Susanne Smolka, PAN
Rede auf der BAYER Aktionärsversammlung 2001 am 27 April in Köln
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mein Name ist Susanne Smolka, ich spreche hier für das deutsche Pestizid Aktions-Netzwerk und möchte unter anderem Fragen an den Vorstand richten, die eine Frage betrifft den Umweltschutz, die zweite Frage die Produktsicherheit von Pestiziden.
Die BAYER AG betont des öfteren, daß sie sich ihrer Verantwortung bewußt ist, die Auswirkungen ihres Handelns auf die Umwelt zu minimieren und natürliche Ressourcen zu bewahren.
Wir halten dieses Ziel für sehr wichtig. Deshalb möchten wir auf ein Problem aufmerksam machen, das gegen diesen Anspruch verstößt. Es geht um Diuron, bekanntgeworden durch seine Anwendung durch die Deutsche Bahn AG.
BAYER AG ist Diuron-Hersteller und bringt Diuron-Präparate auf den deutschen Markt.
Diuron ist ein Totalherbizid. D. h. Diuron tötet alle wachsenden Pflanzen wahllos ab.
Problematisch an Diuron ist die Langlebigkeit. Diuron ist noch jahrelang nach Ausbringung in Böden und Gewässern vorhanden. Ein weiteres Problem ist, daß Diuron unter dem Verdacht steht, in den Hormonhaushalt von Mensch und Tier einzugreifen.
Der Anwendungsbereich von Diuron ist vergleichsweise klein. Dennoch gehört Diuron zu jenen Pestiziden, die am häufigsten in Flüssen, Küstengewässern und im Grundwasser gefunden werden.
Und nicht nur das, die festgestellten Konzentrationen sind häufig so hoch, daß Grundwässer und auch Wasserlebewesen gefährdet werden.
Diuron nimmt seit langem hier eine traurige Spitzenposition ein.
Es geht also um eine konkrete Gefährdung ökologischer Systeme. Es geht aber auch um die Wasserwirtschaft. Es ist teuer, Diuron aus dem Trinkwasser zu beseitigen. Die Reperaturkosten gehen in die Millionen, und wir alle werden dafür zur Kasse gebeten.
Ein Teil dieser Diuronrückstände im Wasser ist auf unsachgemäße und illegale Anwendungen zurückzuführen. Die bisherigen Maßnahmen diesen Mißbrauch einzudämmen, z.B. strengere behördliche Auflagen, verständlichere Gebrauchsanweisungen oder den Verzicht auf den Verkauf von Kleinpackungen, waren leider nicht erfolgreich.
Aber auch bei sachgerechter Anwendung durch Fachleute kann der Schutz der Gewässer nicht sichergestellt werden.Diese Erkenntnis führte 1997 zu einem gesetzlichen Anwendungsverbot von Diuron auf Gleisanlagen – einem Haupteinsatzort.
Der Versuch, dieses Verbot jetzt wieder aufzuheben, ist gescheitert.
Umweltverbände, die Wasserwirtschaft und Politiker aus allen Parteien bis hin zur Bundesregierung haben sich dagegen ausgesprochen. Warum?
Weil die Risiken und die derzeitigen und zukünftigen Schäden durch Diuron nicht mehr gesellschafts- und umweltpolitisch tragbar sind.
Wir appellieren daher an die eigenen Leitlinien zum Umweltschutz und an die Produktverantwortung der BAYER AG und fragen den Vorstand, welche konkreten Maßnahmen sie zur Verminderung der Umweltbelastungen durch Diuron zukünftig durchführen werden und ob sie – auch mit Blick auf die neue europäische Gewässerschutzpolitik – die Herstellung und den Vertrieb von Diuron bzw. diuronhaltiger Mittel zukünftig einstellen werden.
Ich komme nun zu meinem zweiten und letzten Punkt.
Vor einem Jahr fragten wir den Vorstand, wann das 1995 selbst gesteckte Ziel, keine extrem giftigen Pestizide mehr zu verkaufen, erreicht wird.
Das Pestizid Aktions-Netzwerk hat mit seinen Partnern WWF und Coordination gegen Bayer-Gefahren sie dazu nochmals Ende letzten Jahres in einem offenen Brief – den über 300 Organisationen und Personen aus 40 Ländern unterzeichnet haben – um eine Stellungnahme gebeten.
Ihre Antwort, das von ihnen initiierte Drei-Punkte-Programm verlaufe planmäßig und sie seien dabei, ungiftigere Produkte zu entwickeln, können wir nicht nachvollziehen.
Denn jetzt – im Jahre 1 nach Ablauf ihrer eigenen Frist sind immer noch BAYER-Pestizide im Handel, die als hoch oder extrem gefährlich eingestuft werden.
Wir möchten nochmals darauf aufmerksam machen, daß die Weltgesundheitsorganisation weltweit von jährlich mindestens 20.000 Todesopfern durch Pestizidvergiftungen ausgeht, ganz zu Schweigen von den anderen Gesundheits- und Umweltschäden.
Wir stellen daher auch dieses Jahr an den Vorstand die Frage: Werden sie das Ziel aus dem Jahr 1995, die …Produkte der WHO-Toxizitätsklasse 1 schrittweise durch Produkte mit geringerer Giftigkeit zu ersetzen, zumindest im Jahr 2001 erreichen. Zwei Zusatzfragen dazu: In welchem Maß berücksichtigen sie hierbei neben den Pestizid-Präparaten die von ihnen produzierten und vermarkteten Wirkstoffe und werden sie ihre Erfolge bei der Umsetzung des Drei-Punkte-Programms öffentlich darlegen?
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.