14. August 2001
Vermarktungsmethoden für LIPOBAY in der Kritik:
Gratisreisen und Kopfprämien
Nach dem spektakulären Verkaufs-Stopp des Medikaments Lipobay geraten nun auch die Vermarktungsmethoden des Unternehmens Bayer in die Kritik. Ärzte berichten von Prämien und Gratisreisen, die für die Verschreibung von Lipobay in Aussicht gestellt wurden. Noch im Juli wurde das Produkt von Pharmavertretern landesweit beworben – ohne Hinweis auf die seit langem bekannten Risiken.
Der niedergelassene Arzt Dr. Udo Böhm aus Unterwössen berichtet, dass Bayer ihm eine Reise im Orient-Express offerierte – wenn er mindestens 20 Patienten auf Lipobay einstellen würde. Den Nachweis sollte er über Rezeptkopien und Patientennamen erbringen.
„Die Außendienstmitarbeiter weichen selbst dann nicht von ihren Vorgaben ab, wenn ihnen der Arzt die Unehrenhaftigkeit und Unzulässigkeit solcher Kopplungsgeschäfte und die Verletzung des Datenschutzes aufzeigt“, so Böhm.
Der Arzt Thomas Nasse beklagt, dass noch nach der ersten Warnung im Juni „eine Pharma-Referentin zu mir in die Praxis gekommen ist und das Medikament angepriesen hat“. Schon die Markteinführung von Lipobay wurde mit unlauterer Werbung begleitet: die Aussage, Lipobay könne „im Vergleich zu anderen Präparaten um das 25fache niedriger dosiert werden“, wurde jedoch vom Landgericht Köln untersagt.
Die intensiven Bemühungen von Bayer erklären sich mit dem hohen Preis des Medikaments: eine Packung Lipobay mit 100 Tabletten – ausreichend für vier bis sechs Wochen – kostet in der schwächsten Dosierung 235.90 DM.
Auch bei der Einführung des Antihypertonikums Bayotensin hatte Bayer laut einer Untersuchung der AOK Prämien von 150 Mark pro Patient bezahlt. Hierzu Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es gibt keinen Grund, bei Bayer auf Einsicht zu hoffen – in Zweifelsfällen hat das Profitinteresse Vorrang gegenüber dem Verbraucherschutz. Wir brauchen dringend eine Positivliste zur Abwehr von überteuerten und unsinnigen Medikamenten sowie verstärkte staatliche Kontrollen.“