player strikt ab.
POLITIK & EINFLUSS
Dekkers will Geld für Antibiotika-Forschung
Die gängigen Antibiotika verlieren immer mehr an Wirkung und können gegen viele Krankheitskeime nichts mehr ausrichten. Die massenhafte Verwendung von Mitteln wie BAYERs BAYTRIL in der Massentierhaltung hat daran einen nicht unerheblichen Anteil (siehe TIERE und ARZNEIEN), denn sie fördert die Herausbildung von antibiotika-resistenten Erregern, die auch in den menschlichen Organismus gelangen können. Der Leverkusener Multi tut jedoch nichts, um sich dem Problem zu stellen. Er forscht auch nicht nach neuen Präparaten. Antibiotika stellen für die Pillen-Riesen nämlich keine große Einnahme-Quelle dar, weil die MedizinerInnen sie nur über einen kurzen Zeitraum hinweg verordnen. „Wir müssen Geld verdienen mit unseren Produkten. Das führt dazu, dass nicht alle Medikamente entwickelt werden, die wir brauchen“, erläuterte Konzern-Chef Marijn Dekkers im Spiegel den Sachverhalt. Daraus zieht er die Konsequenz, staatliche Subventionen einzufordern: „Die Regierungen sollten die Pharma-Industrie wie in der Militär-Industrie Auftragsforschung machen lassen.“
Klimaschutz: Dekkers mauert
Im Herbst 2014 hat die EU ihre Klimaschutz-Ziele festgelegt und eine Senkung der Kohlendioxid-Emissionen von 40 Prozent bis zum Jahr 2030 beschlossen. Der Leverkusener Multi, der im letzten Jahr 8,72 Millionen Tonnen des Gases ausgestoßen hat, hält das für unerreichbar. „Wir akzeptieren diese politische Vorgabe. Und wir wollen unseren Beitrag dazu leisten. Gleichwohl sehen wir derzeit aber weder eine technische noch eine wirtschaftliche Lösung, wie die deutsche chemische Industrie dieses hochgesteckte Ziel erreichen könnte“, sagte der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers in seiner Funktion als Präsident des „Verbandes der Chemischen Industrie“ (VCI). Er plädierte deshalb dafür, die Bereiche „Verkehr“ und „Wohnen“ zur Entlastung von BAYER & Co. mehr in die CO2-Reduktionspläne einzubeziehen. Ansonsten müsste die Chemie-Industrie leider die Produktion drosseln, um den Anforderungen gerecht zu werden, drohte der Holländer. Einen zweiten Lösungsansatz sah er in einem internationalen Klima-Abkommen, wohl wissend, dass die Chancen für eine derartige Übereinkunft zurzeit gen Null tendieren: „Nur wenn es gelingt, auch international alle wichtigen Emittenten einzubeziehen, laufen die Belastungen nicht gegen die Wettbewerbsfähigkeit Europas.“
Kaum weniger EEG-Rabatte
BAYER & Co. klagen routinemäßig über die hohen Strom-Kosten, die ihnen das „Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ (EEG) durch die Förderung von Windkraft & Co. angeblich beschert. Dabei gewährt das Paragraphen-Werk energie-intensiven Betrieben großzügige Rabatte, für welche dann die Privathaushalte aufzukommen haben. Für diese stieg die Strom-Rechnung seit 2008 um 38 Prozent, während diejenige der Konzerne in der Zeit sogar um ein Prozent niedriger ausfiel. Die ungleiche Lasten-Verteilung brachte das ganze EEG in Verruf, weshalb schon Schwarz-Gelb eine „Reform“ begonnen hatte, welche die Große Koalition unter der Ägide von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) dann abschloss. Der Vize-Kanzler drosselte den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Gleichzeitig schaffte er es durch zähe Überzeugungsarbeit in Brüssel, den Konzernen die von der EU eigentlich als unerlaubte Subventionen angesehenen Industrie-Privilegien weiterhin zu sichern. Er erklärte sich lediglich zu etwas mehr Enthaltsamkeit bereit und kündigte an, die Preis-Abschläge um eine Milliarde Euro zu reduzieren. BAYER & Co. wehrten sich jedoch vehement und hatten damit Erfolg. Es gelang ihnen, den Gabriel-Plan zu Fall zu bringen, auf den von den Kraftwerken der Unternehmen selber erzeugten Strom eine Öko-Abgabe zu erheben. Unter anderem deshalb musste sich der Wirtschaftsminister von seinem Milliarden-Ziel verabschieden: 2015 sanken die Subventionen für die Industrie um gerade einmal 300 Millionen Euro auf 4,8 Milliarden Euro. Trotzdem geben sich die Multis nicht zufrieden. So forderte BAYER-Chef Marijn Dekkers in seiner Funktion als Präsident des „Verbandes der Chemischen Industrie“, die Ökostrom-Förderung aus Steuer-Mitteln zu bestreiten: „Mit einer alternativen Finanzierung der Energiewende – zum Beispiel über den Bundeshaushalt – könnten die Förderzusagen des EEG eingehalten werden, ohne den Strompreis in die Höhe zu treiben.“
Klimaschutz-Programm schont BAYER & Co.
Im Jahr 2007 hat die damalige Bundesregierung das Klimaschutz-Ziel ausgegeben, die Kohlendioxid-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent zu senken, mit 1990 als Bezugsgröße. Die parallel dazu eingeleiteten Maßnahmen genügten jedoch nicht, um die Reduktion zu erreichen. Darum hat die Große Koalition Ende 2014 nachgelegt und ein „Aktionsprogramm Klimaschutz“ sowie einen „Aktionsplan Energie-Effizienz“ auf den Weg gebracht, womit sie bis zu 78 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich einsparen will. Der Leverkusener Multi braucht dazu aber kaum einen Beitrag zu leisten, obwohl sein Energie-Verbrauch ebenso wie sein CO2-Ausstoß steigt (siehe WASSER, BODEN & LUFT). „Der Fokus der beschlossenen Maßnahmen liegt auf den Bereichen ‚Gebäude’ und ‚Verkehr’“, atmet der „Verband der Chemischen Energie“ auf, also genau dort, wo er nach Meinung seines derzeitigen Präsidenten, des BAYER-Chefs Marijn Dekkers, auch liegen sollte (s. o.). Dem VCI gefällt zudem, dass die Regierungskoalition seine Signale erhört hat und Sektoren, die bereits dem Emissionshandel unterliegen, keine weiteren Auflagen gemacht hat. Auch das alleinige Setzen auf freiwillige Maßnahmen im Industrie-Bereich begrüßt die Lobby-Organisation. Darüber hinaus ließ Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zur Freude von BAYER & Co. den Plan fallen, eine Sonderabgabe auf ältere Kohlekraftwerke zu erheben – das hätte nämlich ihre Strom-Rechnung erhöhen können. Stattdessen ging der Sozialdemokrat den umgekehrten, von dem Chemiegewerkschaftsboss Michael Vassiliadis ersonnenen und von der rot-grünen NRW-Landesregierung tatkräftig unterstützten Weg: Er zahlt den Energie-Riesen Abwrack-Prämien für das Stilllegen ihrer Dreckschleudern und holt sich das Geld dafür bei den Strom-KundInnen wieder.
