15. April 08, Leverkusener Anzeiger
Provokationen und Hoffnungen in Halle 7
Vor der Hauptversammlung hat sich auch die Opposition formiert
Halle 7, das ist eine der teuren Nord-Erweiterungen der Kölner Messe. Einige tausend Bayer-Aktionäre werden Ende nächster Woche dort hin pilgern. Sie erwarten von Werner Wenning nicht nur Erläuterungen zum abgelaufenen Rekordjahr – und den Vorschlag, einigermaßen stolze 1,35 Euro Dividende pro Aktie auszuzahlen -, sondern auch einen Blick auf die Zukunft. Wird das laufende das nächste Rekordjahr?
Bevor die Kleinaktionäre über den Messe-Boulevard wandeln, werden sie sich aller Voraussicht nach mit Provokationen auseinander setzen müssen: Proteste gegen den Konzern gehören zu einer Bayer-Hauptversammlung wie Bockwürstchen und Blechkuchen. Dafür zuständig ist die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“, von der bisher auch sämtliche Gegenanträge stammen, die am 25. April diskutiert werden müssen: Es sind drei.
Drei Aktivisten der „Coordination“ haben sich die Arbeit geteilt: Christiane Schnura, ihr Mann Axel Köhler-Schnura und Philipp Mimkes werden ihre Sicht der Dinge erläutern. Alle drei haben Rederecht; das macht im Zweifel dreifache Redezeit für die organisierten Konzernkritiker. Das Ehepaar Schnura hat sich jeweils einen Punkt herausgepickt: Christiane Schnura beschreibt gefährliche Emissionen im Bayer-Werk Institute / West Virginia, Axel Köhler-Schnura widmet sich der heiß diskutierten und derzeit gerichtlich gestoppten Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen den Werken Dormagen und Uerdingen. Mimkes wird ein Potpourri neuerer – so seine Sicht – Bayer-Verfehlungen thematisieren und fordern, nicht nur dem Vorstand, sondern auch dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Beides aber ist unabdingbar in der Anteilsschein-Demokratie der Aktiengesellschaften.
Mimkes kritisiert, dass Bayer erst im vorigen November sein Herzmittel Trasylol vom Markt genommen hat, obwohl schon vor Jahren „überdurchschnittlich oft schwere Nebenwirkungen wie Nierenschäden, Herzinfarkte oder Schlaganfälle“ erkannt worden seien. Auch der Plan, weitere Müllverbrennungsanlagen zu errichten, wird geächtet: In Dormagen und Brunsbüttel will Bayer Öfen bauen, die auch der Dampferzeugung dienen. Die Kritiker bezweifeln, dass Bayer die Kapazität selbst benötigt und gehen von Müllimporten aus. Auch der Bau von Steinkohlekraftwerken in Uerdingen, Antwerpen und Brunsbüttel wird kritisiert – diesmal wegen des CO-Ausstoßes. Ebenfalls auf der Mängelliste: die Geschäfte mit Burma, diverse Preiskartelle, die Versuche, Hormon-Therapien bei Männern zu etablieren und der nach Nordrhein-Westfalen eingeschleppte Gen-Raps. THOMAS KÄDING
Weitere Informationen zum „Potpourri neuerer Bayer-Verfehlungen“ unter: http://www.cbgnetwork.de/2367.html