CO-Pipeline: Gegenantrag zur Hauptversammlung am 25. April 2008
Hiermit zeige ich an, dass ich zu Punkt 2 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen Aktionäre veranlassen werde, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen.
Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet
Die Planungen des BAYER-Konzerns, hochgiftiges Kohlenmonoxid (CO) zwischen den Werken Dormagen und Krefeld mitten durch dichtbesiedeltes Gebiet zu leiten, lösen große Befürchtungen in der Bevölkerung aus. Das Vorhaben ist ohne Beispiel. Das Regierungspräsidium Düsseldorf räumt ein, dass „zu Kohlenmonoxidfernleitungen keine umfänglichen Erfahrungsberichte existieren, da es sie weltweit kaum gibt“.
Eindeutiger ist die Gefahrenlage. Ein Gutachten der Stadt Ratingen kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als 100.000 Anwohner durch einen Bruch der Pipeline gefährdet wären. „Wenn hier etwas passiert, ist halb Hilden platt“, so ein für den Katastrophenschutz zuständiger Feuerwehrmann. Drastischer noch drückt es Monheims Bürgermeister Thomas Dünchheim (CDU) aus, der von einem „Todesstreifen“ entlang der Pipeline spricht. Entlang der Strecke werden regelmäßig Mahnwachen organisiert, mehr als 80.000 Protest-Unterschriften wurden bereits gesammelt. CDU und SPD beteiligen sich vor Ort an den Protesten.
Schäden bis hin zum Vollbruch der Leitung sind in einem erdbebengefährdeten Gebiet wie der Rheinschiene nicht abwegig. Auch Beschädigungen durch Korrosion, Bauarbeiten, Flugzeugabstürze oder terroristische Anschläge sind möglich. Die Städte Monheim, Hilden, Erkrath und Langenfeld reichten daher Klage gegen das Projekt ein.
Die erhöhte Gefahr für die Anwohner und die notwendigen Enteignungen werden von BAYER und Landesregierung mit „Vorteilen für das Allgemeinwohl“ gerechtfertigt. Tatsächlich gibt es diese Vorteile aber nicht. Dem Bau der Leitung liegen ausschließlich Profit-Interessen von BAYER zu Grunde, denn die geplante Pipeline soll lediglich für eine bessere Auslastung der Anlagen in Dormagen und Krefeld sorgen. Statt Kohlenmonoxid über eine 67 km lange Pipeline zu leiten, könnte BAYER ebensogut eine moderne CO-Produktionsanlage in Krefeld bauen. Hierdurch ließe sich zum einen der Ausstoß von Treibhausgasen verringern, zum anderen könnte die Gefährdung der Anwohner der Pipeline gänzlich vermieden werden. Wegen höherer Kosten hat BAYER diese Lösung des Problems jedoch bislang ausgeschlossen.
Hinzu kommt, dass die von BAYER versprochene Sicherung von Arbeitsplätzen weder belegt noch garantiert wird. Im Gegenteil – wahrscheinlicher ist, dass nach Inbetriebnahme der Pipeline die CO-Produktionsanlage in Krefeld geschlossen wird und Arbeitsplätze wegfallen. Denn in Krefeld setzt BAYER für die Kohlenmonoxid-Produktion bislang eine veraltete, energieintensive Technik ein. Im November 2006 musste die Anlage nach einem Brand gar wochenlang stillgelegt werden.
Wie wenig dem Arbeitsplatz-Argument zu trauen ist, beweist auch die Ankündigung von BAYER MATERIAL SCIENCE, dem Auftraggeber der Pipeline, trotz eines Rekord-Gewinns im vergangenen Jahr ein Zehntel der Belegschaft wegzurationalisieren. Weltweit sollen 1.500 Arbeitsplätze vernichtet werden.
Nach Ansicht der Coordination gegen BAYER-Gefahren und anderer Initiativen existiert keine Rechtsgrundlage für das Projekt. Die Enteignungen und die Gefährdung der Bevölkerung sind durch höhere Gewinne für BAYER nicht zu rechtfertigen. Der Bau der Pipeline wäre zudem ein gefährlicher Präzedenzfall – künftig könnten sich andere Firmen auf die Genehmigung von BAYER berufen. Ich fordere daher einen sofortigen Stopp der Bauarbeiten und der Enteignungsverfahren. Die noch ausstehende Betriebsgenehmigung darf nicht erteilt werden.
Die Rechtsauffassung der Pipeline-Kritiker wurde Mitte Dezember vom Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt. Das OVG hat einen Betrieb der Pipeline untersagt. Die OVG-Richter urteilten, in dem Enteignungsgesetz werde nicht erklärt, inwiefern die Allgemeinheit vom Privatinteresse des BAYER-Konzerns profitiere. Die Entscheidung des Gerichts kann bis zur Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht angefochten werden, der Prozess wird sich voraussichtlich über mehrere Jahre hinziehen.
Trotz des eindeutigen Votums des OVG und trotz weitverbreiterter Sorgen in der Bevölkerung weigert sich der Konzern, den Bau der Pipeline einzustellen. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung und soll daher nicht entlastet werden.
Um Mitteilung dieses Gegenantrags sowie der Begründung darf ich gemäß §§ 125, 126 AktG bitten.
Axel Köhler-Schnura
Vorstandsmitglied Coordination gegen BAYER-Gefahren