Leverkusener Anzeiger, 29. April 2014
Bayer in Leverkusen
Gute Zahlen und jede Menge Vorwürfe
Die Einstimmung auf die Bayer Hauptversammlung könnte unterschiedlicher nicht sein. Auf der einen Seite stehen gute Zahlen für die Aktionäre, auf der anderen Seite stellen sich Demonstranten gegen den Chemie- und Pharma-Konzern auf. Von Thomas Käding
Die Einstimmung auf die Hauptversammlung heute könnte unterschiedlicher nicht sein: Während Bayer am Montag seinen Aktionären gute Zahlen mit Steigerungen in allen wichtigen Bereichen meldete (siehe „Wachstum allerorten“), bereiteten sich die Gegner des Konzerns auf ihren Auftritt in den Nordhallen der Kölner Messe vor. Diesmal musste sogar das Kölner Verwaltungsgericht eingeschaltet werden: Die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ setzte durch, dass sie auf dem Vorplatz der Nordhallen demonstrieren darf. Polizei und die Kölner Messegesellschaft waren dagegen: Der Platz sei Privatgelände; überdies habe Bayer mit der Kölner Messe einen speziellen Vertrag unterzeichnet, hieß es.
Spektakuläre Greenpeace-Aktion
Dass nun trotzdem demonstriert werden darf, liegt an der Einordnung des Verwaltungsgerichts: Es vertrat in seinem Beschluss die Ansicht, dass der Platz vor den Nordhallen während der Hauptversammlung mit mehreren tausend Teilnehmern öffentlich wird. Es entstehe „ein Ort der öffentlichen Kommunikation“. Voriges Jahr war der Platz mit Gittern abgesperrt – was Aktivisten von Greenpeace nicht an einer spektakulären Aktion hinderte: Sie waren aufs Dach geklettert und entrollten ein großes Transparent, auf dem Bayer für millionenfaches Bienensterben verantwortlich gemacht wird. Im Konzern war man aber nicht komplett überrascht und konterte mit einem eigenen, allerdings wesentlich kleineren Banner.
Auch diesmal wird es um Bayer und die Bienen gehen. 635 000 Unterschriften haben Kämpfer gegen Neonikotinoide gesammelt. Die Substanz kommt in Mitteln zur Schädlingsbekämpfung vor und wird mit dem Bienensterben in Verbindung gebracht. Das Problem hat zuletzt in Rheindorf-Süd und Hitdorf an Brisanz gewonnen. Dort starben vor vier Wochen eine Million Bienen. Untersuchungen ergaben, dass Neonikotinoide die Ursache waren. Wie die Bienen mit dem Gift in Berührung kommen konnten, ist noch nicht geklärt.
Auch ein anderer Dauerbrenner hat neue Nahrung in Leverkusen bekommen: Die Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Dormagen und Leverkusen ist in den Fokus der Konzernkritiker geraten. Spätestens, seit der Chempark-Betreiber Currenta beschlossen hat, die fast fünf Jahrzehnte alte Leitung wegen der Rostprobleme in der Rhein-Unterquerung außer Betrieb zu nehmen und das Giftgas durch ein anderes Rohr schickt, fühlen sich die Warner bestätigt. Gottfried Schweitzer – der Opladener hat sich an die Spitze der Bewegung gesetzt – hat mittlerweile gar die Bezirksregierung verklagt: Er hält die Betriebsgenehmigung für die Leitung für rechtswidrig.
Weitere Themen für die heutige Hauptversammlung: Das Sterilisations-Produkt Essure, dem erhebliche Nebenwirkungen nachgesagt werden. Bayer hat es von der Pharmafirma Conceptus übernommen; die amerikanische Umweltaktivistin Erin Brockovich kritisiert das Produkt. PCB schließlich wurde bereits am Wochenende am Werkszaun groß herausgebracht. Für Diskussionsstoff ist gesorgt.