Sondersitzung zur Chem„park“-Explosion
Die Landesregierung muss Antworten geben!
Am kommenden Montag befasst sich der Umweltausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags in einer Sondersitzung mit der Explosion, die sich am 20. Juli in dem Tanklager der Sondermüll-Verbrennungsanlage des Leverkusener Chem„parks“ ereignete. Die Landesregierung wird dazu einen Bericht vorlegen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) erwartet von CDU und FDP, darin Antworten auf die zahlreichen Fragen zu geben, welche die Beinahe-Katastrophe aufgeworfen hat.
So überprüfte die Bezirksregierung Köln die Tanks zuletzt vor über fünf Jahren und brauchte dazu lediglich eine Stunde. Die eigentlich für 2020 vorgesehene Inspektion des gesamten „Entsorgungszentrums“ ließ die Behörde ausfallen und holte sie auch im April 2021 nicht komplett nach. Wegen Corona fand lediglich eine Video-Konferenz statt. Richtig in Augenschein nehmen wollten die Beamten alles erst diesen August.
„Es stellt sich die Frage, warum zwar die Fußball-Bundesliga trotz Pandemie stattfinden kann, nicht aber ein für die Sicherheit der Beschäftigten und AnwohnerInnen so wichtiger Lokaltermin, zumal sich das Tanklager draußen befindet und die Innenräume einer Sondermüll-Verbrennungsanlage nicht gerade eng bemessen sind“, kritisiert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann.
Wie dringlich ein solcher Check-up gewesen wäre, zeigt sich Stelzmann zufolge nicht zuletzt daran, dass es sich bei der Detonation vom 20. Juli schon um den dritten Störfall auf dem Areal innerhalb von fünf Wochen handelte und es am 17. Juni nach einem „Produkt-Austritt“ bei einer Chem„park“-Firma bereits einen Schwerverletzten gab. Völlig unverständlich erscheint des Weiteren, warum die Bezirksregierung nach Informationen von report-K im Jahr 2012 eine Kapazitätserweiterung der Verbrennungsanlage von 80.000 auf 120.000 Tonnen jährlich erlaubte, ohne dabei die vom gesamten „Entsorgungszentrum“ ausgehenden Gefährdungen mit zu berücksichtigen. „Spezielle über den Antragsgegenstand hinausgehende Anforderungen an die Sicherheitstechnik wurden im Genehmigungsbescheid nicht festgelegt“, erklärte die Behörde. Dadurch versäumte sie es, insbesondere das Tanklager mit den dicht nebeneinander stehenden Tanks auf die Gefahr möglicher Kettenreaktionen hin zu untersuchen, obwohl schon die zu der Zeit geltende Seveso-II-Richtlinie eine Prüfung etwaiger Domino-Effekte vorschrieb. Und so konnten dann am 20. Juli gleich drei Tanks Feuer fangen.
Die CURRENTA wollte die Öfen vergrößern, weil sie den Müll unter der Ägide ihres damaligen Mehrheitseigners BAYER zu einem Geschäft gemacht hatte. Noch aus den entlegensten Erdteilen versuchte das Unternehmen gefährliche Produktionsrückstände zu akquirieren. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren sieht das als hochproblematisch an, denn wenn die CURRENTA nur die im Chem„park“ selber anfallenden Fabrikationsreste entsorgen würde, könnte sie Menge genauer einschätzen und bräuchte gar keine Riesen-Tanks als Zwischenlagerstätten.
Erst jetzt beabsichtigt die Bezirksregierung, GutachterInnen mit einer sicherheitstechnischen Überprüfung des gesamten Komplexes zu beauftragen, um der CURRENTA Empfehlungen für eine Verbesserung der Anlagensicherheit an die Hand zu geben, wie es heißt. „Offenbar halten Bezirksregierung und CURRENTA einen Neuaufbau an gleicher Stelle für möglich. Dabei ist die nächste Wohnsiedlung nur 800 Meter entfernt. Solchen Planspielen muss die Landesregierung schon heute einen Riegel vorschieben. Und die Verantwortlichen hätten eigentlich weit Wichtigeres zu tun: nämlich unverzüglich die Sicherheitslage der „Entsorgungszentren“ der CURRENTA-Chem „parks“ in Dormagen und Krefeld zu analysieren“, so Stelzmann abschließend.
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