BAYER 04 kassiert bis zuletzt
Was seit einem Jahr durch die Wirtschafts-Presse geistert, ist nun Gewissheit: die Firma TelDaFax ist pleite. Mehr als 750.000 Kunden zahlen die Zeche. Der Fußballverein BAYER 04 LEVERKUSEN hingegen machte bis zuletzt Werbung für den Stromanbieter und erhielt hierfür Millionen-Summen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert eine Rückzahlung, da dem Verein die Schieflage des Sponsors seit langem bekannt war.
CBG, 6. September 2011 — Nie zuvor hat ein Unternehmen so viele Gläubiger hinterlassen: bis zu achthundert Tausend. Gemessen an der Zahl der Geschädigten ist der Konkurs des Stromanbieters TelDaFax die bislang größte Firmenpleite in Deutschland. Mehrere hundert Millionen Euro Schulden wurden angehäuft.
Jahrelang hatte TelDaFax die Expansion mit Kampfpreisen, die zum Teil unter dem Einkaufspreis lagen, forciert. Zuletzt konnte die Zahlungsfähigkeit nur noch mit einer Art Schneeball-System aufrecht erhalten werden: Neu-Kunden mussten ihre Jahresbeiträge per Vorkasse zahlen und finanzierten damit den Stromkauf und den laufenden Betrieb. Als die Zahl der Kunden stagnierte, brach das System zusammen.
Bis zuletzt allerdings machte die Fußballtochter des BAYER-Konzerns Werbung für den Stromanbieter. Die Werkself spielte seit dem Sommer 2007 mit dem Logo des Stromhändlers auf der Brust und erhielt hierfür rund 8 Millionen Euro pro Jahr. Sympathieträger Rudi Völler war als „Gesicht“ der Kampagne in Anzeigen und auf der website unter dem Motto „Wechseln ist ein Klax mit TelDaFax“ präsent.
Unterlagen des Insolvenzverwalters zeigen nun, dass die BAYER 04 LEVERKUSEN FUSSBALL GMBH frühzeitig über die Schieflage ihres Sponsors Bescheid wusste. Im Juli 2009 schrieben die drei TelDaFax-Vorstände einen Brief an ihren Aufsichtsrat. Die Schulden lagen schon damals bei rund 150 Millionen Euro. Wenn nicht bald frisches Geld fließe, so die Vorstandsmitglieder, müsse das Unternehmen sofort Insolvenz anmelden. BAYER 04 war über das Schreiben offenbar informiert.
Zwei Monate später, am 17. September 2009, bat TelDaFax dann um ein Treffen mit BAYER-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung betonte Holzhäuser, dass es sich um „eine Art Kennenlern-Gespräch“ wegen eines Gesellschafterwechsels handelte. Doch die von der SZ geprüften Akten zeigen, dass es 2009 gar keinen Gesellschafterwechsel gab.
Tatsächlich bestätigen Teilnehmer der Sitzung, dass es in dem Gespräch um die mögliche Insolvenz ging. Dies erklärt auch, warum Holzhäuser nur fünf Tage später ein Fax an den damaligen Vorstandschef von TelDaFax sandte und eine Änderung des Sponsorvertrags vorschlug. Die Zahlungen sollten gestundet werden, außerdem wollte der Verein seinem Sponsor eine Sonderkündigungs-Option einräumen.
Sollte BAYER 04 LEVERKUSEN tatsächlich schon vor zwei Jahren von der bevorstehenden Pleite gewusst haben, so kann der Insolvenzverwalter die seit dahin gezahlten Werbegelder, rund 16 Millionen Euro, zurückfordern. Nach Insolvenzrecht können Zahlungen, die bis zu zehn Jahren zurückliegen, angefochten werden, wenn der Empfänger von einer finanziellen Schieflage des Zahlenden weiß.
Um den Verdacht zu entkräften, verbreitet BAYER 04 in Pressemitteilungen, TelDaFax habe sich stets korrekt verhalten. Es seien „sogar Zahlungen vor der jeweiligen Fälligkeit geleistet worden“. Dokumente, die die Süddeutschen Zeitung veröffentlichte, belegen jedoch das Gegenteil: am 15. Oktober 2009 beschwerte sich Holzhäuser in einem erneuten Fax über die Zahlungsmoral des Sponsors: „Da die erste Stundungsvereinbarung aus September 2009 von TelDaFax nicht eingehalten wurde, sehen wir keine Veranlassung, eine weitere Stundung zu gewähren.“
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert eine Rückzahlung der Werbemillionen, zumindest für die vergangenen zwei Jahre. „BAYER darf sich nicht auf Kosten hunderttausender Stromkunden, die für den Schaden aufkommen müssen, bereichern“, so Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG. Sollte auf Seiten des Fußballvereins eine bewusste Täuschung vorliegen, so fordert die Coordination strafrechtliche Ermittlungen gegen das Management von BAYER 04.
weitere Infos: taz-Artikel zu Bayer 04 (von 2000)