17. August 2001
Nach dem LIPOBAY-Skandal
„Medikamenten-Kontrolle von Grund auf reformieren“
Nach dem Skandal um den Cholesterin-Senker LIPOBAY fordern Verbraucherschützer eine von Grund auf reformierte Medikamenten- Aufsicht. In der Kritik stehen besonders die Zulassung von Medikamenten ohne Wirksamkeits-Nachweis sowie die fehlenden Kontrollen von auf dem Markt befindlichen Pharmazeutika.
Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren:
„Kein Arzt kann bei 50.000 Medikamenten den Überblick behalten.
Die Pharmaindustrie nutzt diesen Mißstand aus, um auch unwirksame und gefährliche Präparate auf den Markt zu drücken.“ Mimkes erinnert daran, dass BAYER bis heute keinen Nachweis vorgelegt hat, dass LIPOBAY vor Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Arteriosklerose schützt. „In Norwegen, wo es keine starke Pharma-Lobby gibt, sind nur 2000 Medikamente erhältlich – trotzdem sind Norweger im Durchschnitt gesünder als Deutsche. Neue Medikamente müssen einen therapeutischen Vorteil gegenüber existierenden Präparaten nachweisen, sonst dürfen sie nicht zugelassen werden“, fordert Mimkes.
Ebenfalls in der Kritik stehen die fehlenden Kontrollen bereits zugelassener Pharmazeutika. Nach Ansicht der Verbraucherschützer müssen die Aufsichtsbehörden materiell und gesetzgeberisch gestärkt werden, um in Zukunft Nebenwirkungen von Medikamenten systematisch erfassen und risikoreiche Mittel vom Markt nehmen zu können.
„Die Tatsache, dass BAYER eine kritische Studie zu LIPOBAY über Monate zurückhalten konnte, sagt alles über das Kräfteverhältnis zwischen Pharmaindustrie und Aufsichtsbehörden“, so Mimkes weiter. „Die Politik muss hier eingreifen, denn die Gesundheit von Patienten ist wichtiger als der Profit von Pharma-Unternehmen.“
Nach Schätzungen unabhängiger Wissenschaftler müssen jährlich rund 200.000 Patienten wegen Nebenwirkungen von Medikamenten stationär behandelt werden. Mindestens 5.000 Fälle verlaufen tödlich.