Ergebnis legte auf über vier Milliarden Euro zu
BAYERs Bomben-Bilanz
Ende Februar 2023 konnte der BAYER-Konzern seinen AktionärInnen auf der Bilanz-Pressekonferenz für das abgelaufene Geschäftsjahr „trotz der widrigen Rahmenbedingungen“ eine exorbitante Rendite-Steigerung präsentieren. Entsprechend schlecht fielen die gleichzeitig vorgelegten Zahlen in Sachen „Umweltbelastung“ aus.
Von Jan Pehrke
„2022 war trotz der widrigen Rahmenbedingungen für BAYER ein sehr erfolgreiches Jahr“, hielt der Noch-Vorstandsvorsitzende Werner Baumann am 28. Februar 2023 anlässlich der Bilanz-Pressekonferenz des Leverkusener Multis fest. Der Umsatz stieg um 8,7 Prozent auf 50,7 Milliarden Euro, und das Konzern-Ergebnis vervierfachte sich sogar. Von einer Milliarde Euro auf 4,15 Milliarden Euro kletterte es. Zu einem nicht geringen Teil kommen diese guten Zahlen gerade wegen der widrigen Rahmenbedingungen zustande, profitiert doch die gesamte Agro-Branche von der Mangellage auf dem Nahrungsmittel-Sektor im Zuge des Ukraine-Krieges. Diese führt nämlich zu einer höheren Nachfrage und entsprechend höheren Preisen. Es ist also mehr Geld im Spiel, was globalen Agrarrohstoff-Händlern wie Cargill, Landmaschinen-Herstellern wie John Deere und eben auch BAYER nützt, weil die LandwirtInnen mehr Pestizide und Saatgut kaufen.
Die Geschäftsbilanz
Die Landwirtschaftssparte steigerte ihren Umsatz um satte 15,6 Prozent auf 25,2 Milliarden Euro. Eine „außergewöhnlich starke Geschäftsentwicklung bei Crop Science“, vermeldete der Global Player: „Preissteigerungen in allen Regionen überkompensierten dabei geringere Anbau-Flächen in Nordamerika sowie niedrigere Lizenz-Einnahmen.“ Besonders gut lief es bei den Herbiziden „durch Preissteigerungen aufgrund von Versorgungsengpässen für glyphosat-haltige Produkte im Markt“. Rund zwei Milliarden zusätzlich spülte das von der Weltgesundheitsorganisation WHO als „wahrscheinlich krebserregend bei Menschen“ eingestufte Pestizid so in die Kassen der Aktien-Gesellschaft.
Der Umsatz der Pharma-Sparte erhöhte sich dagegen „nur“ um 1,1 Prozent auf 19,2 Milliarden Euro. Von „Gegenwind bei einigen etablierten Medikamenten“ sprach Baumann. So waren einige Länder wie China und Großbritannien nicht mehr bereit, Mondpreise für den Gerinnungshemmer XARELTO zu bezahlen, während Brasilien das Patentrecht änderte und die sonst üblichen Fristverlängerungen nicht mehr gewährte. Deshalb sanken die XARELTO-Einnahmen um sechs Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Besser lief es dagegen bei „Consumer Health“. Die Sparte mit ASPIRIN & Co. legte im Vergleich zum Vorjahr um über acht Prozent auf 6,1 Milliarden Euro zu.
Das Statement der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zu diesem Geld-Regen ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. „In einer Zeit, da die Bevölkerung hierzulande unter einer immensen Inflation leidet, der globale Süden unter einer Nahrungsmittel-Krise ächzt und immer mehr Länder vor der Zahlungsunfähigkeit stehen, will der BAYER-Konzern die Dividende um 20 Prozent anheben, weil er enorme Profite eingefahren hat. Das stinkt zum Himmel“, erklärte sie und forderte eine Übergewinn-Steuer.