Agrar-Subventionen für Bauer BAYER
Die EU bedenkt den Leverkusener Multi seit geraumer Zeit mit Agrar-Subventionen. Brüssel sieht die Pestizid-Versuche, die der Konzern auf seinen Ackerflächen in Monheim und Burscheid unternimmt, nämlich als landwirtschaftliche Aktivitäten an. Allerdings nehmen die Zahlungen ab. Strich der Konzern 2013 noch fast 180.000 Euro ein, so gab es 2014 „nur“ 49.000 Euro.
VFA schreibt Merkel wg. Griechenland
BAYER und die anderen Pharma-Multis haben vor der Krise heftig von der griechischen Misswirtschaft im Gesundheitswesen profitiert, wie der Schriftsteller Petros Markaris 2011 in einem Zeit-Artikel festhielt. „In welchem Ausmaß dabei Geld verschwendet wurde, haben die Griechen erst jetzt begriffen. Der Einkauf von Arzneimitteln und medizinischem Gerät wurde bislang von den Krankenhäusern selbst vorgenommen. Jetzt hat das Gesundheitsministerium den Kauf von Arzneimitteln zentral über das Internet organisiert und gemäß den bisherigen Ausgaben dafür 9.937.480 Euro zur Verfügung gestellt. Nun stellte sich heraus: Die Medikamente kosteten nur 616.505 Euro, also bloß 6,2 Prozent der früheren Summe!“, schrieb er. Jetzt können die Pillen-Riesen in dem Staat nicht mehr so viel Geld einstreichen. Und das hat zu allem Überfluss auch noch Einfluss auf die Einnahmen hierzulande. Für neue Medikamente legen die Krankenkassen und die Hersteller die Preise nämlich fest, indem sie sich daran orientieren, was Pharmazeutika in anderen Staaten so kosten. Und in diesem sogenannten Länderkorb macht Griechenland zur Zeit alles etwas billiger. Darum forderte der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittel-Hersteller“: „Die Preis-Referenzierung auf Griechenland in Deutschland muss ausgesetzt werden. Die dortige Sondersituation darf keine europa-weite Preisspirale nach unten lostreten.“ Der Verband setzte in der Sache sogar einen Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel auf.
Duin bei „Steam Reformer“-Einweihung
Ursprünglich hatte BAYER den Bau der Kohlenmonoxid-Leitung zwischen Dormagen und Krefeld mit dem CO-Überschuss in Dormagen begründet. Davon kann allerdings schon lange nicht mehr die Rede sein. Der Bau einer neuen TDI-Anlage am Standort machte sogar die Errichtung eines Steam Reformers zur Deckung des Mehrbedarfs notwendig. Am 17. April 2015 nahm ihn der Leverkusener Multi feierlich in Betrieb. „Als „elementar für die Chemie in unserem Land“ pries der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) die Investition bei dem Festakt. Er nutzte die Gelegenheit jedoch nicht, um zu fragen, warum BAYER einen solchen Reformer als Alternative zum gefährlichen Transport des Stoffes quer durchs Land nicht auch in Krefeld plant, obwohl der Konzern damit einem von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten zufolge auch noch Geld sparen würde.
PROPAGANDA & MEDIEN
Pestizid-Propaganda
- 1
Pestizide stehen immer stärker in der Kritik. Kaum ein Tag vergeht ohne Meldungen über ihre Risiken und Nebenwirkungen für Mensch, Tier und Umwelt. Der Leverkusener Multi geht deshalb in die Offensive und startet einen „Agrar-Dialog zum Pflanzenschutz“. Seine AußendienstlerInnen verteilen ein Kompendium, das auf Fragen wie „Warum brauchen wir überhaupt Pflanzenschutzmittel?“ oder „Wie sieht es mit den Rückständen in Lebensmitteln aus?“ einfache Antworten gibt. Als AdressatInnen hat der Konzern dabei neben LandwirtInnen „und/oder landwirtschaftlichen Öffentlichkeitsarbeitern“ auch VerbraucherInnen im Sinn. Und das Propaganda-Material steht nicht nur „als gedruckte Ausgabe in Form eines Fächers, eines Heftchens und eines Kartenspiels“ zur Verfügung, sondern auch als App.
Pestizid-Propaganda
- 2
Die zunehmende Kritik an Pestiziden (s. o.) hat auch schon zu Konsequenzen wie der vorläufigen Aussetzung der Genehmigung für die BAYER-Ackergifte GAUCHO und PONCHO wegen ihrer Bienengefährlichkeit geführt. Das bereitet dem Leverkusener Multi Sorge. Darum unternimmt er große Anstrengungen, um der Politik und der Öffentlichkeit zu demonstrieren, dass die Entscheidung der EU zu einer Rückkehr der Plagen führt. So befragte der Konzern 8.000 LandwirtInnen, die einhellig zu Protokoll gaben, welche Probleme ihnen das Fehlen von GAUCHO und PONCHO bereitet. 98 Prozent klagten über zunehmende Schäden durch den Raps-Erdfloh und 74 Prozent über solche durch die Kleine Kohlfliege verursachten.
Pestizid-Propaganda
- 3
Um das schlechte Image von Pestiziden zu verbessern, haben BAYER & Co. die Aktion „Schau ins Feld“ gestartet. Im Rahmen dieser Initiative verschonen die teilnehmenden LandwirtInnen auf einem an öffentliche Wege grenzenden Feld einen Teil ihrer Ackerfrüchte mit den Agro-Chemikalien. „So wird sich bis zur Ernte dem Betrachter ein Bild bieten, das den Fachmann nicht überrascht, wohl aber manchen Spaziergänger oder Radfahrer: Unkräuter überwuchern die Kulturen, Pilzkrankheiten und Schädlinge verursachen sichtbare Schäden und gefährden die Erde“, hofft die Branchen-Organisation „Industrieverband Agrar“.
Pestizid-Propaganda
- 4
Die Risiken und Nebenwirkungen von Pestiziden haben teilweise zu einer strengeren Zulassungspraxis geführt – und in den Augen BAYERs zu einer so strengen, dass sie Zulassungen überhaupt verhindert. So sieht der Leverkusener Multi das Inverkehrbringen neuer Insektizide durch rigidere Auflagen der „Europäischen Behörde für Lebensmittel-Sicherheit“ (EFSA) gefährdet. Diese schreibt den Konzernen unter anderem vor, die Bienengefährlichkeit ihrer Produkte auf einem Versuchsareal mit ausreichenden Abmessungen zu untersuchen. Der Konzern hat hierfür jedoch einen Flächenbedarf von 448 km2 errechnet und sieht sich außerstande, solch ein großes Gebiet aufzutreiben.
Pestizid-Propaganda
- 5
Wegen seiner bienengefährlichen Pestizide PONCHO und GAUCHO steht der Leverkusener Multi bereits seit Langem in der Kritik von BienenzüchterInnen. BAYER hat darauf reagiert und selber einen Imker angeheuert, um den aufgebrachten BienenhalterInnen die Konzern-Version vom Bienensterben möglichst glaubwürdig vermitteln zu können. „Freier Berater für Bienengesundheit“ nennt sich Fred Klockgether. Und er, der sich laut Faz nur „sehr ungern als Lobbyist bezeichnen ließe“, meint selbstverständlich, „dass der Rückgang von Wildbienen mehr durch den Wegfall von Habitaten begründet ist als durch den Pflanzenschutzmittel-Einsatz“ und dass die Varroa-Milbe die Reduzierung der Honigbienen-Populationen verursacht habe. Klockgether zögert nicht einmal, den Agro-Riesen ob seiner Mittel gegen die Milbe als Bienenretter zu bezeichnen.
