Hamburger Morgenpost
Hauptversammlung mit Handgemenge
Protest gegen Gen-Saat / Harte Zeiten für die Bayer AG
KÖLN – Eine Gruppe britischer
Demonstranten hat gestern die
Hauptversammlung der Bayer AG zu Beginn
unterbrochen. Sie protestierten gegen die
Einführung von genetisch manipuliertem
Saatgut in Großbritannien. „Nieder mit
Bayer“, schrie ein Demonstrant, der etwa
fünf Meter an einer Wand am Rande des
Podiums hochgeklettert war. Die Aktionäre
des Bayer-Konzerns dürften ebenfalls
schlechter Stimmung gewesen sein. Denn
der scheidende Vorstandschef Manfred
Schneider verkündete überwiegend negative
Nachrichten. Die Konjunkturflaute und
Umsatzausfälle durch die Rücknahme des
Medikaments Lipobay machen dem Chemie-
und Pharmakonzern auch 2002 zu schaffen.
In allen vier Geschäftsbereichen –
Gesundheit, Pflanzenschutz, Polymere und
Chemie – brach im ersten Quartal der
Gewinn ein. Der Konzernumsatz im
fortzuführenden Geschäft blieb mit sieben
Milliarden Euro um sechs Prozent unter dem
Vorjahreswert. Das operative Ergebnis vor
Sonderposten verringerte sich sogar um 46
Prozent auf 493 Millionen Euro.
Schneider, der nach zehn Jahren auf dem
Bayer-Chefsessel auf den Posten des
Aufsichtsratsvorsitzenden wechseln will,
dürfte es schwer fallen, gerade jetzt die
Zügel aus der Hand zu geben. Acht Mal
hintereinander hatte der Vorstandschef die
Aktionäre mit Rekordergebnissen verwöhnt.
Schneider holte nach fast 75 Jahren für
Bayer die Rechte am eigenen Namen in den
USA zurück. Er brachte die Bayer-Aktie an
die Wall Street und sorgte dafür, dass sich
der Unternehmenswert verdreifachte.
Doch ausgerechnet im letzten Jahr seiner
Verantwortung ging fast alles schief. Zwar
gelang Schneider gerade noch, das Ruder
rumzureißen, doch für Nachfolger Werner
Wenning bleibt noch eine Menge zu tun. Ihm
dürfte helfen, dass er den Konzern in- und
auswendig kennt: Wenning, 55 Jahre alt,
begann am 1. April 1966 als Lehrling im
Hause Bayer. (AP/dpa)