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[La Capital] Lipobay

CBG Redaktion

La Capital (Argentinien), 26. Oktober 2007 (Übersetzung ohne Gewähr)

Bayer muss für Schäden aufkommen, die durch das Medikament Lipobay verursacht wurden

So lautet das Urteil, das erstmals einem Lipobay-Geschädigten Schadensersatz zuerkennt. Der Patient aus Rosario leidet an Nierenversagen und wäre beinahe an den Nebenwirkungen von Lipobay gestorben. Bayer muss ihn mit 160.000 Peso (rund 35.000 Euro) entschädigen.

In dem Präzedenzfall verurteilte das argentinische Zivil- und Handelsgericht Nr. 2 in Rosario, Bayer für die Verbreitung des cholesterinsenkenden Mittels Lipobay. Durch dieses Mittel befand sich ein Bürger aus Rosario anfangs August am Rande des Todes.

Der Gerichtsentscheid bezieht sich dabei nur auf diesen Fall. Das fragwürdige Pharmaprodukt mit dem Hauptwirkstoff Cerivastatin wurde in Argentinien zur Senkung des Cholesterinspiegels verkauft, erzeugte jedoch schwere Nebenwirkungen. Im Jahre 2000 litten Hunderte von Patienten auf der ganzen Welt an den Folgeerscheinungen durch die Einnahme von Lipobay. Bayer nahm das Medikament im August 2001 vom Markt.

Wie viele andere Patienten litt auch Carlos Potocnik aus Rosario unter Nebenwirkungen wie Rhabdomyolyse (eine Krankheit, die zum Zerfall von Muskelgewebe führt) und chronisches Nierenversagen, woran er fast gestorben wäre.

Die Anklage
Im Juni 2002 begann Carlos Potocnik den Prozess gegen Bayer und seine verantwortlichen Repräsentanten in Argentinien. Er forderte eine Entschädigung von 571.200 Pesos Schmerzensgeld für körperliche und seelische Schäden, für die durch die Krankheit bedingte Unterbrechung seiner beruflichen Laufbahn und Möglichkeiten sowie für die Behandlungskosten.

Der Pharmakonzern wies die Klage zunächst zurück und versuchte die Tatsachen durch technische Belege zu leugnen. Bayer versuchte den Zusammenhang von Lipobay und Cervivastin und dessen Wirkung bei Herzkrankheiten hervorzuheben. Außerdem wiesen sie auf die unterschiedlichen Darreichungsformen und Gegenanzeigen mit anderen Medikamenten hin. In diesem Zusammenhang gestand das Labor ein, dass Lipobay in Kombination mit Gemfibrozil oder in seiner höchsten Dosis von 0,8 Milligramm verabreicht, wie sie Potocnik verschrieben wurde, zu Rhabdomyolyse führen kann.

Bayer betonte, dass das Medikament und die Packungsbeilage, mit den Nebenwirkungen und Gegenanzeigen, von der argentinischen Gesundheitsbehörde (Anmat. – Administración Nacional de Medicamentos, Alimientos y Tecnología Médica) abgesegnet wurde. Der Konzern versuchte damit seine Verantwortung auf die genannte Institution und die verschreibenden Ärzte abzuwälzen.

Das Urteil
Nach einem Prozess, in dem Gutachten, Beweise und Zeugenaussagen einbezogen wurden, kam das Gericht unter der Richterin Sylvia Aramberri zu einem in Argentinien ungewöhnlichen Urteil.

Nach eingehender Prüfung der Beweise gelangte das Gericht zu dem Schluss, dass die Rhabdomyolyse und das Nierenversagen auf die Einnahme von Cervistatin, der Wirkstoff von Lipobay, zurückzuführen sind. Die Richterin verwies darauf, dass dem Hersteller die Nebenwirkungen bekannt waren, diese jedoch in Kauf genommen und das Medikament trotzdem auf den Markt gebracht wurde.

Ausschlaggebend waren auch die Aussagen erfahrener Ärzte, nach denen sich die Leiden des Patienten eindeutig auf das cholesterinsenkende Mittel zurückfühen lassen. Auch die behandelnden Ärzte sahen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Einnahme des Medikaments und den gesundheitlichen und psychischen Schäden, durch die eine Behinderung von 15 % bleibt.

Die Richterin sah das Gesundheitsrisiko für den Patienten als bestätigt an. Zudem zog sie die Anwendung der Richtlinien des Nationalgesetztes 24.240 in Erwägung, die besagt, dass Dienstleistungen und Produkte nur verbreitet werden dürfen, wenn ihre Wirkungsweise absehbar und sie keine Gefährdung für die Gesundheit oder das körperliche Wohlbefinden der Verbraucher darstellen. Und kam zu dem Entschluss, dass Bayer die Richtlinien des Gesetztes nicht erfüllt hat.

Schluss endlich verurteilte das Landesgericht den Konzern Bayer und den mit angeklagten Rubén Darío González, Verantwortlicher für Bayer Argentinien, zur Zahlung von 50 tausend Pesos Schmerzensgeld, 10 tausend Peso für Behandlungskosten und 100 tausend für den beruflichen Ausfall und Wegfall der weiteren Karrierechancen. Insgesamt muss der deutsche Konzern 160 tausend Pesos zur Wiedergutmachung der erlittenen Schäden an Potocnik entrichten.