Ralf Bertram (Imkermeister): Die Bienengefährlichkeit des Pestizids BISCAYA
Sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrter Aufsichtsrat,
meine sehr geehrten Damen und Herrn Aktionäre,
mein Name ist Ralf Bertram, Imkermeister in bereits sechster Generation. Es ist mein erster Auftritt hier auf der JH. Ich spreche zu ihnen zum einen als Aktionär, aber vor allem als krebskranker Großvater von 4 Enkelkindern und als Imker.
Werter Herr Baummann:
Zum BISCAYA-Wirkmittel Thiacloprid: Wie kann ich diese Aussage aus dem Datenblatt verstehen:
(NB6641) Das Mittel wird bis zu der höchsten durch die Zulassung festgelegten Aufwandmenge oder Anwendungskonzentration, falls eine Aufwandmenge nicht vorgesehen ist, als nicht bienengefährlich eingestuft (B4).
(NN410) Das Mittel wird als schädigend für Populationen von Bestäuberinsekten eingestuft. Anwendungen des Mittels in die Blüte sollten vermieden werden oder insbesondere zum Schutz von Wildbienen in den Abendstunden erfolgen.
Meine Damen und Herrn Aktionäre, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und die Firma Bayer haben diese Information in dem Datenblatt so hinterlegt.
Wie sollen ihre Kunden, Hr. Baumann, dieses Datenblatt umsetzen? Sie machen es sich einfach „Kräht der Hahn auf dem Mist, regnet es oder nicht“.
Persönlich finde ich es eine Schande, wenn Sie, Hr. Baumann, ein Produkt herstellen und verkaufen, dessen Wirkung schon vorher in Frage gestellt ist.
Meine Damen und Herren Aktionäre: Eine Einstufung in die 4 Kategorien bedeutet, nur zur Erinnerung:
B 1 Bienengefährlich
B 2 Bienengefährlich, ausgenommen bei Anwendung nach dem täglichen Bienenflug bis 23.00 Uhr
B 3 Bienen werden nicht gefährdet
B 4 nicht bienengefährlich
Wenn ich im Gespräch mit Landwirten bin und frage diese nach ihren Mitteln, die sie einsetzen, heißt es B4. Obwohl die Landwirte eine Fortbildung zum Sachkundenachweis für Pflanzenschutz besucht haben (ist Voraussetzung zum Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln), wissen sie nicht, was sie tun.
Eine Landakademie macht Werbung mit: In nur 4 Stunden die Fortbildungspflicht erfüllen.
Ich war selbst auf so einer Fortbildung. Es war mehr eine Werbe- und Verkaufsveranstaltung, um nicht zu sagen eine Kaffeefahrt. Selbstverständlich geht es darum, Geld zu verdienen. Das ist ja unser aller Bestreben. Aber doch bitte nicht getarnt als Schulung.
Jetzt werden Sie sagen, das ist Sache des Landwirts und der Bauerverbände.
Allein bei diesem einen Präparat, BISCAYA brauche ich ja schon fast 4 Stunden, um das viele Kleingedruckte zu lesen. Die Aufklärung durch die Verkaufsfachberater ist leider auch so, dass eine Informationsflut losgetreten wird, die beim Kunden gar nicht ankommt. Nur B4 und „Wo wende ich es an?“ bleiben beim Kunden hängen.
Wir sind immer noch bei dem Thema B4. Bienenungefährlich ist bereits in Frage gestellt, und nun wird sogar vermutet, es ist Krebserregend?
Warum? Auszug aus dem Datenblatt:
Gefahrenhinweise:
– Zur Vermeidung von Risiken für Mensch und Umwelt die Gebrauchsanleitung einhalten.
– Gesundheitsschädlich bei Verschlucken.
– Verursacht Hautreizungen.
– Verursacht schwere Augenreizungen.
– Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen.
– Kann vermutlich Krebs erzeugen
Herr Baumann, ich komme aus einer ländlichen Gegend und sage offen: Es ist heute gesünder in einer Großstadt zu leben als auf dem Land.
Herr Baumann, ich bin hier nur auf ein Präparat, BISCAYA, eingegangen. Es gibt aus ihren Werken viele Präparate zum Pflanzenschutz. Solange sie die Anwender ihrer Präparate mit so einer Informationspolitik so im Dunkeln stehen lassen, kann es nur zu Differenzen zwischen Verbraucher und Landwirt kommen.
Stimmt es Herr Baumann, dass viele Präparate nur mit bestimmter Technik ausgebracht werden können? Der Landwirt dann gezwungen ist, in die neue Technik zu investieren? Oder seine Technik umzurüsten, erhebliche Kosten verursacht? Wenn JA: Warum wird dem Landwirt dieses Mittel trotzdem angeboten und schmackhaft gemacht?
Klären Sie uns bitte auf!
Meine Damen. u Herren Aktionäre, wenn der BAYER AG der Bienenschutz so sehr am Herzen liegt, wie schon wiederholt hier behauptet, warum hat dann die BAYER AG nicht von sich aus hier Aktivitäten entwickelt?
Interessant ist auch, dass sich die Imker an den neuen Maschinen der Landwirte beteiligen sollen, damit es zu weniger Bienenverlusten kommt. Schlagwort: Dropleg. Ein Verfahren, dass die Pflanzenschutzpräparate unter die Blätter bringt. So geschehen auf einer Veranstaltung in Leipzig.
Nicht nur das die Firma Bayer weiß, wie es anders geht. Aber nein, um Kosten abzuwenden, sucht man jetzt den Schuldigen bei der Imkerschaft. Wie sehen sie die Sache, Herr. Baumann? Und wer bezahlt dafür, dass die Hummeln und Schmetterlinge überleben dürfen?
Ist das richtig umgesetzter Bienenschutz?
Aktiver Bienenschutz durch Anlegen von Blühstreifen auf der einen Seite und dann aber weiterhin darauf bestehen, dass das Ausbringen von bestäuberinsekten-gefährlichen Präparate in die offene Blüten von Raps und Obst zulässig ist?
Wie geht so eine verbogene Bienenschutzstrategie?
Verschläft die BAYER AG die Wende hin zu einer anderen Art Schädlingsmanagement?
Wann genau steigt BAYER aus?
Raus aus der Art Pflanzenschutz, welche nicht nur die Schädlinge als solche bekämpft, sondern die Insekten, nicht nur in der Imkerei, auf dem Gewissen hat?
Herr Baumann, ich gehe davon aus, dass wenn Sie eine meiner Fragen nicht beantworten, dass dieses dann als Zustimmung zu interpretieren ist.
Die Honigbienen sind nur ein Teil der Insektenwelt. Ihre Bedeutung für unseren Wohlstand wird wohl auch von BAYER nicht in Frage gestellt.
Bienenschutz sei wichtig, sagt mir die BAYER AG.
Über den Weg, den BAYER dabei geht, sind viele nicht begeistert.
Wenn Sie meine Damen und Herrn Aktionäre, unser Anliegen unterstützen wollen und dem Bienenschutz deutlich mehr Ausdruck verleihen möchten, dann haben sie es hier und heute in der Hand.
Zeigen Sie die Rote Karte und verweigern Sie diesem Vorstand ihre Entlastung!
Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!