Die Öko-Bilanz
So gut die Geschäftsbilanz ausfällt, so schlecht steht es um die Ökobilanz, und dazwischen besteht ein Zusammenhang: Der Topseller Glyphosat ist neben vielem anderen nämlich auch ein Top-Klimakiller. Der gesamte Fertigungsprozess verschlingt massig Energie und verursacht auf diese Weise einen hohen Kohlendioxid-Ausstoß. Auf eine Betriebstemperatur von 1500° muss sich etwa der Ofen am US-Standort Soda Springs erhitzen, um aus Phosphorit das Glyphosat-Vorprodukt Phosphor herauszulösen. Darum hat das Herbizid einen gehörigen Anteil an BAYERs Kohlendioxid-Emissionen von 3,03 Millionen Tonnen im zurückliegenden Jahr. „Besonders energie-intensiv ist unsere Rohstoff-Gewinnung einschließlich Aufbereitung und Weiterverarbeitung für die Herstellung von Pflanzenschutzmittel-Vorprodukten von Crop Science“, heißt es dazu etwas verklausuliert im parallel zum Geschäftsbericht veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht.
Seit Jahren verlangt die CBG, diese Risiken und Nebenwirkungen der Glyphosat-Herstellung zu minimieren. Aber vor Ort geschieht nichts. Anderswo hingegen wird gehandelt. Über „strengere Umweltauflagen in China für die Produktion von Rohstoffen für das Mittel“, informierte etwa das Manager Magazin jüngst. Und da diese Maßnahmen mit zu der Glyphosat-Verknappung und den entsprechenden Preis-Steigerungen beitrugen, sorgten sie perverserweise auch noch für die Extra-Profite, die der Leverkusener Multi mit dem Herbizid machte.
Aber nicht nur die CO2-Werte geben Anlass zur Beunruhigung. Die anderen Umwelt-Parameter fallen auch nicht besser aus. So blies der Agro-Riese mehr ozon-abbauene Substanzen, flüchtige organische Verbindungen und Staub in die Luft. In die Gewässer leitete er mehr Phosphor und mehr Schwermetalle ein. Und gefährlicher Abfall entstand ebenfalls in größeren Mengen als im Jahr 2021.
Die juristische Bilanz
Neben den Bilanz- und den Umweltzahlen muss der Global Player seinen Aktionär-Innen seit geraumer Zeit zusätzlich noch diejenigen zu den juristischen Risiken und Nebenwirkungen von Glyphosat – die gesundheitlichen Risiken und Nebenwirkungen interessieren diese herzlich wenig – vorlegen. Jene besitzen ob ihres Ausmaßes nämlich Kapitalmarkt-Relevanz. Und hier vermochte der Vorstandsvorsitzende nichts Positives zu vermelden. 154.000 Klagen von Geschädigten des Pestizides haben sich angesammelt, davon sind rund 45.000 noch offen. Dementsprechend zerknirscht gab sich Werner Baumann. Der Agro-Riese sei, wie die gesamte Branche, letzlich der Gnade der „Klage-Industrie“ in den Vereinigten Staaten ausgeliefert, lamentierte er. „Das ist ein ziemliches Problem für alle Unternehmen. Es kann jedes treffen“, so Baumann.
Nicht allein deshalb vermochten sich die Finanzmarkt-AkteurInnen nicht so recht über die Milliarden-Gewinne freuen. Ihnen machte vor allem der Ausblick für die kommenden Monate Sorgen, weil die Vorstände „bei den Preisen für glyphosat-basierte Herbizide Gegenwind erwarten“. Mit einem Einnahme-Verlust von rund 900 Millionen Euro rechnen die Manager-Innen infolgedessen und haben auch nichts im Köcher, um das aufzufangen. „Im Ergebnis können wachstumsgetriebene Margen-Beiträge und positive Effekte aus den laufenden Effizienz-Programmen die erwarteten Preis-Rückgänge sowie die unverändert hohen inflationsgetriebenen Kosten-Steigerungen nicht kompensieren“, verlautete aus der Konzern-Zentrale.
Die Reaktion ließ dann nicht lange auf sich warten. „Die BAYER-Papiere gerieten am Morgen deutlich unter Druck. Zuletzt notierten die Aktien mit einem Minus von mehr als vier Prozent bei 56,60 Euro“, ließ das Manager Magazin wissen. Die eingetrübten Profit-Aussichten dürften auch auf der Hauptversammlung des Agro-Riesen am 28. April auf die Tagesordnung kommen. Die Coodination gegen Bayer-Gefahren wird jedoch dafür sorgen, dass auch noch andere Themen auf die Agenda gelangen.