Sanjay Kumar: Reputations- und andere Risiken
Guten Tag, liebe anwesenden Menschen … dazu zähle ich auch die Menschen im Vorstand von Bayer.
Mein Name ist Sanjay Kumar, ich bin ein Medienwissenschaftler – aber ich habe mich auch extra prüfen lassen in Qualitäts-Management in der Biotechnologie sowie in biochemischer und Ökotoxikologie, damit man mir nicht nachsagt, ich sei ein Fachfremder, der irgendwelche Kommentare von sich gibt.
Ich arbeite auch auf einem Bauernhof, und gestern habe ich mich ausgiebig mit dem Hacken von Unkraut beschäftigt – den ganzen Tag. Es erfüllt mich, diese Arbeit zu machen, die sehr fruchtbare Ergebnisse erzielt.
Ich habe zu der Übernahme von Monsanto ein paar Fragen, die ich gerne an die Menschen vom Vorstand richten würde. Es wurde hier in erster Linie über ein enormes Reputationsrisiko gesprochen. Es stellt sich mir die Frage, ob wir hier überhaupt über die Risiken an sich reden oder ob es nur eine Frage der PR ist.
Ich möchte insbesondere darauf hinweisen, dass in den USA in Vermont 2015 mit einer Gesetzesinitiative die Kennzeichnungs-Pflicht für gentechnisch veränderte Produkte gefordert wurde, wogegen Monsanto mit einer Klage versucht hat anzugehen, in der sich auf die Redefreiheit berufen wurde. Die haben für sich den ersten Verfassungszusatz zum Recht auf Redefreiheit eingefordert – also eigentlich ein Menschenrecht für einen Konzern. Sie, die Anwälte von Monsanto, meinten: „Wir wollen nicht gezwungen werden zu reden, obwohl wir nicht reden wollen“. Ich würde Sie gerne fragen: Haben Sie vor, nach einer geplanten Übernahme derartige Praktiken fortzuführen?
Desweiteren würde ich gerne über einen offenen Dialog sprechen, eine Informationsfreiheit, die nicht nur alle Shareholder, sondern auch alle Stakeholder in diesem Unterfangen angeht. Nämlich: Was sind das für Risiken, die hier eingegangen werden? In Ihrem Geschäftsbericht sagen Sie:
„Wir übernehmen auch für die Wirkstoffe in unseren Produkten Verantwortung. Wir führen die Bewertung von Umweltrisiken oder Maßnahmen zum Risikomanagement auch nach der Markt-Zulassung durch. Wir tragen außerdem auch dazu bei, dass Fragen zu Wirkstoffen in der Umwelt aufgegriffen werden und Bedenken durch fundierte Risikobewertungen und Analysen adressiert werden. Hierzu haben wir einen ausgewogenen Risiko- und Nutzenbewertungsprozess für Wirkstoffe etabliert …“
Zu dem Stichwort „Risiko-Nutzen“ – das haben Sie auch vorhin zu dem Thema Glyphosat eingebracht: Sind Sie eigentlich im Bilde, dass für eine Risikobewertung Nutzen komplett irrelevant ist? Es gibt keinen Nutzen, der ein systemisches Risiko wie die Zerstörung der Biodiversität aufwiegen könnte.
Wenn wir hier von Transparenz sprechen: Herr Speich hatte schon gefragt: „Haben Sie überhaupt einen Plan B in der Schublade, was diesen Deal angeht?“ Ich wüsste gerne – unabhängig von Spekulationen und Annahmen über die Risiken – für eine nachvollziehbare und transparente Risikobewertung: Haben Sie einen Plan B für den Erhalt der Biodiversität, oder sollen die Menschen Ihren Annahmen Glauben schenken? Haben Sie vor, eine Verpflichtung für das Vorsorgeprinzip einzugehen, in der Sie alle Rohdaten veröffentlichen und unabhängigen Forschern Zugang zu dem Forschungsmaterial ermöglichen?