160 Jahre BAYER
Kein Grund zum Feiern
Am 1. August vor 160 Jahren entstand der BAYER-Konzern. Für die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) ist das kein Anlass zum Feiern. „Von Beginn an war BAYER nur auf eins aus: Profit. Und das geht bis heute zu Lasten von Mensch, Tier und Umwelt“, konstatiert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann.
Das Unternehmen startete 1863 in Wuppertal als Farbstoff-Fabrikant. Da die deutschen Länder damals keine ausländischen Patente anerkannten, konnte das Werk die bis dahin marktbeherrschenden englischen Verfahren einfach kopieren und darauf ein erfolgreiches Geschäftsmodell aufbauen. Die giftigen Rückstände, die dabei en masse abfielen, setzten die AnwohnerInnen starken Belastungen aus. Es kam zu den ersten Protesten in der Geschichte des Konzerns und zu ersten Entschädigungszahlungen.
Nach und nach erweitert BAYER das Sortiment, zu den Farben kommen Medikamente, Pestizide, synthetische Stoffe und Foto-Chemikalien hinzu. Weil in Wuppertal Erweiterungsflächen fehlen und zudem das Abwasser mehr und mehr zum Problem wird, errichtet das Unternehmen ein neues Werk in der Nachbarstadt Leverkusen und verlegt 1912 auch seinen Stammsitz dorthin.
Im Ersten Weltkrieg entwickelt die Firma chemische Kampfstoffe, nimmt Einfluss auf die Bestimmung der Kriegsziele und fischt im „Menschenbassin Belgien“ nach ZwangsarbeiterInnen. Auch dem Faschismus steht die Aktien-Gesellschaft treu zu Diensten. Die von BAYER mitgegründete IG FARBEN bildet die ökonomische Basis des Hitler-Regimes. Sie erstellt den Vierjahresplan zur Umstellung der Produktion auf eine Kriegswirtschaft und liefert den Nazis nicht nur Brandbomben, Handgranaten und Maschinengewehre, sondern mit Zyklon B auch die Mordwaffe für die Tötung von Millionen von Juden. Sogar ein eigenes KZ betrieb die IG auf dem Gelände von Auschwitz. Überdies setzte der Konzern KZ-Häftlinge systematisch der Tortur von Menschenversuchen aus.
Die AnklägerInnen der Nürnberger Prozesse schufen wegen des Umfangs der Verbrechen einen Verfahrensstrang, der sich ausschließlich mit der IG FARBEN beschäftigte. 13 ihrer Manager erhielten Haftstrafen. Aber sie kamen schon bald wieder frei, denn im Zuge des Kalten Krieges hatte sich das politische Klima gewandelt. Die neuen Zeiten sorgten auch dafür, dass die im Kriegsverbrecher-Tribunal beschlossene Zerschlagung des Mörders-Konzerns nicht umgesetzt wurde. Es blieb bei einer Entflechtung, welche die tragenden Säulen BAYER, BASF und HOECHST unangetastet ließ. Damit war ein Neustart der „drei Schwestern“ ohne allzu große Komplikationen möglich. Und die alte IG FARBEN existierte fort bis in die 1990er Jahre, BAYER erwog sogar einen Neustart der Geschäftstätigkeit.
Jedes der drei Unternehmen erreichte jedenfalls 20 Jahre nach Kriegsende für sich allein bereits wieder eine Größe, die derjenigen der IG FARBEN auf ihrem Höhepunkt entsprach. Die drei Konzerne teilten sich in enger und wohlüberlegter Absprache Produktion, Märkte und Profite. BAYER war zuständig für die Sparten Chemie, Kunststoffe, Landwirtschaft und Arzneien. Und war wieder in aller Welt präsent. Wobei der Konzern seiner Tradition als Hersteller chemischer Waffen treu blieb, in die Produktion von AGENT ORANGE verwickelt war und der US-Armee in den 1980er Jahren VX-Kampfstoffe lieferte.
Und dann sind da noch die Millionen und Abermillionen Tonnen giftiger Rückstände, die bei der Produktion abfallen. Für ein Übriges sorgten die Produkte selbst wie etwa PCBs und Pestizide. Medikamente gerieten immer wieder wegen ihrer lebensbedrohlichen Risiken und Nebenwirkungen in die Schlagzeilen. Das erste Mal geschah dies mit HEROIN, das BAYER als Fiebermittel verkaufte und trotz der Warnungen von MedizinerInnen aus aller Welt vor dem Suchtpotenzial und trotz der Forderungen nach Einstellung des Vertriebs noch Jahre auf dem Markt hielt. Weitere Medizin-Skandale lösten HIV-kontaminierte Blutplasma-Präparate und der Cholesterinsenker LIPOBAY aus.
Um die Jahrtausendwende dann die „Konzentration auf das Kerngeschäft“. Das Foto-, Chemie- und Kunststoff-Segment wurden nach und nach abgestoßen, was die Vernichtung zehntausender Arbeitsplätze bedeutete. Zugleich sollte die Agrar-Sparte mit dem Aufkauf von MONSANTO zum Weltmonopol ausgebaut werden. Die weltbekannten Verbrechen der „schlimmsten Firma der Welt“ incl. Glyphosat, Gentechnik und AGENT ORANGE schreckten BAYER dabei nicht.
Alles in allem sieht sich der BAYER-Konzern damit jetzt zu seinem 160. Geburtstag mit dem Verfall der BAYER-Aktie und Aufspaltungsforderungen konfrontiert.
Büßen müssen das alles vorneweg die Belegschaften des BAYER-Konzerns in aller Welt. Bereits 2018 hatte der Multi ein Spar-Programm verkündet, das nicht weniger als 12.000 Stellen zur Disposition stellte. Es waren schon immer die Beschäftigten, welche die Folgen der Fehlentscheidungen von BAYERs Chef-Etage zu tragen hatten. Auf ihrem Rücken erwirtschaftet der Global Player seine Renditen, soziale Rechte gewährt er nie kampflos. Gegen die Einführung der Mitbestimmung etwa setzte das Unternehmen sich mit allen Mitteln zur Wehr, kritischen GewerkschaftlerInnen machte er das Leben schwer.
Marius Stelzman, Geschäftsführer der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), fasst zusammen: Der Blick in die Geschichte zeigt: 160 Jahre BAYER sind 160 Jahre schrecklicher Verbrechen zu Lasten der Allgemeinheit. Es ist allerhöchste Zeit, dass BAYER gestoppt und unter demokratische Kontrolle gestellt wird.“