Coordination gegen BAYER-Gefahren
Presse-Information vom 22. August 2006
Nach dem Skandal in den USA:
„Gen-Reis von Bayer nicht in der EU zulassen!“
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert die europäischen Behörden auf, keine Import-Genehmigung für gentechnisch veränderten Reis zu erteilen. Der jüngste Skandal in den USA belege, dass sich die Risiken von modifizierten Pflanzen nicht kontrollieren ließen.
Am Wochenende hatten US-Behörden bekannt gegeben, dass in mehreren amerikanischen Bundesstaaten herkömmlich angebauter Reis mit der von BAYER CropScience hergestellten Sorte LL 601 kontaminiert ist. Der genmanipulierte Reis ist resistent gegen das von BAYER hergestellte Herbizid Liberty Link. Die US-Landwirtschaftsbehörde kennt weder den genauen Umfang der Verunreinigung noch ihre Ursache. Japan verhängte daraufhin einen sofortigen Import-Stopp für Langkorn-Reis aus den USA. In der Europäische Union kam der kontaminierte Reis offenbar bereits in den Handel.
Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Der Fall bestätigt alle Befürchtungen: eine nicht zugelassene gentechnisch veränderte Reis-Sorte landet in der Nahrungskette, und niemand weiß, wie sie dort hineingelangt ist. Der Umfang der Verunreinigung ist ebenso unklar wie die gesundheitlichen Risiken für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Dies muss Konsequenzen für die Zulassung von Gen-Reis in der EU haben“. BAYER hatte 2003 in der EU eine Import-Zulassung für genmanipulierten Reis der Sorte LL 62, der ebenfalls gegen Liberty Link resistent ist, beantragt. Insgesamt neun EU-Mitgliedsstaaten äußerten Bedenken, weswegen die European Food Safety Authority (EFSA) bis heute keine Zulassung erteilt hat. Die CBG fordert die Bundesregierung auf, sich gegen eine Importgenehmigung von LLRice62 auszusprechen.
BAYER ist weltweit zweitgrößter Anbieter von gentechnisch verändertem Saatgut. In Europa will das Unternehmen gentechnisch veränderte Pflanzen wie Raps, Zuckerrüben, Kartoffeln und Mais in den Markt drücken. Die weltweit folgenschwerste Entscheidung betrifft jedoch die Zulassung von Gen-Reis. Neben den Risiken für die Konsumenten stehen dabei besonders die Auswirkungen in den Anbau-Ländern, vornehmlich in Asien, im Blickpunkt. Philipp Mimkes: „Die Einführung von Gen-Reis hätte dramatische Konsequenzen. Millionen Bauern in den Ländern des Südens, die bislang durch Tausch und Eigenzüchtungen ihr Saatgut selbst produzieren, drohen in Abhängigkeit von multinationalen Konzernen zu geraten – die Verwendung ihrer Ernte als Saatgut wäre wegen des Patentschutzes künftig verboten. Durch den bereits in der „grünen Revolution“ beobachteten Konzentrationsprozess würden Millionen Landwirte ihre Existenz verlieren und in die Elendsgebiete rund um die Metropolen abwandern.“
Dr. Suman Sahai, Direktorin der indischen Initiative Gene Campaign, warnt vor den ökologischen Risiken für ihr Heimatland: Lokal angepasste Reissorten würden durch Hochertragssorten verdrängt, was zu erhöhten Schädlingsaufkommen, verstärktem Einsatz gefährlicher Pestizide und einer Verringerung der Artenvielfalt führt.
Financial Times Deutschland, 29. August 2006
Amerikanische Bauern verklagen Bayer
Amerikanische Landwirte haben die Bayer-Tochter Crop Science verklagt. Die Bauern machen das Unternehmen für Belastungen durch Handelshemmnisse und den jüngsten Preisverfall beim US-Reis verantwortlich, nachdem eine Genreis-Sorte von Bayer auf den Lebensmittelmarkt gelangt war.
Die Klageschrift der Bauern sei am Montag beim Bezirksgericht in Little Rock im Bundesstaat Arkansas eingereicht worden, teilten die Anwälte der Landwirte mit. Bayer Crop Science hat ihrer Ansicht nach nicht verhindert, dass zum Verbrauch nicht zugelassener Genreis in die Nahrungsmittelkette gelangt sei. Wegen dieses Vorfalls hätten die Bauern nun Einbußen hinzunehmen. Ein Bayer-Vertreter war zunächst nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen.
Die Europäische Union und Japan hatten Einfuhrbeschränkungen für US-Reis eingeführt. Die EU-Kommission beschloss in der vergangenen Woche, Langkornreis aus den USA nur noch zum Import zuzulassen, wenn er nachweislich keine Anteile der nicht zugelassenen Crop-Science-Sorte enthält. Deshalb verlangt die Kommission Tests und Zertifizierungen durch Labore. Japan setzte die Importe sogar vorübergehend aus. Außerdem brach der Preis für US-Reis ein.
