17.01.07, Leverkusener Anzeiger
Proteste gegen Bayers Gift Handel
VON THOMAS KÄDING
Der Import von 22 000 Tonnen Hexachlorbenzol-Abfällen soll heute den Landtag beschäftigen. Der Abgeordnete Johannes Remmel (Bündnis 90 / Die Grünen) hat eine aktuelle Viertelstunde im Ausschuss für Umwelt und Naturschutz beantragt. In diesem Rahmen soll Umweltminister Eckhard Uhlenberg das Müllgeschäft aus abfall- und umweltpolitischer Sicht bewerten sowie Auskunft zu Stand und Umfang der Genehmigungen geben. Auch Remmels Parteifreund, der Leverkusener Bundestagsabgeordnete Reinhard Loske, wandte sich gestern an den Minister. Unterdessen forderte der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einen Stopp des Müllgeschäfts. Außerdem hat das australische National Toxics Network Einspruch gegen eine Export-Genehmigung für den HCB-Abfalls eingereicht, der teils seit Jahrzehnten beim Chemiekonzern Orica lagert.
Der Sondermüll soll mit Schiffen zunächst nach Brunsbüttel gebracht werden und dort auf vier Verbrennungsanlagen aufgeteilt werden. Knapp 10 000 Tonnen werden nach den Plänen von Orica mit der Bahn ins Bayerwerk gebracht, dort umgeladen und mit Lastwagen auf die Anlagen in Dormagen, im Hertener Rohstoff-Rückgewinnungszentrum und Bürrig verteilt. Letztere soll nach Bayer-Angaben den Löwenanteil jener 4500 Tonnen HCB-Müll aufnehmen, die auf Bayer entfallen.
Hexachlorbenzol gehört zum „dirty dozen“ gefährlicher Stoffe, die durch die Stockholmer Konvention weltweit verboten wurden. In Deutschland ist HCB seit 26 Jahren als Pflanzenschutzmittel nicht mehr zugelassen. Die Organchlorverbindung wurde früher vielfältig eingesetzt: in der Arznei- und Düngemittelproduktion, als Pflanzenschutz- und Desinfektionsmittel sowie im Holzschutz. Orica hatte den Export seiner HCB-belasteten Abfälle nach Deutschland beantragt, weil es in Australien keine geeigneten Verbrennungsanlagen gibt. Jahrelange Bemühungen, in der Heimat eine Anlage zu errichten, waren am Widerstand der Bevölkerung gescheitert, die Gesundheitsschäden für Mensch und Tier befürchtete.
Nach Bayer-Berechnungen dauert es rund zwei Jahre, bis der australische Giftmüll-Import in Rauch aufgegangen ist. Mitte des Jahres soll die Aktion beginnen; allerdings liegt für das Transportkonzept noch keine Genehmigung vor: An allen Standorten müssen die Bezirksregierungen ihr Okay geben. Daher sind neben dem Kölner auch die Regierungspräsidenten in Düsseldorf und Münster mit dem Giftmüll-Import befasst.