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Thailand

CBG Redaktion

05. Januar 2010, junge Welt

Symbol eines Wandels

Im thailändischen Map Ta Phut sind zahlreiche Industrieprojekte gestoppt worden. Einhaltung von Umweltschutzvorgaben nun Pflicht

Umweltschutz bekommt auch in Schwellenländern ein deutlich höheres Gewicht. So feiern Aktivisten in Thailand derzeit einen wichtigen juristischen Sieg. Ende Dezember hatte der Oberste Gerichtshof 76 Bauvorhaben im Industrieprojekt Map Ta Phut vorläufig gestoppt; rund ein Viertel davon hat nur geringe Chancen, durch Nachbesserungen eine Revision des Entscheids zu erreichen. Dies hat der zuständige Minister Charnchai Chairungruang nach Angaben der Tageszeitung Bangkok Post vom Wochenende mitgeteilt.

Map Ta Phut ist ein Areal in der Provinz Rayong an der Ostküste Thailands, das bereits 1988 zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region eingerichtet worden ist. Unter dem Dach einer autonomen, semistaatlichen Verwaltung sind insgesamt vier große Einzelanlagen zu einem Gesamtkomplex zusammengewachsen, dessen Ausdehnung sich mit den Jahren von 1200 auf 3200 Hektar erweitert hat. Das Industriegebiet ist vorrangig für Betriebe der Chemie- und Petrochemie inklusive Raffinerien sowie der Metallurgie konzipiert.

Bürgerproteste
Die Anlagen des Wirtschaftskomplexes reichen teilweise bis unmittelbar an Wohngebiete heran. Dies hatte immer wieder zu Problemen und Konflikten geführt. So gab es zwischen 2000 und 2003 massive Proteste wegen der Geruchsbelästung durch einige Anlagen, über die sich Bewohner in der Nachbarschaft zuvor beklagt hatten. Im Jahr 2005 eskalierten dann die Auseinandersetzungen um lokale Wasserreserven rings um das Projekt. Industrie und Siedlungsbewohner bestanden gleichermaßen auf ihrem Recht zur Versorgung mit dem kostbaren Naß. Das erwies sich auch in den folgenden Jahren als dauerhafter Streitpunkt, allerdings in erster Linie wegen der Verschmutzung durch industrielle Einleitungen. Das Trinkwasser für die Bevölkerung um das Industriegebiet war kaum mehr als solches zu nutzen; Erkrankungen bei den Anwohnern wurden auf die Verschmutzung zurückgeführt.

2007 hatten Politiker und Behörden dann reagiert und ein Sonderkomitee eingesetzt. Das erarbeitete einen Maßnahmeplan, wonach bis 2011 die Emissionen verringert, die Unbedenklichkeit des Trinkwassers wiederhergestellt und die Gesundheitsfürsorge für die Anwohner von Map Ta Phut verbessert werden sollte. Außerdem wurden den Bürgern eine bessere Einbindung in die Kontrolle und eine stärkere Überwachung bei neuen Projekten versprochen.

Das aktuelle Gerichtsurteil zeigte auf, daß es immer noch erhebliche Probleme bei der Umsetzung dieses Programms gibt. Die gestoppten Projekte genügen demnach nicht den 2007 gesetzten Standards. Unter anderem hatte der halbstaatliche Ölkonzern PTT als eines der betroffenen Unternehmen erst dank Nachbesserungen an einem seiner Projekte die Genehmigung für den Weiterbau erhalten. Ähnlich steht es mit dem Vorhaben des Stahlkonzerns Siam Yamato Steel Corporation. Ein Betrieb für Plastikverarbeitung und ein Heizkraftwerk gehören zu den vier Projekten, die von den jeweiligen Firmen aufgrund des Richterspruchs gänzlich eingestellt werden sollen.

Das Urteil hat Signalwirkung für das ganze Land, was der Industrielobby und den Politikern ebenso bewußt ist. Umweltschützer indes feiern ihren Erfolg. Srisuwan Janya, Vorsitzender der Stop Global Warming Assocation, kündigte an, daß weitere 181 Projekte in verschiedenen Regionen Thailands nun eine Galgenfrist von einem Monat hätten, sich den knapp drei Jahre alten Richtlinien zu unterwerfen. Andernfalls könnten auch sie auf juristischem Weg gestoppt werden.

Gegen Panikmache
Janya und seine Mitstreiter treten medialer Panikmache hinsichtlich des Urteils und seiner Folgen offensiv entgegen. Politiker und Wirtschaftsvertreter hatten von einer massiven Verunsicherung besonders ausländischer Investoren gesprochen. Für Srisuwan Janya ist der Ausweg ganz einfach: Firmen müßten sich in der Planung von Beginn an die bestehenden Vorgaben zum Schutz von Umwelt und der Anwohner halten. Wer die Bevölkerung zudem frühzeitig einbeziehe und Transparenz walten lasse, laufe auch nicht Gefahr, an einer breiten Widerstandsfront zu scheitern. Map Ta Phut wird in diesem Sinne von vielen als Symbol einer Kehrtwende in Thailand betrachtet. Hier hatte in den vergangenen Jahrzehnten das Wirtschaftswachstum absolute Priorität, sehr oft auf Kosten von Mensch und Natur.

Zunächst für Map Ta Phut, prinzipiell aber auch für andere Konfliktzonen, soll jetzt zudem ein 13köpfiges Beratergremium gebildet werden. Somkhid Lertphaithoon, Juradozent an der renommierten Bangkoker Thammasat-Universität, hatte es vorgeschlagen: Er ist eines von vier Mitgliedern eines Komitees, das die Probleme in der Provinz Rayong überwinden will. Dem Gremium sollen ausdrücklich auch Vertreter von Nichtregierungsorganisationen angehören – ebenfalls ein Novum mit Vorbildwirkung. Von Thomas Berger, Bangkok