Greenpeace Magazin, Februar 2004
„Skrupellose Chemieindustrie“
Mit welchen Methoden die US-Chemieindustrie schärferen Vorschriften entgehen will, enthüllt ein Strategiepapier des amerikanischen Chemieverbands (ACC), das der Umweltorganisation „Environmental Working Group“ zugespielt wurde. Kernpunkt der Geheimkampagne ist es, Chemikalientests zu verhindern, wie sie kalifornische Umweltgruppen fordern und die EU vorschreibt – auch mit schmutzigen Tricks:
Journalisten sollen angeworben, Kritiker sollen bespitzelt und in die Nähe von Terroristen gerückt werden. Zudem sollen eigene „Umweltinitiativen“ gegründet werden, die das Vorsorgeprinzip diskreditieren sollen, nach dem nur Stoffe in die Umwelt entlassen werden dürfen, die sich in Tests als unbedenklich erwiesen haben.
„Diese Geheimdienstmethoden zeigen, wie skrupellos die Chemieindustrie vorzugehen bereit ist“, empört sich Philipp Mimkes von der Initiative „Coordination gegen Bayer-Gefahren“. Auch Jürgen Rochlitz, Chemieprofessor und Mitglied der Störfallkommission, ist entsetzt über die Vorgehensweise der Chemieindustrie. Er fordert die deutschen Konzerne Bayer, BASF und Degussa auf, deren amerikanische Tochterunternehmen aus dem ACC zurückzuziehen. Um auch künftig – trotz vorhandenen Wissens – nicht auf gesundheitliche oder ökologische Risiken durch ihre Produkte hinweisen zu müssen, empfiehlt der ACC seinen Mitgliedern, in den nächsten zehn Jahren 250 Millionen Dollar in Lobbyarbeit und Spenden zu investieren.