Sehr geehrte Damen und Herren!
Mein Name ist Rainer Kalbe. Ich bin Mitglied der Bürgerinitiativen „Stopp – CO – Pipeline“.
Letztes Jahr hatte ich bei gleichem Anlass Gelegenheit zu Ihnen zu sprechen. Damals hatte ich meinen Vortrag mit folgender Feststellung etwa so begonnen:
„Die Art, wie Bayer das eigene Image durch dieses hochkritische und nach Ansicht Vieler menschenverachtende Projekt ruiniert, macht wahrscheinlich noch viele Aktionäre ärgerlich und wütend. Meine Auffassung hat sich in vielen persönlichen Gesprächen danach bestätigt.
Nun, Herr Wenning, Ihre Mitarbeiter im Backoffice, die natürlich Ihre Erwiderung auf meine Ausführungen für Sie formuliert hatten, was nicht kritikwürdig ist, waren sehr fleißig in dem Bemühen, meine Fragen und auch Feststellungen – dabei handelte es sich um Tatsachen, die sich auch beweisen lassen, schlicht weg auseinander zu nehmen. Es mag Ihnen gelungen sein, die damals Anwesenen, die teilweise von weit her angereist waren zu beruhigen. Das ist aber dem Umstand zu verdanken, dass sich kaum jemand im Vorfeld mit diesem Problem umfassend auseinandergesetzt hatte um zu verstehen, dass Ihre Worte vielfach nur bekannte Phrasen und Wiederholungen von Halbwahrheiten waren. Manches Mal klang auch in Ihren Erwiderungen durch, dass da jemand etwas vorgetragen hat, dass nur an den Haaren herbeigezogen ist, das jeder Grundlage entbehrt und dass nur subjektive Empfindungen wiedergegeben wurden. Alles hat Bayer richtig gemacht, behaupteten Sie. Auf Ihre fähigen und kompetenten Mitarbeiter seien Sie stolz und und und. Leider gibt es nach einem solchen Statement keine Möglichkeit, Ihnen und Ihren Argumenten spontan zu begegnen.
Ich komme daher – jetzt nach einen Jahr voller weiterer Pannen und Peinlichkeiten nochmals auf meinen Vortrag zurück und zitiere
:
„BMS ist bei dem in die Kritik geratenen Projekt stets nach geltendem Recht vorgegangen und hat alles unternommen, um die Öffentlichkeit umfassend zu informieren.“ – Zitat Ende
Dieser Satz stammt von Ihnen, Herr Wenning.
Nun begab es sich, dass zeitgleich, als die meisten von Ihnen in der Messehalle in Düsseldorf diese meine Worte hörten und Sie, Herr Wenning, anschließend wortgewandt versuchten klarzumachen, dass Ihre Aussage selbstredend über jeden Zweifel erhaben ist, also den Tatsachen entspricht und nichts, aber auch gar nichts an solchen Vorwürfen dran ist, dass also zeitgleich die Vertreter von BMS vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf – nur wenige Kilometer entfernt – sich anhören mussten, dass der Konzern gegen den Planfeststellungsbeschluss – sprich die Baugehmigung – gehandelt hat und zwar ohne vorherige Genehmigung der Bezirksregierung Düsseldorf. Handlungen, die nicht auf den Vorgaben der Baugenehmigung basieren, sind zweifelsfrei Rechtsverstöße. Insofern können Sie Ihre Behauptung doch nicht mehr guten Glaubens aufrechterhalten. Hatten Ihnen Ihre hoch gelobten Mitarbeiter da etwas verschwiegen?
Nun, es geht weiter: Das Unternehmen BMS beantragte Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses, so nennt man die Baugenehmigung, also man beantragte Dutzende von Änderungen, d. h. auch Dutzende von Abweichungen vom Baurecht mussten im Nachhinein sanktioniert werden.. Dieser so genannte Planergänzungsbeschluss brachte die Verwaltungsrichter zu einem niederschmetternden Ergebnis:
Die Genehmigungsbehörde hat viele Änderungen – sprich Verstöße gegen die Baugenehmigung – offensichtlich hinterher nur noch abgenickt. Es waren ja Tatsachen geschaffen worden, deren Änderungen sehr teuer werden würden. Nicht zuletzt haben die Richter den gesamten Planergänzungsbeschluss als offensichtlich rechtswidrig eingestuft.
Sind die für dieses Desaster verantwortlichen Mitarbeiter, die dem Unternehmen all diese Negativschlagzeilen eingehandelt haben, wenigstens nach dieser Blamage vor dem Verwaltungsgericht zur Rechenschaft gezogen worden oder können sie weiterhin selbstherrlich agieren, wie es einem Großkonzern offensichtlich zusteht?
Und als Letztes frage ich Sie noch einmal:
Ist Ihnen bewusst, dass die anhängigen Verfahren vor den Gerichten noch Jahre dauern können und dann am Ende irgendwann ein Urteil steht, das da heißt: keine Betriebsgenehmigung? Vielleicht reihen sich die Richter ja ein in die Schar derer, die nach den Worten der Politik und auch nach der Lesart Ihres Unternehmens industriefeindlich ist? Haben Sie dafür einen Plan in der Schublade, der diesem dann doch offensichtlichen Super-GAU Rechnung trägt und andere Lösungen Ihrer Probleme vorsieht? Ich vermute, nicht. Denn dann werden Sie ja nicht mehr im Amt sein.
Vielleicht ist auch ein Unternehmen, das ein solches Projekt wie die CO-Pipeline wie sagt man so schön: Auf Teufel komm raus! Und jetzt erst Recht, durchdrücken will, schon aus Prinzip, vielleicht ist man gerade mit einer solchen Gesinnung auf dem Holzwege?
Vielleicht ist es auch so, dass nicht die mehr als 110.000 Menschen in diesem Lande industriefeindlich sind, sondern ein Konzern, der so handelt, menschenfeindlich ist? Damit will ich nicht die hervorragenden Leistungen des Konzerns in vielen anderen Bereichen und Geschäftszweigen ignorieren oder gar in Abrede stellen. Eine Selbstherrlichkeit, wie sie seit mehr als drei Jahren an den Tag gelegt wird und Bevölkerung und Politik gleichermaßen immer wieder schockiert, wirft jedoch lange Schatten auf diese Positiva.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ach, eins noch, Herr Wenning. Ich verzichte gerne auf Ihre Antwort zu meinen Ausführungen. Sie brauchen Ihre Mitarbeiter hinter der Bühne nicht zu bemühen. Wissen Sie, ich habe einfach keinen Bock mehr auf Märchenstunden.