Elf Milliarden Marketing-Kosten
Seit Jahren wachsen BAYERs Marketing-Kosten. 2014 stiegen sie um rund 700 Millionen Euro auf 11 Milliarden Euro an. Damit machen sie mehr als ein Viertel des Umsatzes aus. Trotz dieses gewaltigen Volumens weigert sich der Konzern auf den Hauptversammlungen beharrlich, die Ausgaben genauer aufzuschlüsseln. Nur zu der Aussage, 40 Prozent des Etats verbrauche die Pharma-Sparte, ließ sich BAYER-Chef Marijn Dekkers 2013 hinreißen. Einen Großteil dieser 40 Prozent wiederum dürfte der Konzern aufwenden, um seinen gefährlichen Gerinnungshemmer XARELTO zu bewerben. Und diese Investition lohnt sich: Trotz vieler kritischer Stimmen aus dem Bereich des Gesundheitswesens setzte der Leverkusener Multi im letzten Jahr mit dem Mittel fast 1,7 Milliarden Euro um.
BAYERs rollendes SchülerInnen-Labor
In Kooperation mit der Berliner Humboldt-Universität betreibt der Leverkusener Multi ein rollendes Labor. Das „Humboldt-BAYER-Mobil“ fährt Schulen in der Bundesrepublik an und arbeitet mehr oder weniger spielerisch den naturwissenschaftlichen Lernplan des Konzerns ab, um bei den 11- bis 15-Jährigen „die Attraktivität des Fachgebietes zu erhöhen“.
TIERE & ARZNEIEN
Tiermast: hohe Antibiotika-Gaben in NRW
Die massenhafte Gabe von Antibiotika wie BAYERs BAYTRIL in der Massentierhaltung befördert die Entwicklung resistenter Krankheitserreger. Gelangen diese dann in den menschlichen Organismus, so können MedizinerInnen oftmals nichts mehr gegen die Keime ausrichten, was eine massive Gesundheitsgefahr darstellt. Deshalb steht diese Praxis bereits seit Jahren in der Kritik. Geändert hat sich bislang allerdings nur wenig. Das zeigt jetzt eine Studie des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums über die Antibiotika-Applikation in der Puten-Aufzucht. 92,8 Prozent der Tiere mussten diese Medikamente während ihrer vier- bis sechsmonatigen Aufzucht schlucken. „Der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Intensiv-Haltung ist weiterhin Alltag“, resümierte NRW-Umweltminister Johannes Remmel bei der Vorstellung der Untersuchung. Am häufigsten wurde in den Ställen auf Benzylpenicillin zurückgegriffen, dann folgten Colistin, Amoxicillin und Enrofloxacin, der Wirkstoff von BAYTRIL. Enrofloxacin gehört zur Gruppe der Fluorchinolone, die auch in der Humanmedizin Verwendung finden – das entsprechende BAYER-Präparat heißt CIPROBAY – und dort sogar den Status von Reserve-Antibiotika haben, weil sie gegen viele Krankheiten wirken. Die Verabreichung von Enrofloxacin in den Ställen schätzt die Untersuchung deshalb als besonders problematisch ein, zumal ihre humanmedizinischen Pendants gegen die ESBL-Keime schon ihre Wirkkraft eingebüßt haben. Deshalb forderte der NRW-Umweltminister Johannes Remmel die Bundesregierung im Frühjahr auf, den Gebrauch von Reserve-Antibiotika, zu denen neben Enrofloxacin auch Colistin gehört, in der Massentierzucht zu verbieten. Und die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen stellte im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft den Antrag, den Einsatz von Fluorochinolen und vergleichbaren Mitteln nur noch in Ausnahmefällen zu gestatten. CDU und SPD lehnten das jedoch ebenso ab wie strengere Auflagen zur Abgabe von Antibiotika an VeterinärInnen (siehe auch AKTION & KRITIK).
Mehr BAYTRIL in den Tierställen
Der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung führt zur Entwicklung resistenter Krankheitserreger. Das stellt auch für die Humanmedizin eine Gefahr dar, denn die Keime, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist, können in den menschlichen Organismus gelangen. Erleichtert vermeldet das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) darum für das Jahr 2014 einen Rückgang der Antibiotika-Gaben in den Ställen. Von 1.452 auf 1.238 Tonnen gingen die verabreichten Mengen zurück. Was das BVL da als Erfolgsmeldung verkauft, ist allerdings nur auf den ersten Blick eine. Da die Präparate nämlich immer effektiver wirken, sagen die nackten Zahlen nur wenig aus: Während eine Tonne des Alt-Antibiotikums Tetracyclin gerade einmal für 39.000 Mastschweine langt, vermögen die LandwirtInnen mit einer Tonne von BAYERs BAYTRIL 2,2 Millionen Tiere zu versorgen. Und das Leverkusener Produkt mit dem Wirkstoff Enrofloxacin, der zur Substanz-Klasse der Fluorchinolone gehört, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. „Die Abgabe von Fluorchinolonen hat auf hohem Niveau weiter leicht zugenommen und zeigt gegenüber dem ersten Erfassungsjahr 2011 eine Steigerung von nunmehr 50 Prozent“, konstatiert das Bundesamt. Um 200 Kilogramm auf 12,3 Tonnen wuchs der Verbrauch. Das ist alarmierend, denn Fluorchinolone finden auch in der Humanmedizin Verwendung – das entsprechende BAYER-Präparat heißt CIPROBAY – und haben dort sogar den Status von Reserve-Antibiotika, weil sie gegen viele Krankheiten wirken. Darum erklärten die ÄRZTE GEGEN MASSENTIERHALTUNG: „Wir fordern das sofortige Verbot des Einsatzes dieser Antibiotika-Klassen in der Tierhaltung“. Zudem appellierten sie an die Politik, nach dem Vorbild der Niederlande das verbindliche Reduktionsziel „50 Prozent weniger Antibiotika in den Mast-Anlagen binnen dreier Jahre“ vorzugeben.
Erweitertes Anwende-Spektrum für BAYTRIL
BAYERs Veterinär-Antibiotikum BAYTRIL kann bald noch mehr Schaden anrichten (s. o.) In den USA erhielt der Leverkusener Multi für BAYTRIL 100 die Zulassung, das ein erweitertes Anwendungsspektrum hat und nun bei Schweinen auch zum Einsatz kommen kann, wenn die Tiere vom E.coli-Bakterium befallen sind. Zudem dürfen die TierärztInnen das Präparat jetzt auch intra-muskulär spritzen. Als eine gute Nachricht für Schweine-ProduzentInnen, VeterinärInnen und alle, denen eine Versorgung mit gesunden Nahrungsmitteln am Herzen liegt, feierte der Leverkusener Multi die Entscheidung der US-Gesundheitsbehörde FDA.