Großteil des US-Reises für Export bestimmt
Obwohl die USA auf dem Weltmarkt nur ein kleiner Reisanbieter sind, sind die amerikanischen Landwirte auf die Verkäufe ins Ausland angewiesen. Etwa die Hälfte der Reisernte geht in den Export.
In den USA war Ende Juli aus bisher nicht geklärten Gründen eine Genreis-Sorte von Bayer Crop Science in für den Lebensmittelmarkt bestimmten Reisbeständen entdeckt worden. Es war der erste derartige Fund bei Reis in den USA. Der Genreis enthält ein spezielles Eiweiß, das die Sorte widerstandsfähiger gegen Unkrautvernichtungsmittel macht. Nach Angaben von US-Behörden führt der Verzehr des Genreises nicht zu gesundheitlichen Störungen.
Frankfurter Rundschau, 21. August 2006
USA: Genreis entdeckt
Washington – Nicht zugelassener Genreis von Bayer ist in den USA in Reis-Containern für den Markt entdeckt worden. Bei den Spuren handele es sich um die Genreis-Sorte Llrice 601, die ein Protein enthalte, das den Reis gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel resistent mache, so das US-Landwirtschaftsministerium. Gefahr für Verbraucher oder Umwelt bestehe nicht.
Es ist unklar, woher der Genreis genau stammt. Mit der Sorte wurden in den USA Feldversuche unternommen, die aber 2001 endeten. Bayer arbeite eng mit den Behörden zusammen, so der Konzern.
Pläne, den verunreinigten Reis zurückzurufen oder gar zu zerstören, gibt es nicht. „Es gibt nichts, was wir gesehen haben, das diesen Schritt rechtfertigen würde“, sagt US-Landwirtschaftsminister Mike Johanns. Eine Untersuchung sei eingeleitet.
Bayer Crop-Science, Pflanzenschutztochter des Konzerns, hat inzwischen die Zulassung der Genreis-Sorte in den USA beantragt – obwohl Bayer nach eigenen Angaben nicht vorhat, die Reis-Sorte in den USA zu vermarkten.
Verbraucherschützer sparen nicht mit Kritik. „Die Biotech-Industrie handelt weiter unverantwortlich und ohne die Regeln zu beachten“, sagt Greg Jaffe vom Center for Science in the Public Interest: „Der Vorfall wird nur die Unsicherheit der Verbraucher im Hinblick auf die Technik verstärken.“
Experten gehen davon aus, dass die USA in diesem Jahr eine Reis-Ernte im Wert von 1,88 Milliarden Dollar haben; die Hälfte davon ist für den Export bestimmt. US-Reis-Pflanzer haben derzeit einen Anteil von etwa zwölf Prozent am weltweiten Reis-Handel. rtr
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Tiscali.de, 24. August 2006
EU zieht Reis-Leine
Die EU-Kommission hat einen Importstopp für Reis aus den USA verhängt. Zuvor wurden im herkömmlichen amerikanischen Reisanbau Spuren einer nicht zugelassenen Gen-manipulierten Reissorte entdeckt.
Die EU-Kommission in Brüssel hat am Mittwoch praktisch ein Einfuhrverbot für amerikanischen Langkornreis erlassen. Langkornreis aus den USA darf ab sofort nur noch dann in die EU eingeführt werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass er keine Spuren der gentechnisch veränderten, nicht zugelassenen Pflanze LL Rice 601 enthält, berichten Nachrichtenagenturen.
Da es hierfür jedoch noch keine anerkannte Testmethode gebe, kommt die Maßnahme zumindest zwischenzeitlich einem Importstopp gleich. So solle verhindert werden, dass verunreinigter US-Reis in die Lebensmittelkette der EU gelange, begründete ein Kommissionssprecher die Entscheidung.
Bereits am vergangenen Wochenende hatten US-Behörden bekannt gegeben, dass in zwei US-Bundesstaaten, Missouri und Arkansas, herkömmlich angebauter, aber dennoch genmanipulierter Reis gefunden worden sei. Das Korn sei mit der von Bayer CropScience hergestellten Genreis-Sorte LLRice 601 kontaminiert, hieß es. Die Pflanzenschutzsparte des Bayer-Konzerns hätte die Verunreinigung selbst im Juli entdeckt und den US-Behörden gemeldet.
Fünf Jahre zurückliegender Feldversuch
Wie das manipulierte Gen in den Reis kam, konnten jedoch weder die US-Behörden noch der Bayer-Konzern mitteilen. Der Vorfall werde untersucht, ließ US-Landwirtschaftsminister Mike Johanns dazu verlautbaren. In einer Stellungnahme des Bayer-Konzerns ist man sich zumindest sicher, dass der Reis unschädlich „für die Gesundheit, für den Einsatz in Nahrungs- und Futtermitteln wie auch für die Umwelt“ sei.
Die vom Leverkusener Chemie-Riesen aufgekaufte Firma Aventis Crop Science hätte den gegen mehrere Herbizide resistenten LLRice 601 in einem mehrjährigen, 2001 angeblich beendeten Feldversuch entwickelt. Der Reis wurde bisher weder in Europa noch den USA zugelassen.
