Pressemitteilung vom 11. Oktober 2002
Lange Betrugsliste bei der Bayer AG
Razzia der EU-Kommission wegen verbotener Preisabsprachen
Nach der Razzia der EU-Wettbewerbsbehörde bei der Leverkusener Bayer AG wegen mutmaßlicher Preisabsprachen weist die Coordination gegen BAYER-Gefahren auf die lange Betrugsliste des Konzerns hin. Philipp Mimkes, Geschäftsführer der CBG: „Die Konzerne müssen viel stärker kontrolliert werden. Aber in der Bundesrepublik geht die Entwicklung in die andere Richtung, wie das Scheitern des Anti-
Korruptionsregisters im Bundesrat gezeigt hat.“ Der Verein weist darauf hin, dass durch den ungezügelten Konzentrationsprozess in den meisten Branchen informelle Absprachen immer einfacher werden.
Die Bayer-Tochter Haarmann & Reimer (H&R) hatte in den 90er Jahren mit fünf Wettbewerbern aus drei Kontinenten ein Kartell für Zitronensäure gebildet. Dabei hatten die Firmen Verkaufsquoten ausgehandelt und die Endpreise exakt festgelegt. Während der Existenzphase des Kartells verkaufte H&R allein in den USA für 400 Mio. Dollar überteuerte Zitronensäure. Gegen H&R wurden Strafen von 100 Mio Dollar verhängt – die bis dahin zweithöchste Kartellstrafe in der US-Geschichte.
Ebenfalls in den USA hatte Bayer über Jahre hinweg bei Lieferungen im Rahmen der staatlichen Gesundheitsprogramme „Medicare“ und „Medicaid“ falsche Preise gemeldet. Dem Staat waren durch die Preismanipulationen jährliche Schäden von rund 1 Milliarde Dollar entstanden. Den US-Behörden fielen geheime Firmen-Dokumente zu, in denen die Manipulationen als bewährte „Marketing-Instrumente“ beschrieben wurden. Bayer zahlte schließlich 14 Millionen Dollar Entschädigung. Bereits in den 80er Jahren beteiligte sich Bayer an einem europaweiten Kartell für den Kunststoff Polyethylen. Auch damals waren Preise und Quoten exakt abgestimmt gewesen.
Anfang des Jahres hatte die amerikanische Fachzeitschrift Multinational Monitor den Bayer Konzern in die Liste der „10 Worst Corporations of 2001“ aufgenommen. Die Aufstellung umfasst Firmen, die „Verbraucher betrügen, die Umwelt verseuchen und Arbeiterrechte mißachten“. Mehrere Skandale führten zu der erstmaligen Nominierung des Konzerns: so verlangte Bayer nach den Milzbrand-Anschlägen in den USA von der amerikanischen Regierung Milliardenbeträge für Antibiotika, obwohl die Herstellungskosten der Medikamente bei wenigen Prozent dieser Summe liegen. Gleichzeitig zahlte das Unternehmen mehrere hundert Millionen Dollar an Konkurrenzfirmen, damit diese keine billigeren Alternativen auf den Markt bringen.
Den Cholesterinsenker Lipobay hatte der Konzern erst auf Druck amerikanischer Behörden vom Markt genommen, obwohl dem Unternehmen die Gefahren jahrelang bekannt gewesen waren – mehr als 100 Patienten bezahlten dies mit ihrem Leben.
Die EU-Kommission hatte gestern bekannt gegeben, dass sie die Konzernzentralen von Bayer, Shell und Exxon durchsucht hatte. Die Unternehmen stehen in Verdacht, illegale Preisabsprachen getätigt zu haben. Bayer soll mit amerikanischen Wettbewerbern ein Kartell für Kautschukchemikalien, die für die Produktion von Autoreifen verwendet werden, gebildet haben. Shell und Exxon sollen sich auf dem Markt für Asphalt-Rohstoffe abgesprochen haben.