TIERE & VERSUCHE
144.471 Tierversuche
Im Geschäftsjahr 2014 hat BAYER 144.471 Tierversuche durchgeführt, 95,8 Prozent davon mit Ratten und Mäusen. Die Zahl ist nur bedingt mit derjenigen von 2013 vergleichbar, wo es 142.084 Experimente am „Tiermodell“ gab. Die EU hat nämlich die Dokumentationsvorschriften geändert; gemäß der Richtlinie 2010/63 müssen die Unternehmen jetzt nicht mehr die Tiere selber, sondern ihre Einsätze zählen. „Ob der Anstieg um 1,7 Prozent alleine durch die neue Zählweise oder von unseren Projekten im letzten Jahr abhängig war, kann nicht eindeutig identifiziert werden“, erklärt der Konzern deshalb.
DRUGS & PILLS
Immer mehr XARELTO
BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO mit dem Wirkstoff Rivaroxaban hat gefährliche Nebenwirkungen. Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ erhielt allein 2014 161 Benachrichtigungen über Todesfälle im Zusammenhang mit dem Mittel; insgesamt erfolgten rund 2.000 Meldungen wegen unerwünschter Pharma-Effekte. Trotzdem will der Leverkusener Multi das Anwendungsspektrum des bisher unter anderem zur Behandlung von Thrombosen, Embolien und von Vorhofflimmern zugelassenen Präparates weiter vergrößern. Für sieben neue Indikationen wie z. B. zur Therapie von PatientInnen mit chronischem Herz-Versagen testet der Konzern die Arznei derzeit.
Kein Handlungsbedarf bei XARELTO
Jetzt musste sich sogar die Bundesregierung mit BAYERs umstrittenem Gerinnungshemmer XARELTO beschäftigen. Die Partei „Die Linke“ wollte in einer Kleinen Anfrage wissen, welche Konsequenzen die Große Koalition aus den zahlreichen Berichten über die Risiken und Nebenwirkungen der Arznei zu ziehen gedenkt. Die Antwort fiel ernüchternd aus. Es bestehe „kein neuer Handlungsbedarf“, verlautete aus den Reihen der Großen Koalition. Merkel & Co sprachen von einer derzeit positiven Nutzen/Risiko-Relation“ und ließen sich von dieser Meinung noch nicht einmal durch die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ (AkdÄ) abbringen, die vor dem massenhaften Verschreiben von „Neuen Oralen Anti-Koagulantien“ (NOAKs) wie XARELTO gewarnt hatte. Und an der Tatsache, dass es zu dem BAYER-Präparat im Gegensatz zur Standard-Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten wie MARCUMAR kein Gegenmittel gibt, um Blutungen zu stoppen, nimmt die Merkel-Regierung ebenfalls keinen Anstoß. Sie hält ein solches Antidot nicht für nötig, weil sich XARELTO im Organismus angeblich relativ schnell abbaue.
NOCTAMID: hohes Sucht-Potenzial
BAYERs Schlafmittel NOCTAMID mit dem Wirkstoff Lormetazepam gehört zu den Benzodiazepinen. Eine Studie der Universität Bochum unter Federführung von Dr. Knut Hoffmann bescheinigt dieser Substanz-Klasse ein hohes Sucht-Potenzial. Von 128.000 bis 1,6 Millionen Abhängigen allein in der Bundesrepublik spricht die Untersuchung. Gemäß Zulassung sollte die Anwendung benzodiazepin-haltiger Mittel zwar auf zwei bis vier Wochen beschränkt bleiben, das entspricht jedoch nicht der Praxis. Viele Menschen bekommen die Präparate doch länger verordnet oder sie besorgen sich die Mittel auf eigene Kosten über ein Privat-Rezept. Hoffmann und seine MitarbeiterInnen zitieren eine Arbeit von Dr. Rüdiger Holzbach, wonach 2,8 Prozent der PatientInnen ein sehr problematisches Einnahme-Verhalten zeigen und 17,5 Prozent ein problematisches. Bei älteren Menschen liegt diese Quote sogar bei über 20 Prozent. Die Ergebnisse der Studie alarmieren deshalb besonders, weil hierzulande jährlich rund zwei Millionen Packungen von NOCTAMID & Co. über die Ladentheken der Apotheken gehen. Hoffmann und seinem Team bleibt da nur, einmal mehr zu warnen: „Trotz initial guter Wirksamkeit sollte die Indikation streng und zeitlich befristet sein. Wenn ein kurzer Therapie-Zeitraum nicht möglich ist, sollte der Patient frühzeitig zu einem Facharzt überwiesen und gegebenenfalls das Suchthilfe-System kontaktiert werden.“
Ökotest: SUPRADYN ungenügend
Multivitamin-Präparate wie BAYERs SUPRADYN ENERGY helfen nicht nur nicht, sie können der Gesundheit sogar schaden. So erhöhen SUPRADYN & Co. das Sterblichkeitsrisiko von älteren Frauen um 2,4 Prozent, wie eine im Fachmagazin Archives of Internal Medicine veröffentlichte Studie herausgefunden hat. „Bestenfalls nutzlos“ überschrieb das Magazin Ökotest deshalb seinen Prüfbericht. „Kein Produkt ist eine Empfehlung wert“, resümierte die Zeitschrift und vergab als Bestnote ein „befriedigend“. Das vom Leverkusener Multi hergestellte SUPRADYN bekam diese nicht, sondern nur ein „ungenügend“. Die Brausetabletten enthielten nämlich deutlich mehr Anteile von Vitamin A, Niacin, Zink und anderen Inhaltsstoffen, als das „Bundesinstitut für Risikobewertung“ (BfR) in seinen Höchstmengen-Empfehlungen für noch angemessen erachtet. „Den Vogel schießen die SUPRADYN ENERGY Brausetabletten mit Orangen-Geschmack mit zwölf Überschreitungen ab“, hält die Publikation fest. Damit nicht genug, tummeln sich in SUPRADYN auch noch Spurenelemente wie Eisen, Kupfer und Mangan, die nach Ansicht des BfR in Nahrungsergänzungsmitteln nichts zu suchen haben sollten.
Ökotest: BEPANTHOL ungenügend
Die Zeitschrift Ökotest stellte in ihrem Ratgeber „Kosmetik und Wellness“ Lippenpflege-Stifte mit UV-Schutz auf den Prüfstand. BAYERs BEPANTHOL LIPSTICK SPF 30 schnitt dabei schlecht ab und bekam die Note „ungenügend“. Er enthielt nämlich Lichtschutz-Filter, die hormon-ähnlich wirken und deshalb die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen sowie Diabetes und Herz/Kreislauf-Erkrankungen befördern können. Und zu allem Übel befanden sich mit Ethylhexyl Methooxycinnamate und Benzophenone-3 auch noch solche Stoffe in dem Produkt, die als besonders gesundheitsgefährdend gelten.
ASPIRIN: schneller und gefährlicher?
BAYERs „Tausendsassa“ ASPIRIN ist in Apotheken rezeptfrei erhältlich, aber dennoch alles andere als harmlos (siehe auch AKTION & KRITIK). Der Hamburger Mediziner Dr. Friedrich Hagenmüller von der Hamburger Asklepios-Klinik etwa schätzt die Zahl der Todesopfer durch die Nebenwirkung „Magenbluten“ allein in der Bundesrepublik auf jährlich 1.000 bis 5.000. Im letzten Jahr hat der Leverkusener Multi nun eine ASPIRIN-Formulierung auf den Markt gebracht, die schneller wirkt. „Mikronisierung“ lautet das Zauberwort: Der Pharma-Riese hat die Partikel-Größe des Wirkstoffes Acetylsalicylsäure um 90 Prozent verkleinert, weshalb ihn der Organismus flinker aufnehmen kann. Das birgt allerdings auch die Gefahr neuer Gesundheitsschädigungen. „Durch die Mikronisierung erzielt die neue ASPIRIN-Tablette eine dreimal so hohe Wirkstoff-Konzentration im Blut des Menschen als die bisherige. Die Wirkung dieses Effektes hätte man unbedingt in einer gesonderten Sicherheitsuntersuchung überprüfen müssen“, kritisiert Fritz Sörgel, der Leiter des Nürnberger „Institutes für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung“.
