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Swisttal

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 29. Juli 2002

Genraps gefährdet Naturschutzgebiet bei Bonn

Umweltverbände fordern Einspruch des Robert Koch Instituts

Anlässlich der drohenden Freisetzung von gentechnisch verändertem Raps in der Gemeinde Swisttal bei Bonn fordern der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) das Robert Koch Institut auf, Einspruch gegen die Genehmigung einzulegen. Das geplante Versuchsfeld gefährdet die in unmittelbarer Nähe liegenden wertvollen Biotope und Naturschutz-
gebiete, darunter auch die als Flora-Fauna-Habitat (FFH) angemeldeten Eichen-Hainbuchenwälder „Waldville“. Wenn das Robert Koch Institut in Berlin nicht heute noch Einspruch erhebt, kann die Firma Bayer CropScience GmbH schon morgen mit der Aussaat von gentechnisch verändertem Genraps beginnen.

Eckehardt Ehrenberg, ehemaliger BUND-Landesvorsitzender:
„Die Risiken von Freilandversuchen mit genmanipulierten Pflanzen sind zur Zeit nicht absehbar. Tests haben zum Beispiel gezeigt, dass sich gentechnisch herbeigeführte Herbizidresistenz auch auf andere Pflanzen übertragen und quasi Superunkräuter entstehen lässt, die selbst mit einer Vielzahl von Pflanzenvernichtungsmitteln nicht mehr bekämpft werden können. Bei Raps kommt hinzu, dass er als heimische Pflanze in Mitteleuropa in zahlreichen Sorten angebaut wird und eine Reihe verwandter Arten hat. Das erhöht die Gefahr, dass sich gentechnische Veränderungen auskreuzen. Es ist unverantwortbar, ein Versuchsfeld für genveränderten, herbizidtoleranten Raps nach einem vereinfachten Verfahren ausgerechnet neben einem FFH-Schutzgebiet zu genehmigen. Die Gentechnikindustrie will hier offensichtlich einen Präzedenzfall für die Umgehung des europäischen Naturschutzrechts schaffen.“

Philipp Mimkes von der CBG: „Gerade vor dem Hintergrund des besonders sensiblen Lebensraumes in der Umgebung dieses Freisetzungsstandortes wäre eine gründliche Untersuchung der Risiken erforderlich gewesen. Stattdessen bedient sich die Firma Bayer einer bloßen Nachmeldung im Rahmen eines “vereinfachten Genehmigungs-
verfahrens„ und scheut jegliche öffentliche Diskussion.“

Der BUND informiert derzeit auf einer bundesweiten Aktionstour über die drohende gentechnische Verunreinigung der gesamten Nahrungs-
kette durch den Einsatz von Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln. Parteien und Politiker werden aufgefordert, sich zu positionieren und strenge Auflagen für die Gentechnikindustrie einzurichten. Die Wahlfreiheit der Verbraucher und die Gentechnik- Freiheit des ökologischen Landbaus dürften nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Für Rückfragen:
Claudia Baitinger, Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.,
mobil: 0172 – 2817451 Tel.: 02369 / 24296
Eckehard Ehrenberg, ehemaliger BUND-Landesvorsitzender,
Tel.: 02226 / 5779
Paul Kröfges, Vorsitzender der BUND-Regionalgruppe Köln,
Tel.: 0173 / 2794489

Hintergrundinformation zum Freisetzungsvorhaben in Swisttal-Morenhoven

Die Gemeinde Swisstal wird in den nächsten Tagen um eine zweifelhafte Attraktion reicher sein: Sie wird Freisetzungsstandort für genetisch manipulierten Raps. Damit reiht sie sich in die bislang 18 nordrheinwestfälischen Standorte ein, auf denen seit Jahren vom Erfolg der grünen Gentechnik geträumt wird: Obwohl die meisten Menschen keine Gentec-Nahrung essen wollen, werden allein in NRW mit Hilfe von genmanipulierten Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln und Raps in z. Zt. 58 Freisetzungsversuchen der Wille des Verbrauchers missachtet.

Unter den deutschlandweít über 630 Vorhaben allerdings bekommt die Aussaat von Gentec-Raps in Swisstal-Morenhoven eine besondere Qualität: Die Freisetzungsflächen liegen in unmittelbarer Nähe zu wertvollen Naturschutzgebieten von z. T. europäischem Rang. Damit soll offenbar ein Präzedenzfall geschaffen werden für die Umgehung des europäischen Naturschutzrechtes. Der grünen Gentechnik soll das noch grünere „Mäntelchen“ der Umweltverträglichkeit angezogen werden.

Bei genauerem Hinsehen erweist sich der gegen das Totalherbizid Basta / Liberty mit einer Glufosatresistenz ausgestattete Winterraps Brassica napus den Linien MS 8 und RF 3 als äußerst problematisch:

* Er enthält einen ganzen Gencocktail von Bakterien, Pilzen und einer Raps-Verwandten und gefährdet damit bei potentieller Auskreuzung in vielfacher unerforschter Weise andere Organismen.
* Die vorgegebene Pollen-Sterilität des MS 8-Rapses wird durch den beabsichtigten Kreuzungsvorgang aufgehoben, so dass fertile Samen entstehen, die unkontrolliert verbreitet werden bzw. über Jahre im Boden ruhen können.
* Rapspollen können über mehrere Kilometer verteilt werden (Imker!), daraus resultierende Auskreuzungen mit Wildkräutern oder gentechnikfreien Kulturpflanzen (ökologische Landwirtschaft) sind bereits mehrfach beobachtet und beschrieben worden.
* Besonders bedenklich erscheint bei dieser Freisetzung, dass auch die fertilen Hybriden aus den beiden genannten Linien ausgesät werden sollen, so dass die Pollensterilität der Linie MS 8 nur als Alibi für diesen Versuch zu sehen ist.
* Pestizidaustrag (Basta) kann auch benachbarte Flächen treffen mit dem Ergebnis, dass herbizidresistente (ausgekreuzte) Pflanzen ggf. einen Selektionsvorteil haben können, was zu einer Beeinflussung von Ökosystemen führen kann (Naturschutzgebiet!) sowohl über Nahrungsketten als auch über eine Verringerung der Artenvielfalt (Biodiversität)