Beleg für „Unkontrollierbarkeit“ der Gentechnologie
Für einen der größten Reisimporteure der Welt, Japan, reichten diese Informationen aus, um bereits am Wochenende einen sofortigen Einfuhrstopp für Langkornreis aus den Vereinigten Staaten zu verhängen.
Nun zog Europa nach und gab damit der Forderung von Umweltorganisationen statt. Für den Gentechnik-Experten von Greenpeace, Alexander Hissting, belege dieser neue Fall einmal mehr eindrucksvoll die von Gentechnik-Gegnern immer wieder behauptete Unkontrollierbarkeit der Gentechnologie. So sei es nicht möglich, die herkömmliche Landwirtschaft vor der Genmanipulation zu schützen.
Präzedenzfall Süßmais
Es wird auch der EU-Kommission, die in der Vergangenheit tendenziell eine gentechnik-freundliche Politik unterstützte und noch in diesem Jahr über eine Zulassung von LLRice 601 zu entscheiden hat, schwer fallen, diesen Einwand zu entkräften.
Bereits bei der Aufhebung des sechsjährigen „Gentechnik-Moratoriums“ im Jahr 2004 durch die Zulassung der Genmais-Sorte BT11 setzten sich das Brüsseler Gremium und mit ihr die Gen-Food-Industrie kräftig in die Nesseln. Ein Jahr nach der Zulassung stellte sich heraus, dass die Schweizer Firma Syngenta statt des zugelassenen BT11 „versehentlich“ den nicht zugelassenen Süßmais BT10 vertrieb und eigentlich gar nicht in der Lage sei, die beiden Sorten zuverlässig zu unterscheiden.
Das Unternehmen versicherte daraufhin, „binnen weniger Tage“ ein Test- und Zertifizierungsverfahren zur Unterscheidung der beiden Sorten zu entwickeln. Ein solches Verfahren war die Bedingung für die Aufhebung des damals verhängten Importstopps. Seitdem sind nicht nur wenige Tage, sondern mehr als ein Jahr verstrichen. Auf das Testverfahren wartet Brüssel noch heute.
Carsten Wollenweber
SPD Bundestagsfraktion
Bayer soll aktiv über nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Reis informieren
Zu seinem offenen Brief an die Bayer AG, alle Informationen über das Vorkommen von nicht zugelassenem gentechnisch veränderten Reis offen zu legen, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber:
Es ist schade, dass Bayer CropScience im Falle des nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Reises die Chancen eines offenen Umgangs mit Informationen nicht nutzt. Wer davon überzeugt ist, dass von der Grünen Gentechnik keine Gefahren ausgehen, müsste gerade in solch einem Falle mit einem Höchstmass an Transparenz dazu beitragen, dass alle Fragen umgehend geklärt werden.
Wer sich in diesen Tagen auf der Website von Bayer CropScience über die Vorkommnisse im Zusammenhang mit nicht zugelassenem gentechnisch veränderten Reis in den USA informieren will, findet leider nur ein paar dürre Zeilen, in denen unter Hinweis auf amerikanische Behörden versichert wird, dass keine Gefahr bestehe. Kein Wort darüber, dass es sich um den nicht zugelassenen gv-Reis LL601 handelt, der zuletzt im Jahre 2001 in den USA im Erprobungsanbau freigesetzt worden ist und für den bisher keine Zulassung beantragt oder erteilt worden ist.
Es stellen sich viele Fragen, an deren Beantwortung die Firma Bayer ein hohes Interesse haben sollte: Wie kann das sein, dass nicht zugelassener gentechnisch veränderter Reis noch mehrere Jahre nach Abbruch der Versuche in Lebensmitteln vorhanden ist und offenbar erst jetzt entdeckt wurde? Wenn Bayer jetzt die Zulassung beantragen will, müssen wir eventuell daraus schliessen, dass der Reis vermutlich nicht nur in den beschlagnahmten Container enthalten war und uns noch länger beschäftigen wird? In welchen Produkten könnte dieser Reis enthalten sein? Und natürlich stellt sich auch die Frage: Warum wurden die Versuche 2001 abgebrochen, wenn das in dem Reis enthaltene Protein so sicher für Mensch und Umwelt ist?
Wir diskutieren in diesen Wochen nicht nur über das Gentechnikgesetz, auch das Verbraucherinformationsgesetz wird im September noch einmal den Bundesrat beschäftigen. Es stellt einen grossen Fortschritt dar, weil es mehr Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher bringen und dazu beitragen wird, dass Qualität sich am Markt durchsetzen kann. Wir haben – auf Wunsch der Wirtschaft und auch unseres Koalitionspartners – darauf verzichtet, bereits jetzt einen Informationsanspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber den Unternehmen darin zu verankern. Mit der Union sind wir uns jedoch einig darin, dass die Informationen am besten bei den Unternehmen selbst verfügbar sind und dass diese deshalb ihre Angebote verbessern müssen. Der vorliegende Fall könnte ein Testfall dafür sein, wie ernst es die Wirtschaft mit der versprochenen Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher meint.