ASPIRIN: Weniger Infarkte, mehr Blutungen
Eine Langzeit-Untersuchung hat überprüft, ob niedrig dosiertes ASPIRIN vorbeugend gegen Herz-Infarkte und Krebs-Arten wirkt, die den Verdauungstrakt befallen. Die über 15 Jahre gehende Studie mit rund 28.000 Frauen hat zwar einen prophylaktischen Effekt festgestellt, aber bei den ProbandInnen als Begleiterscheinung auch häufig Blutungen registrieren müssen. Darum schätzten die WissenschaftlerInnen das Nutzen/Risiko-Verhältnis negativ ein und rieten von einer dauerhaften ASPIRIN-Einnahme ab.
Kontrazeptiva verursachen Hirntumore
Die Einnahme von Verhütungsmitteln steigert die Wahrscheinlichkeit, an einem Gehirntumor zu erkranken. Das ergab eine Studie der Universitätsklinik von Odense, welche David Gaist und seine MitarbeiterInnen durchgeführt haben. Das Risiko, eine solche Krankheit zu erleiden, liegt bei Frauen, welche Kontrazeptiva einnehmen, um das Anderthalb- bis Vierfache höher als bei denjenigen, welche auf die Mittel verzichten. Der Gefährdungsgrad hängt dabei davon ab, welche Hormone in den Pillen wirken und über welchen Zeitraum hinweg die Präparate genutzt wurden. Die größte Gefahr geht von Gestagenen aus, zu denen BAYERs umstrittener YASMIN-Wirkstoff Drospirenon gehört (Ticker berichtete mehrfach) und die allergrößte dabei von dem Gestagen Progesteron, das der Leverkusener Multi bei seiner Verhütungsspirale MIRENA einsetzt.
Neue Gesundheitsapps
Der Leverkusener Multi will in den lukrativen Markt mit Gesundheitsapps einsteigen. Auf seiner Internet-Plattform „Grants4Targets“ hat der Global Player deshalb Startup-Unternehmen angeworben, um für ihn spezielle Anwendungen zu programmieren. So hat PHARMAASSISTANT eine App entwickelt, die mit einer Pillen-Dose verbunden ist und die PatientInnen an die Medikamenten-Einnahme erinnert. QOMPIUM entwickelte eine Software, welche die Herz-Frequenz misst und bei Auffälligkeiten anschlägt, während CORTRIUM einen Sensor ersonnen hat, der Funktionen eines EKGs übernehmen kann. Außerdem noch im Angebot: Ein Gerät, das aus der Atemluft Daten über den Kalorien-Verbrauch gewinnt, und eine Apparatur, die für Apotheken gläserne PatientInnen schafft bzw. „die Apotheker mit Patienten-Informationen unterstützt“, wie die Berliner Morgenpost es ausdrückte.
PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE
Chlorpyrifos auf dem Prüfstand
Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA hat die von dem Pestizid-Wirkstoff Chlorpyrifos – enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER – ausgehenden Gesundheitsgefahren neu untersucht. Dabei stellte sie ein erhöhtes Gefährdungspotenzial für LandarbeiterInnen fest, die mit dem Stoff umgehen. Wenn LandwirtInnen das Ackergift in großen Mengen nutzen, besteht zudem das Risiko einer Wasser-Verunreinigung, warnen die ExpertInnen. Darum prüft die Behörde derzeit, ob die Auflagen für den Gebrauch der Agro-Chemikalie noch ausreichen. Die EPA hat in der Vergangenheit bereits mehrmals strengere Regularien erlassen. Bereits im Jahr 2000 verbot sie die Verwendung von Chlorpyrifos in Haus und Garten. Zwei Jahre später untersagte die Environmental Protection Agency das Ausbringen auf Tomaten-Kulturen und schränkte den Einsatz auf Apfel-, Zitrus- und Nussplantagen ein. Und im Jahr 2012 schließlich machte sie die Einrichtung von Pufferzonen rund um Flächen zur Pflicht, die mit Chlorpyrifos traktiert wurden, und erließ Regeln für einen sparsameren Umgang mit BLATTANEX & Co.
Genehmigung für DIFLEXX
Die US-Behörden haben BAYERs neuem Herbizid DIFLEXX eine Zulassung erteilt. Als Wirkstoff enthält das Mittel Dicamba. Nach einer Studie des US-amerikanischen „National Cancer Institutes“ kann es Lymph-Krebs auslösen. FarmerInnen, die der Substanz ausgesetzt waren, trugen der Untersuchung zufolge ein doppelt so hohes Risiko, an dem Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken wie ProbandInnen der Vergleichsgruppe. Zusätzlich kommt in DIFLEXX noch ein „CSI Safener“ zum Einsatz, eine Substanz, welche die negativen Effekte des Pestizids auf die damit bespritzten Pflanzen abmildern soll.
Baumärkte ohne Glyphosat
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosat, der hauptsächlich in Kombination mit MONSANTOs Gen-Pflanzen zum Einsatz kommt, aber auch in BAYER-Mitteln wie GLYFOS, PERMACLEAN, USTINEX G, KEEPER und SUPER STRENGTH GLYPHOSATE enthalten ist, gilt als gesundheitsgefährdend. So hat eine Krebsforschungseinrichtung der Weltgesundheitsorganisation die Substanz im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Zur Zeit berät die Europäische Union über eine Verlängerung der Zulassung für die Agro-Chemikalie. Einige Verkaufsstellen wie die TOOM-Baumärkte und die schweizer Supermarktketten COOP und MIGROS wollten die EU-Entscheidung indes nicht mehr abwarten: Sie entfernten glyphosat-haltige Mittel vorsorglich aus ihren Regalen.
