29. April 2010, Neues Deutschland
Tod durch BAYER-Antibabypillen
Betroffene wollen bei Konzern-Hauptversammlung Verkaufsstopp fordern / Philipp Mimkes ist Mitglied im Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
ND: Am Freitag findet in Köln die Jahreshauptversammlung des BAYER-Konzerns statt. Dort werden auch zwei Frauen sprechen, die nach der Einnahme von Antibaby-Pillen, die BAYER herstellt, gravierende Schäden davontrugen. Worum geht es dabei?
Mimkes: Die Antibaby-Pillen Yaz und Yasmin führen zu einem fast doppelt so hohen Embolien- und Thrombosen-Risiko wie ältere Präparate, die bereits seit den 1980er Jahren auf dem Markt sind. Im Einzelfall kann die Einnahme sogar bis zum Tod führen.
Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele haben schwere Embolien erlitten. Beide konnten gerettet werden, obwohl sie bereits klinisch tot waren. Sie haben jedoch bleibende Schäden davongetragen.
Sie werden in Köln vor rund 4000 Aktionären sprechen und fordern, dass die Präparate vom Markt genommen werden.
Die CBG ist Mitgliedsorganisation im Dachverband der Kritischen Aktionäre. Sie haben einen Gegenantrag zur Hauptversammlung am Freitag eingereicht. Was genau ist dessen Inhalt?
Wir fordern in unserem Antrag die Nicht-Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, da sie trotz Kenntnis der Risiken von Yasmin und Co. keine Schritte unternommen haben, den Verkauf des Präparats einzustellen, die Gesundheit der Konsumentinnen zu schützen und die Betroffenen zu entschädigen. In den USA etwa hat es bislang mindestens 50 Todesfälle gegeben, dazu eine große Zahl von Frauen, die gesundheitliche Schäden beklagen. Nach Angaben von BAYER sind dort rund 1100 Klagen gegen das Unternehmen anhängig. In amerikanischen Medien ist sogar die Rede von bis zu 25 000 Geschädigten, die derzeit Sammelklagen vorbereiten.
Auch in Deutschland klagt eine Reihe von Betroffenen einzeln. Sammelklagen sind hier rechtlich nicht möglich.
Wie viele Kritische Aktionäre vertritt das Netzwerk bei BAYER?
Einige hundert Aktionäre, die nicht selbst zur Hauptversammlung kommen, haben uns ihre Stimmrechte übertragen.
Warum hat BAYER die Präparate bislang nicht vom Markt genommen?
Das lässt sich leicht beantworten: BAYER ist Weltmarktführer! Allein diese Produktgruppe beschert dem Unternehmen einen jährlichen Umsatz von rund 1,3 Milliarden Euro. Daher will man den Verkaufsstopp natürlich so lange wie möglich hinauszögern. Allenfalls die Klagen könnten den Konzern perspektivisch zum Einlenken bringen, wenn sich das Geschäft dadurch nicht mehr rentiert.
Wir dagegen fordern, dass nur Präparate auf den Markt gelangen, bei denen die gesundheitlichen Risiken vergleichsweise am geringsten sind. Die Präparate von BAYER gehören nicht dazu.
In Köln wollen Sie auch andere Seiten der BAYER-Schattenbilanz ansprechen. Welche Themen stehen noch auf dem Programm?
Geplant sind rund 15 Redebeiträge, die sich kritisch mit der Geschäftsbilanz auseinandersetzen. Das Themenspektrum reicht weit. Imker wollen gegen das durch BAYER-Pestizide verursachte Bienensterben protestieren, Bürgerinitiativen gegen den Bau einer Kohlenmonoxid-Pipeline, die quer durch Nordrhein-Westfalen gebaut werden soll. Ein weiteres Medikamententhema auf dem Programm sind beispielsweise auch hormonelle Schwangerschaftstests, die Schering früher verkauft hat. Dadurch kam es zu schweren Missbildungen bei Neugeborenen.
Die Liste der Verbände, die ein Problem mit BAYER haben, ist lang.
Fragen: Ina Beyer