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[Seehaus-Arnold] Hauptversammlung 2017

CBG Redaktion

Sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrter Aufsichtsrat,
sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Annette Seehaus-Arnold. Ich spreche als Aktionärin, Imkerin und Kreisvorsitzende der Imker Rhön-Grabfeld.

Auf der Internetseite von Crop Science findet man unter den Blogs aus dem Jahr 2017 einen interessanten Artikel von Jürgen Keppler mit der Überschrift „Bienenstudie in einem noch nie dagewesen Ausmaß“. Dr. Jürgen Keppler wirft einen Blick hinter die Kulissen der Studie in Mecklenburg-Vorpommern, eines der größten Feldversuche an Raps zu den Auswirkungen von Neonicotinoiden auf Bienen in Europa.

Zu dieser Veröffentlichung habe ich einige Fragen, um mehr Licht ins Dunkel zu bringen:

Sehr geehrter Herr Baumann, stimmt es, dass das in der Studie verwendete Raps-Saatgut nur 8,0g Clothianidin pro kg Saatgut hatte? Stimmt es auch, dass die käuflich erwerbbare ELADO-Beize mit 10g gebeizt ist?
Was steckt hinter diesem Unterschied?
Herr Baumann, wie können Sie das erklären?

Das ist immerhin eine Mehrbeize von 25 %. Oder ist das auch ein bedauerliches Versehen? So wie 2008 am Rheingraben?

Weiter schreiben Sie: „Die Wirkung auf Bienen auf einer Rapsanabaufläche von 65 km², die vollständig mit Elado® behandelt worden war, wurde mit einem angrenzenden Landstück von ebenfalls 65 km² verglichen, wo keine neonicotinoid-haltigen Mittel Einsatz fanden.“ Bitte erklären Sie uns, warum die Landwirte auf den Kontrollflächen nach eigenem Ermessen! Pyrethroide spritzen durften? Sehr geehrte Aktionäre, Sie wissen, dass Pyrethroide meist als „B2“ eingestuft sind, und wegen der Bienengefährlichkeit erst nach Ende des Bienenflugs ausgebracht werden dürfen? Wer hat das eigentlich überprüft? Und warum wurden diese Pyrethroide überhaupt eingesetzt? Ist dann die Kontrollgruppe überhaupt aussagefähig? Könnte man da eigentlich nicht schon die ganze Studie in die Tonne klopfen?

Bei der Einstufung der Pyrethroide wurde lediglich der Wirkstoff alleine betrachtet. Wie, Herr Baumann, ist die Wirkung, wenn noch Emulgatoren oder gar Wirkstoffverstärker eingesetzt werden? Was ja bei den zu kaufenden Spritzmitteln gängige Praxis ist. Wie bienengefährlich ist dann das Ganze?

Wie hoch ist der Grad an Schädigung an den betroffenen Bienenvölkern, welche die Flächen mit Pyrethroid-Spritzungen beflogen haben? Wurde dies überhaupt ermittelt? Sehr geehrter Herr Baumann, ist ihnen bekannt, dass diese, unter nicht kontrollierten (weil den Landwirten überlassenen) Bedingungen zusätzlich Insektiziden ausgesetzten Völker in der Studie als „Nullproben“ genommen werden?
Was bedeutet bei Ihnen „Nullproben“?
Werden hier einfach geschädigte Völker unter den Tisch fallen gelassen, nach dem Motto „Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast?“

Oder wurden hier nur bestimmte Völker nicht berücksichtigt? Wie 2014 bei der Varroamittel-Studie in Hessen? Auf Nachfrage damals bekam ich 2015 vom damaligen Vorstandsvorsitzenden Herrn Dekkers zur Antwort: „Es sind nur einzelne Auswertungen in die Auswertung eingeflossen?“
Ist hier auch so ausgewertet worden?
Ist das der hochgelobte Bienenschutz der BAYER AG?

Wie erfolgte die Messung? Über die sogenannten „Kontrollvölker“? Welche ggf. auch „Flugbienen-Verluste“ durch Spritzungen in die Blüte mit Pyrethroiden erlitten hatten?
Können Sie da Licht ins Dunkel bringen?

Wurden Schwarmkontrollen an den Völkern vorgenommen? Etwa Brutwaben entnommen? Oder was wurde gegen das Schwärmen gemacht? Nichts? Was ist dann mit den abgeschwärmten Völkern passiert? Wie sind die in Ihre Bewertung mit eingeflossen?

Kommt daher die Aussage auf Ihrer Internetseite: „Es wurden keine Anzeichen von schädlichen Wirkungen auf Bienenarten durch Clothianidin-haltige Saatgutbehandlungen gezeigt.“?

Ist der im Rapsbeizmittel Elado® ebenfalls enthaltene Wirkstoff Beta-Cyfluthrin, ein Pyrethroid der Klasse II, in den Völkern nachweisbar?