Glyphosat in der Muttermilch
Eine von den Grünen in Auftrag gegebene Untersuchung der Toxikologin Irene Witte hat Spuren des umstrittenen Pestizids Glyphosat (s. o.) in der Muttermilch nachgewiesen. Die Rückstände lagen dabei über den zulässigen Grenzwerten für Trinkwasser. Angesichts des besorgniserregenden Studien-Ergebnisses forderte der Grünen-Obmann für Ernährung und Landwirtschaft, Harald Ebner: „Jetzt muss wirklich Schluss sein mit der Glyphosat-Verharmlosung.“ Die Partei drängte die Bundesregierung, das Mittel solange aus dem Verkehr zu ziehen, bis Klarheit über seine möglicherweise krebserregende Wirkung besteht. Die „Arbeitsgemeinschaft Glyphosat“, der BAYER nicht angehört, bezeichnete den Vergleich mit den Trinkwasser-Höchstgrenzen indes als irreführend und wiegelte ab: „Muttermilch ist ein sensibles und wichtiges Nahrungsmittel. Aber die darin festgestellten Mengen an Glyphosat sollten nicht zu falschen Schlüssen führen. Nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen geben sie keinen Anlass zur Sorge.“
Hormonell wirksame Haushaltsgifte
Viele Biozide, also für den Haus- und Gartenbereich bestimmte Pestizide, enthalten Wirkstoffe, die in ihrem chemischen Aufbau Hormonen ähneln. Vom menschlichen Körper aufgenommen, können diese Fehlsteuerungen im Organismus auslösen und zu Schädigungen des Nervensystems, Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Diabetes sowie Herz- und Lebererkrankungen führen. Auch in BAYER-Produkten finden sich solche Substanzen. So tummelt sich in BAYER GARTEN UNGEZIEFER & AMEISEN SPEZIAL SPRAY Deltamethrin, in BAYER GARTEN FLIEGENSPRAY Tetramethrin und in BAYER GARTEN SCHÄDLINGSFREI das obendrein bienenschädliche Thiacloprid. Eigentlich verbietet es das EU-Recht, solche Stoffe in den Handel zu bringen, aber in Brüssel herrscht noch Uneinigkeit darüber, welche Chemikalien wirklich unter das Hormon-Verdikt fallen. „Während die EU-Kommission infolge des massiven Lobby-Drucks durch die Industrie die notwendige Festsetzung solcher Kriterien weiter verzögert, erhalten immer mehr Biozide, die im Verdacht stehen, hormonell wirksam zu sein, eine Genehmigung“, kritisiert deshalb das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN). Und Schweden hat wegen der Hinhalte-Politik bereits eine Klage gegen die Europäische Kommission angestrengt.
PFLANZEN & SAATEN
Neue Zuckerrübe ab 2018
BAYER hat zusammen mit KWS eine Zuckerrüben-Art entwickelt, deren Erbgut eine natürliche und durch Züchtung verstärkte Enzym-Veränderung aufweist. Auf diese Weise übersteht die Labor-Frucht eine Behandlung mit solchen Anti-Unkrautmitteln, welche die Acetolactat-Synthese stören, unbeschadet. Allerdings überstehen auch immer mehr Wildpflanzen die Behandlung mit diesen so genannten ALS-Hemmern unbeschadet. Deshalb könnte die neue Rübe, wenn sie wie geplant 2018 gemeinsam mit dem auf die Pflanze abgestimmten Herbizid CONVISO auf den Markt kommt, schon bald ziemlich alt aussehen.
EPA: Brokkoli-Patent rechtens
Nicht nur auf gen-manipulierte Ackerfrüchte, sondern auch auf mittels konventioneller Verfahren gezüchtete Sorten erheben die Konzerne Patentansprüche. So hält der Leverkusener Multi unter anderem Schutzrechte auf eine herbizid-resistente Mais-Art, auf Pflanzen mit einer erhöhten Stress-Resistenz und auf ein Verfahren zur Erhöhung des Zucker-Gehaltes von Zuckerrohr. Ursprünglich hatte das Straßburger Patent-Übereinkommen von 1963 genauso wie das 1977 beschlossene Europäische Patent-Übereinkommen Eigentumsansprüche auf „im Wesentlichen biologische Verfahren“ ausgeschlossen. Aber die Agro-Lobby erreichte Aufweichungen, um die sich allerdings heftige Kontroversen entzündeten. Mediale Aufmerksamkeit erlangte dabei vor allem die Auseinandersetzung um das Brokkoli-Patent, welches das Europäische Patentamt (EPA) erteilte. Dieses fochten gleich zwei Firmen an. Im März 2015 verhandelte die Große Beschwerdekammer der EPA darüber – und wies den Einspruch ab. Schutzrechte auf im Wesentlichen biologische Verfahren gestatte das Europäische Patent-Übereinkommen zwar nicht, das schlösse jedoch die Gewährung von Patenten auf Pflanzen, die durch solche Techniken entständen, nicht aus, sagte EPA-Sprecher Rainer Osterwalder zur Begründung. „Das ist nirgendwo vorgesehen im Patentrecht“, so Osterwalder. Die Entscheidung löste große Empörung aus. „Die EPA hat den Weg für Konzerne wie MONSANTO und SYNGENTA geebnet, die Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung zu übernehmen. Wir fordern die europäischen Regierungen auf, jetzt politisch Druck auf das Europäische Patentamt auszuüben, um diese Praxis sofort zu stoppen“, sagte etwa Christoph Then vom Bündnis KEINE PATENTE AUF SAATGUT!.
BAYER kauft SEEDWORKS
Den Pestizid-Markt haben die Agro-Multis BAYER, MONSANTO & Co. schon mehr oder weniger unter sich aufgeteilt. Wachsen können die „Big Six“ nur noch mittels milliarden-schwerer Übernahmen (siehe auch ÖKONOMIE & PROFIT). Auf dem Saatgut-Markt sieht es ähnlich aus. Dort bieten sich jedoch in Asien und Südamerika noch Kauf-Gelegenheiten, die BAYER auch emsig nutzt. So erwarb der Konzern Anfang Juni 2015 das indische Saatgut-Unternehmen SEEDWORKS, das hybride, also nicht zur Wiederaussaat bestimmte Tomaten-, Chili-, Kürbis- und Okra-Saaten im Angebot hat. In Südamerika hatte der Global Player zuvor bereits die Saatgut-Firmen GRANAR, WEHRTEC, SEMILLAS und SOYTECH übernommen und Pflanzenzucht-Technologie von AGROPASTORIL MELHORAMENTO und CVR erworben.
WASSER, BODEN & LUFT
Höherer Kohlendioxid-Ausstoß
Der Strom-Verbrauch BAYERs stieg 2014 gegenüber dem Vorjahr um 5,5 Prozent auf 85.317 Terajoule, was rund 23,7 Millionen Megawatt-Stunden entspricht. Der Konzern macht dafür ein höheres Produktionsvolumen im Allgemeinen und eine gesteigerte Aktivität am holländischen Kunststoff-Standort Maasvlakte im Besonderen verantwortlich. Bei der direkt vom Leverkusener Multi erzeugten Energie wuchs der Erdgas-Anteil von 29.796 auf 31.580 Terajoule, während der Kohle-Anteil von 15.094 auf 12.611 Terajoule sank. Der Beitrag von Quellen wie Abfall und Wasserdampf zur Strom-Versorgung reduzierte sich ebenfalls. Und das Kontingent, das regenerative Energien dazu beisteuerten, war so niedrig, dass der Leverkusener Multi es erstmals gar nicht mehr zu nennen wagte. Auf der Hauptversammlung von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN darauf angesprochen, rückte BAYER-Chef Marijn Dekkers mit der Angabe „weniger als ein Prozent“ heraus. Den zugekauften Energie-Mix schlüsselt der Global Player nicht weiter auf; er führt in seinem Geschäftsbericht nur einen stärkeren Dampf-Anteil auf. Als Folge des expandierenden Bedarfes an Elektrizität schwoll der Kohlendioxid-Ausstoß des Unternehmens erneut an. Er betrug 8,72 Millionen Tonnen.
