17. Dezember 2008, Rheinische Post
„Wir gehen bis nach Karlsruhe“
Die Bürgerinitiative COntra-Pipeline erwartet für das Frühjahr das Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, bei dem entschieden wird, ob beim Bau der CO-Pipeline ein „öffentliches Interesse“ besteht. Gestritten wird auch über die anzuwendende Sicherheitsnorm.
„Wir sind nicht gegen eine Pipeline, wir sind gegen das Giftgas, das durch die Rohre geführt werden soll.“ Erich Hennen, Sprecher der Bürgerinitiative COntra-Pipeline schaut auf ein ereignisreiches Jahr zurück. Im Konflikt der Giftgasleitungsgegner mit der Bayer AG haben sich die Fronten verhärtet.
Noch immer geht es um die Sicherheit der Pipeline und das Gemeinwohl der Anlieger. Streitpunkt zwischen dem Chemiekonzern und den Pipelinegegner, zu denen auch die Stadt Duisburg gehört, ist die anzuwendende Sicherheitsnorm.
Doch Hennen glaubt, dass der Bau der CO-Pipeline allein nie genehmigt worden wäre. „2005 wurde im Raumänderungsverfahren eine Trasse mit vier Leitungen geplant, darunter auch die CO-Pipeline. Die Baumaßnahme wurde genehmigt. Bei vier Leitungen gab es für die Bezirksregierung damals ein öffentliches Interesse. Übrig geblieben sind heute nur die CO-Pipeline und eine Gasleitung von Mettmann nach Uerdingen“, zeigt sich Hennen enttäuscht und bezweifelt, dass dieses öffentliche Interesse noch immer gegeben ist.
„Wenn die Leitung sicher wäre, gäbe es auch kein Problem. Aber die Pipeline ist nicht nach Norm gebaut und birgt ein enormes Risiko. Die Sicherheit der Bürger steht hier gegen die Interessen eines privatwirtschaftlichen Konzerns“, so der Sprecher der Bürgerinitiative. 67,2 Kilometer zieht sich das 5,1 Millimeter dicke Stahlrohr mit einem Durchmesse von 25 Zentimetern von Dormagen nach Uerdingen durch den Boden. Wenn die Pipeline fertig gestellt sein wird, soll hier, wenn es nach Bayer geht, das giftige Gas CO durchgeleitet werden. Öffnet sich ein Leck, so haben Umstehende kaum eine Chance. Nach sieben Atemzügen tritt der Tod ein. „30 Prozent aller Pipelinerohre werden von oben beschädigt. Davon sind rund vier Fünftel der Vorfälle durch Bagger verursacht“, sagt Hennen.
Um das zu verhindern, hat die Bayer AG Schutzmatten über die Rohre legen lassen. Diese so genannten Geo-Grid-Matten sollen dafür Sorge tragen, dass Bagger die Leitung nicht zerfetzen. „In einem Versuch, den wir gemeinsam mit der Stadt durchgeführt haben, konnte die Sicherheitsmatte sogar mit Händen zerstört werden. Das ist kein sicherer Schutz“, so Hennen.
Er wartet noch immer auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf. Am 15. Juni sollte die Bezirksregierung gemeinsam mit Bayer Unterlagen nachreichen, um das Gemeinwohl zu begründen. Der Termin verstrich. Das Gericht setzte eine neue Frist für den 15. Oktober. „Das haben die dann geschafft. Um 22.20 Uhr sind die Unterlagen per Fax beim Gericht eingegangen“, berichtet der Diplom-Ingenieur. „Wir hoffen, dass das Gericht im späten Frühjahr des kommenden Jahres tagen wird. Wir werden dabei die Kläger aus Monheim und Langenfeld unterstützen. Jetzt geht es ans Eingemachte“, zeigt sich Hennen kämpferisch. „Wenn es nötig wird, ziehen wir bis zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe.“ VON STEFAN OSSENBERG