Und wurde der Pollen, bzw. Bienenbrot, überhaupt auf Rückstände untersucht?
Wie hoch waren hier die Konzentrationen?

Wie sieht eigentlich Ihre Clothianidin-Studie beim Honig aus? Hierzu findet man nichts auf Ihrer Internetseite. Hat das einen Grund? Gab es etwa Probleme mit Rückständen? Oder haben wir da in Zukunft mit Rückständen zu rechnen?

Warum wurden Honigproben nur von den Freilandbienen genommen, nicht aber von den im Tunnel gehaltenen Bienen? Hatten Sie etwa Befürchtungen, dass es Probleme mit den Rückstandshöchstmengen gibt?

Wie erklären Sie sich, dass im Honig sehr unterschiedliche Konzentrationen von Clothianidin, selbst im selben Versuchsfeld, gemessen wurden?

Stimmt es, dass die maximale Konzentration von 2,1 Mikrogramm/kg für Clothianidin im Honig gemessen wurde?

Und dass im Nektar, der einen höheren Wassergehalt als Honig hat, Werte bis 3,5 Mikrogramm/kg nachgewiesen wurden?
Woher kommt das? Haben Sie dafür eine Erklärung?

Wie kommt Dr. Richard Schmuck, der bei der Bayer Crop Science den Bereich Environmental Saftey leitet, obwohl diese Fragen in keinster Weise geklärt, bzw. berücksichtigt wurden, zu der Aussage: „Die Ergebnisse zeigen, dass die früher behördlich zugelassene Behandlung von Rapssaatgut mit Clothianidin Honigbienenvölkern und den getesteten Wildbienenarten keinen Schaden zufügt.“

Oder ist die Überschrift mit dem Titel „Bienenstudie in einem noch nie dagewesenen Ausmaß“ zum Feldversuch an Raps zu den Auswirkungen von Clothianidin auf Bienen anders auszulegen? Was ist mit dem Titel dann gemeint? Ist mit dem „nie dagewesenen Ausmaß“ etwa das Ausmaß der ungeklärten Fragen gemeint? Ich frag ja bloß.

Sie schreiben auf Ihrer Internetseite: „Die Untersuchung wurde von einem auf Feldstudien spezialisierten Auftragsforschungsinstitut vorgenommen. Außerdem waren eine Reihe namhafter Bienenexperten für die verschiedenen Bienenarten, darunter Wildbienen, Hummeln und Honigbienen, unabhängig von dem Auftragsforschungsinstitut und von Bayer an der Studie beteiligt.“ Wer war denn da genau beteiligt? Um welche Firmen handelt es sich? Welche Institute? Und welche Forscher? Nennen sie doch bitte Ross und Reiter. Oder vor was fürchten Sie sich?

Stimmt es eigentlich, dass diese Studie von Firmen gemacht wurde, die ausschließlich auf Studien spezialisiert sind, und die Studien dann so ausgelegt werden, wie es der Auftraggeber will? Frei nach dem Motto „Wes’ Brot ich ess, des’ Lied ich sing?

Oder wollen Sie etwa so mit ihrer Aussage bei der EU-Kommission, die das weitreichende Verbot der Neonicotinoiden ausgesprochen hat, punkten?
Sie schreiben dazu auf Ihrer Internetseite: „Bayer ist mit der ungerechtfertigten Entscheidung der Europäischen Kommission nicht einverstanden und vertritt die Ansicht, dass sie nicht zur Verbesserung der Bienengesundheit beitragen wird.“ Sind jetzt etwa die Neonics auch noch gesundheitsfördernd für unsere Bienen? Wollten Sie etwa mit dieser Studie beweisen, dass es nur mit Neonicotinoiden den Bienen gut geht? Oder versuchen Sie mit dieser „Bienenstudie“ das Bienenkiller-Image loszuwerden?

Meine Damen und Herren Aktionäre,
Sie haben es in der Hand, wie die Entwicklung weitergeht.

Oder ist es nicht an der Zeit, die Aktivitäten von Bayer Cropscience in ökologisch sinnvolle, nachhaltige Forschung, besser noch in Landwirtschaft 4.0, zu investieren? Anstatt an fragwürdige Neonics wie Clothianidin festzuhalten? Sind intelligente Lösungen nicht weitaus sinnvoller als chemische Keulen? Wollen Sie, sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat, weiterhin an alten Techniken festhalten und dann den Anschluss verpassen? Können Sie sich auf Dauer das „Bienenkiller-Image“ noch leisten? Können Sie das verantworten?

Deshalb an alle Aktionäre: Zeigen Sie Flagge und stimmen Sie gegen eine Entlastung des Vorstandes.

Vielen Dank.

Annette Seehaus-Arnold
Kreisverband Imker Rhön-Grabfeld e. V.
Asternweg 11
97724 Burglauer
Tel. 09733/4561
Seehaus-arnold@t-online.de