CO2 lässt Meere versauern
Der Leverkusener Multi schädigt die Meere nicht nur durch seine Plastik-Hinterlassenschaften, sondern auch durch das von ihm emittierte Kohlendioxid – 8,72 Millionen Tonnen betrug der Ausstoß im Jahr 2014. Die Ozeane nehmen nämlich rund ein Drittel des produzierten CO2 auf, was nicht ohne Auswirkungen bleibt. Der Säuregehalt des Wassers steigt, und infolgedessen verändern sich die Existenz-Bedingungen für die aquatischen Lebewesen. So bildet sich durch den höheren pH-Wert des Wassers weniger Kalziumkarbonat, auf das Miesmuscheln und Austern zum Aufbau ihrer Schalen, aber auch andere Meeresbewohner wie Flügelschnecken, Seesterne, Seeigel und Krebse angewiesen sind. Und wenn ihre Populationen zurückgehen, hat das wiederum Konsequenzen für Fische, Seevögel oder Wale, denen die Tiere als Nahrungsgrundlage dienen. „Die Ozean-Versauerung bedroht die Biodiversität der Meere“, warnt der Ozeanograf Ulf Riebesell von Geomar, dem Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozean-Forschung, deshalb.
BAYER schädigt Ozonschicht
Der Leverkusener Multi stieß 2014 in einem Volumen von 14,8 Tonnen Substanzen aus, welche die Ozonschicht schädigen. 2013 beliefen sich die Emissionen auf 15,7 Tonnen. Seit Jahren schon macht BAYER für diese Emissionen hauptsächlich das Pestizid-Werk im indischen Vapi verantwortlich, und ebenfalls seit Jahren schon berichtet der Konzern von Fortschritten bei den Sanierungsmaßnahmen vor Ort.
2.120 Tonnen flüchtiger Substanzen
Der Ausstoß flüchtiger organischer Stoffe, der Volatile Organic Compounds (VOC), in die Atmosphäre reduzierte sich bei BAYER 2014 gegenüber dem Vorjahr leicht von 2.270 auf 2.120 Tonnen. Als Hauptquelle dieser Emissionen gibt der Leverkusener Multi wie auch bei den ozonschicht-schädigenden Substanzen das Pestizid-Werk in Vapi an.
Kaum weniger Stickstoff & Co.
Der Ausstoß von Kohlenmonoxid, Stickstoffoxiden und Schwefeloxiden hat sich bei BAYER 2014 gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Die Emissionen von Stickstoffoxiden gingen von 2.500 Kilogramm auf 2.400 Kilogramm zurück und die von Schwefeloxiden von 1.300 auf 1.200 Kilogramm. An Kohlenmonoxid gelangten wie 2013 900 Kilogramm in die Luft, und Staub wirbelte der Konzern auch genauso viel auf wie in den zwölf Monaten zuvor: 200 Kilogramm.
BAYERs großer Durst
Der Leverkusener Multi hat einen enormen Wasser-Durst. Auf 350 Millionen Kubikmeter bezifferte er seinen Verbrauch im Jahr 2014, in den zwölf Monaten zuvor waren es sogar 361 Millionen gewesen. Drei Viertel davon gehen als Kühlwasser drauf, ein Viertel verwendet der Konzern in der Produktion. Und erschwerend kommt hinzu, dass die Wiederaufbereitungsquote verschwindend gering ist, der Anteil von recyceltem Wasser an den 350 Millionen Kubikmetern betrug gerade einmal vier Prozent.
BAYER Abwasser-Frachten
Obwohl BAYERs Wasserverbrauch etwas zurückging (s. o.), kam hinten mehr heraus: Die Abwasser-Menge stieg um drei auf 66 Millionen Kubikmeter. Der Stickstoff-Eintrag erhöhte sich von 690 auf 760 Tonnen. Neben einer größeren Auslastung seiner Werke macht der Leverkusener Multi dafür eine Anlagen-Störung am Standort Baytown verantwortlich, die auch Reinigungsvorrichtungen in Mitleidenschaft gezogen hatte. Die Phosphor-Einleitungen gingen geringfügig von 110 auf 100 Tonnen zurück. Die von Schwermetallen – die der Konzern nicht mehr einzeln aufführt, um besonders gefährliche Stoffe wie Quecksilber nicht nennen zu müssen – reduzierten sich von 9,1 auf 6,3 Tonnen. Die Frachten von anorganischen Salzen in die Flüsse verringerten sich ebenfalls, sie sanken von 946.000 auf 845.000 Tonnen.
PFC beeinflusst Fruchtbarkeit
Wieviel Perfluorierte Kohlenwasserstoff-Verbindungen (PFC) der Leverkusener Multi in die Flüsse einleitet, weist der neueste Geschäftsbericht nicht aus. Nach Recherchen des BUND gelangt per annum rund eine Tonne PFC made by BAYER in den Rhein; lange Zeit belief sich die Zahl sogar auf sechs Tonnen. Dabei wäre eine genaue Dokumentation äußerst wichtig, denn bei den Stoffen handelt es sich um hochgiftige, schwer abbaubare Substanzen. So haben die Chemikalien nach einer kanadischen, in der Fachzeitschrift Human Reproduction veröffentlichten Studie Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Bei Frauen mit einer hohen PFC-Konzentration im Blut trat die Schwangerschaft später ein und häufiger als bei ProbantInnen mit niedrigeren Werten blieb sie den WissenschaftlerInnen zufolge auch ganz aus.
Mehr gefährlicher Abfall
Der Leverkusener Multi hat im letzten Jahr 3.000 Tonnen weniger Abfall fabriziert als 2013: 896.000 Tonnen. Der Anteil gefährlichen Abfalls daran stieg jedoch. Er erhöhte sich von 467.000 auf 487.000 Tonnen. Als Grund gab der Konzern ein größeres Produktionsvolumen an den Standorten Dormagen, Frankfurt und Leverkusen an.
Bergkamen: Dauerbaustelle Klärwerk
Bereits seit Jahren klagen die AnwohnerInnen des Bergkamener BAYER-Werkes über Geruchsbelästigungen, die von der Kläranlage ausgehen. Die 2008 eingeleitete Sanierung hat bislang keine Abhilfe schaffen können. Aus immer neuen Quellen dringt Mief nach außen. Ende Juli 2011 sorgte eine defekte Pumpe für schlechte Luft. Wenige Tage später flossen unvorhergesehen saure und basische Abwässer zusammen, was übel aufstieß (Ticker 4/11). Einem erneuten Angriff auf die Riech-Organe begegnete der Konzern dann mit einer Entfernung des Klärschlamms und der Ablagerungen in den Auffangbecken. Ende Juli 2012 schließlich traten an einigen Leitungen Risse auf, durch die Abwässer sickerten und Duftmarken setzten. Deshalb entschloss sich der Global Player erneut zu Reparatur-Arbeiten. Aber auch diese brachten keine Abhilfe. Im Juni 2013 beschwerten sich die BergkamerInnen erneut und klagten über Übelkeit und Kopfschmerzen. Knapp anderthalb Jahre später fiel dann die letzte Stufe der Abwasser-Reinigung aus. Der Pharma-Riese musste das mit Mikroorganismen versetzte Wasser in einem offenen Becken zwischenspeichern, was einen erheblichen Gestank verursachte. Im Mai 2015 war die Zeit dann mal wieder reif für neue Bau-Maßnahmen. Der Puffer-Behälter erhielt eine Generalüberholung. Zudem tauschte das Unternehmen die Rohrleitungen aus, in denen sich so viele Ablagerungen gebildet hatten, dass die Pumpen nur noch mit einem Viertel ihrer Kraft arbeiten konnten.
