7. November 2013, WAZ
Befangenheitsbedenken
Gegner von Bayer-Pipeline fordern Absetzung von Gutachter
Pipeline-Gegner fordern den Austausch eines Gutachters, der im Genehmigungsverfahren für die Kohlenmonoxid-Pipeline des Chemiekonzerns Bayer die Sicherheit beurteilen soll. Der Mann hatte vorher ganz offensichtlich für Bayer gearbeitet und eindeutige Aussagen zur Rohrleitung getroffen.
Pipeline-Gegner fordern den Austausch eines Gutachters im Planänderungsverfahren. Der Mann sollte als Sachverständiger im Auftrag der Bezirksregierung die Sicherheit der umstrittenen CO-Pipeline bewerten. Offensichtlich hatte der Sachverständige aber bereits vorher Partei ergriffen.
Als TÜV-Sachverständiger hatte Christian Engel vor fünf Jahren im Auftrag von Bayer die Sicherheit der Rohrleitung zwischen Uerdingen und Dormagen bestätigt. „Ein Gutachter, der mehrfach im Auftrag von Bayer die Sicherheit der Pipeline beschworen hat, ist eindeutig befangen“, sagt Jan Pehrke von der Initiative „Coordination gegen Bayer-Gefahren“. Am ersten Tag des derzeit laufenden Erörterungstermins zum Planänderungsverfahren für die Pipeline hatte es in der Essener Grugahalle bereits Buhrufe aus dem Publikum gegeben.
Die Bezirksregierung reagiert äußerst zurückhaltend auf den Vorwurf. Die Kritik der Gegner am Gutachter wurde mit ins Protokoll der Sitzung aufgenommen. Man werde die Kritik an Christian Engel im weiteren Verfahren zu würdigen wissen, ließ Versammlungsleiterin Ulrike Nienhaus wissen.
Engel hatte seinerzeit ausdrücklich für Bayer Stellung bezogen und ein weiteres Gutachten, das die Stadt Monheim in Auftrag gegeben hatte, deutlich in Zweifel gezogen. „Das … Gutachten stützt sich in vielen Fällen auf falsche Voraussetzungen oder Vermutungen, somit sind auch die daraus gezogenen Schlüsse ungültig“, sagte Engel damals in einer von Bayer verbreiteten Pressemitteilung. Die Pipeline-Gegner kritisieren auch grundsätzlich die Rolle des TÜVs. Der Verein sei schließlich seinerzeit von Bayer mitgegründet worden und keinesfalls eine „neutrale Aufsichtsinstanz“. Arne Poll
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5. November 2013, WAZ
Anwohner und Bayer streiten über Kohlenmonoxid-Pipeline
Essen. Nächste Runde im Streit um die CO-Pipeline von Dormagen nach Krefeld: Die Gegner der Kohlenmonoxid-Röhre fürchten tödliche Gasunfälle und wollen das gesamte Projekt kippen. Die Bezirksregierung entscheidet nach der förmlichen Erörterung jedoch nur über Details beim Bau der Pipeline.
Gegner und Befürworter der Kohlenmonoxid-Pipeline des Chemiekonzerns Bayer tauschen seit Dienstag ihre Argumente aus. In der Essener Grugahalle begann die Erörterung der vom Unternehmen beantragten Planänderungen. Seit Jahren gibt es Proteste und Gerichtsverfahren gegen das Vorhaben giftiges Kohlenmonoxid durch eine Röhre von Dormagen nach Krefeld zu pumpen. Die fertigstellte Pipeline ist bislang nicht in Betrieb.
Bei dem nichtöffentlichen Erörterungstermin unter Leitung der Düsseldorfer Bezirksregierung sollen Anwohner und diejenigen, die einen der 24.000 Widersprüche eingebracht haben, ihre Bedenken dem Unternehmen vortragen können. Der Einladung folgten aber nur rund 150 Bürger. Viele von ihnen wollen das förmliche Verfahren nutzen, ihre grundsätzliche Ablehnung gegen die Leitung zum Ausdruck zu bringen.
Bayer will „Sicherheit unter Beweis stellen“
„Die meisten der Einwendungen beziehen sich auf Punkte, die hier gar nicht erörtert werden können, weil sie bei Gericht liegen“, sagte die Verhandlungsleiterin Ulrike Nienhaus von der Bezirksregierung. Das Verfahren sieht vor, dass die Gutachter von Bayer ausschließlich zu den nach dem Bau beantragten Änderungen beim Material und der Trassenführung Stellung beziehen sollen. Erst dann kann die Bezirksregierung über eine nachträgliche Genehmigung der Abweichungen entscheiden.
„Wir möchten diese Erörterung nutzen, um die Inhalte der Planänderungen vorzustellen und die Sicherheit dieser Leitung unter Beweis zu stellen“, sagte Klaus Jaeger, NRW-Chef von Bayer MaterialScience am Dienstag. Er hält die Pipeline für wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Chemieunternehmens und damit Arbeitsplätze in der Region sicherzustellen.
Schon 100 Milliliter CO können einen Erwachsenen töten
„Wir wollen noch einmal grundsätzlich die Sinnhaftigkeit dieser Leitung infrage stellen“, sagte Philipp Mimkes vom Verein „Coordination gegen Bayer-Gefahren“. Das tödliche Risiko müsse die Gesellschaft nicht mittragen.
Schon 100 Milliliter eingeatmeten Gases seien für einen Erwachsenen tödlich, warnt der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein. „Zudem ist das Gas farb-, geruch- und geschmacklos. Bis es erkannt wird, kommt meist jede Hilfe zu spät“, warnt der Kinderarzt Dr. Gottfried Arnold von der Initiative. Er kritisiert, dass das geplante Leckerkennungssystem kleine Mengen nicht feststellen könne, die aber in der Atemluft längst tödlich sein könnten.
Anhörung wird wohl noch mehrere Tage dauern
Die Anhörung wird in den kommenden Tagen in der Grugahalle fortgesetzt und soll mehrere Tage dauern. Die Wahl war auf den Veranstaltungsort gefallen, weil die Bezirksregierung mit wesentlich mehr Teilnehmern rechnen musste. Für den Zeitraum habe keine andere Stätte dieser Größe zur Verfügung gestanden, so ein Sprecher.
Auch wenn die Bezirksregierung nach der Erörterung die Abweichungen vom ursprünglichen Plan genehmigt, darf durch die Pipeline weiterhin kein Kohlenmonoxid gepumpt werden: Im Mai 2011 hatte das Verwaltungsgericht in Düsseldorf den Planfeststellungsbeschluss zur CO-Pipeline gekippt, weil Fragen zur Erdbebensicherheit ungeklärt geblieben waren.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und liegt beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Es wird voraussichtlich Anfang 2014 behandelt. Die Bezirksregierung meint, die festgestellten Mängel seien inzwischen behoben.