Dauersanierungsfall Bitterfeld
Als Chemie-Standort hat Bitterfeld eine bis ins Jahr 1893 zurückreichende Geschichte, an welcher der Leverkusener Multi bis dato beteiligt ist. 1921 kaufte er sich in die AGFA-Fabriken ein, die dort eine Niederlassung hatten. Nach 1945 musste BAYER diesen Besitz abschreiben, aber die Wende brachte den Konzern wieder nach Bitterfeld, wo er heute ein Pharma-Werk betreibt. Und die lange Chemie-Geschichte hat an dem Ort seine Spuren hinterlassen, vor allem im Grundwasser. Es ist ein Dauersanierungsfall geworden. Eine besondere Gefahr droht zu den Zeiten, an denen die Elbe Hochwasser hat. Dann nämlich kommen auch die Schadstoff-Lasten nach oben. Darum unternimmt die Stadt viel, um die Gebäude vor den Chemie-Fluten zu schützen. Zudem hat sie ein komplexes Brunnen- und Drainage-System installiert, das monatlich bis zu 175.000 Kubikmeter Grundwasser reinigen kann. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Nach der Meinung von ExpertInnen müssen sie Arbeiten noch weit über 100 Jahre andauern.
CO & CO.
Erdbeben in Erkrath
Mitte Januar 2015 ereignete sich in Erkrath ein kleines Erdbeben. Das warf sofort die Frage nach der Sicherheit von BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline auf, die auf ihrem Weg von Dormagen nach Krefeld auch Erkrather Gebiet passiert. „BAYER hat ja immer gesagt, dass es im Kreis Mettmann keine Erdbeben gibt“, erinnert Wolfgang Cüppers von der Initiative BAU-STOPP DER BAYER-PIPELINE an die Verharmlosungsstrategie des Konzerns. Bereits im Mai 2011 hatte das Düsseldorfer Verwaltungsgericht die Genehmigung für das Röhrenwerk wegen mangelnder Erdbeben-Sicherheit aufgehoben und Nachbesserungen verlangt. Inzwischen will der Leverkusener Multi Bedenken zerstreut haben, die Leitung könnte bei Erd-Erschütterungen zerbersten, aber Cüppers überzeugen die Argumente nicht. Die Erdbeben-Sicherheit sei „letztlich nie bewiesen worden“, so der Aktivist.
Neue CO-Pipeline unter dem Rhein
Nicht nur die zwischen den BAYER-Werken Dormagen und Krefeld verlegte Kohlenmonoxid-Pipeline wirft Sicherheitsfragen auf. Auch die in den 1960er Jahren zwischen Dormagen und Leverkusen gebaute Verbindung, die BAYER seit 2001 für den Transport von CO nutzt, ohne von der Bezirksregierung dafür mit einem neuen Genehmigungsverfahren oder schärferen Auflagen behelligt worden zu sein, hat gravierende Mängel. Besonders an dem Rhein-Düker, mittels dessen die Pipeline den Fluss unterquert, zeigen sich Korrosionsschäden, also Abnutzungserscheinungen an den Bau-Bestandteilen. So treten dort nach einem Bericht des TÜV Rheinland „gravierende externe Materialverluste“ auf, weswegen die Konstruktion „nicht dem Stand der Technik“ entspreche. Der Leverkusener Multi bezeichnet diese zwar als sicher, projektiert aber dennoch eine neue. Den Genehmigungsantrag für den Rohrleitungstunnel reichte er Ende 2014 ein. Mit einer Inbetriebnahme rechnet der Konzern für den Herbst 2016.
UNFÄLLE & KATASTROPHEN
2014: Fünf tödliche Arbeitsunfälle
Im Geschäftsjahr 2014 ereigneten sich bei BAYER fünf tödliche Arbeitsunfälle. Am brasilianischen Standort Belford Roxo wurde ein Wachmann erschossen, ein Belegschaftsangehöriger kam bei Rangier-Arbeiten ums Leben, einer weiterer bei einem Brand und zwei Beschäftigte starben bei Verkehrsunfällen.
Elf anerkannte Berufskrankheiten
Für das Geschäftsjahr 2014 vermeldet der Leverkusener Multi bei seinen Beschäftigten elf arbeitsbedingte Erkrankungen. Dabei handelt es sich allerdings nur um solche Schädigungen, welche die Berufsgenossenschaften auch als Berufskrankheiten anerkannt haben – und das sind nicht viele. 80 Prozent der Anträge lehnen die Einrichtungen, in deren Beschluss-Gremien die Unternehmen über die Hälfte der Stimmen haben, ab. Zweifel ob dieser Zahl sind zudem angebracht, da die Gesundheitsstörungen, die Belegschaftsangehörige an ihrem Arbeitsplatz erlitten hatten, bei BAYER früher ganz andere Größenordnungen erreichten. Im Jahr 2000, als der Konzern noch ausführlicher über Berufskrankheiten berichtete, führte er noch 130 Fälle auf und vermerkte dazu: „Als Krankheitsauslöser waren bei uns vor allem Expositionen gegen Asbest und Lärm relevant“.
PLASTE & ELASTE
Lackhärter aus Biomasse
Mit Pentamethylen-Diisocyanat (PDI) hat BAYER einen Kunststoff entwickelt, der zum Teil aus Biomasse besteht. Als Ausgangsstoff diente Maisstärke (siehe auch Ticker 2/15). Das PDI kommt in dem Lackhärter DESMODUR ECO N 7300 zum Einsatz, den der Leverkusener Multi bald vermarkten will. Bedenken, die Nutzung der Äcker als Rohstoff-Reservoir für die Plaste-Fertigung könnte den Anbau von Pflanzen für die Lebensmittel-Herstellung beeinträchtigen, weist der Konzern zurück. Die Biomasse-Gewinnung erfolge „ohne direkte Konkurrenz zur Nahrungsmittel-Produktion“, beteuert die Teil-Gesellschaft. Seinen KundInnen empfiehlt das Unternehmen jetzt schon einmal, auf „bio“ als Werbe-Effekt zu setzen, obwohl in dem DESMODUR-Kohlenstoff noch zu 30 Prozent Petrochemie steckt: „Anwender und Markenartikler in verschiedenen Industriebranchen können sich mit dem höheren Bio-Anteil als Pioniere für nachhaltige Materialien positionieren.“ In Zukunft will der Global Player das Segment mit Biomasse-Kunststoffen noch ausbauen. So kündigte er die Herstellung von Produkten an, deren Basis Cellulose oder Bioabfälle bilden.
STANDORTE & PRODUKTION
Mehr Pestizide aus Dormagen
Der Leverkusener Multi reagiert auf die gestiegene Nachfrage nach Antipilzmitteln und erweitert am Standort Dormagen die Produktionskapazitäten für den Wirkstoff Prothioconazole. Zudem baut der Konzern die Flupyradifuron-Fertigung aus. Diese Substanz ist der Inhaltsstoff von BAYERs neuem Insektizid SIVANTO. Der Agro-Riese vermarktet es explizit als bienenfreundliche Alternative zu seinen umstrittenen und EU-weit einstweilen mit einem Verkaufsbann belegten Neonicotinoiden GAUCHO und PONCHO. Allerdings bestehen Zweifel daran, ob SIVANTO wirklich so „bienenfreundlich“ ist, wie der Leverkusener Multi behauptet. Flupyradifu