Presse Info vom 21. Februar 2008
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Preisabsprachen: Manager-Haftung gefordert
Offener Brief an Justizministerin Brigitte Zypries / BAYER an zahlreichen Kartellen beteiligt
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert eine strafrechtliche Verfolgung von Kartell-Betrügern. In einem Brief an Justizministerin Brigitte Zypries schreibt der Verein, dass „erst dann von einem abschreckenden Effekt ausgegangen werden kann, wenn die verantwortlichen Manager Gefängnisstrafen fürchten müssen.“ Der Verein bezeichnet es als eine „gesetzgeberische Fehlleistung ersten Ranges“, dass Verstöße gegen Kartellvorschriften nur mit Bußgeldern belegt sind, nicht hingegen mit Strafen.
Allein der BAYER-Konzern wurde in den vergangenen Jahren mehr als zehnmal bei Absprachen mit der Konkurrenz erwischt. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hatte daher vor zwei Jahren Anzeige gegen das Management des Unternehmens gestellt. Wegen des fehlenden Straftatbestands wurde die Klage abgewiesen – mit geradezu grotesken Begründungen („es ist in Anbetracht des Umstandes, dass viele namhafte Unternehmen an den Absprachen beteiligt waren davon auszugehen, dass diese Vereinbarungen lediglich (!) in der Absicht einer sicheren Gewinnmaximierung getroffen wurden“).
Ob beim Verkauf von Zitronensäure, Kautschuk, Medikamenten oder Diabetestests – stets sprach BAYER mit der Konkurrenz Preise und Verkaufsquoten bis auf´s Prozent genau ab. Die Zeche zahlen die Verbraucher und der Steuerzahler. BAYER argumentiert öffentlich, dass das Management Kartelle ablehnt und von existierenden Kartellen nicht wüsste. Nach Meinung der CBG ist es jedoch undenkbar, dass Entscheidungen, bei denen es um Milliarden-Beträge geht, ohne Wissen der Konzernleitung getroffen werden.
Der Brief an Justizministerin Zypries im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Ministerin Zypries,
die BAYER AG wurde in den vergangenen Jahren in einer Vielzahl von Fällen des Kartell-Betrugs überführt. Allein im Geschäftsjahr 2005 musste das Unternehmen 275 Millionen Euro zur Begleichung von Kartellstrafen zurückstellen. Der Konzern äußerte zwar mehrfach sein Bedauern, trotzdem kommt es laufend zu neuen Fällen.
Nach unserer Einschätzung bleibt die Mehrzahl solcher illegalen Preisabsprachen unentdeckt – die Zeche zahlen Verbraucher und Steuerzahler.
Der große Umfang derartiger Kartellabsprachen, die sich meist über mehrere Jahre hinziehen und die Dutzende von Treffen in allen Teilen der Welt beinhalten, sowie die Vorsorge in der Bilanzierung belegen eindeutig, dass es sich dabei nicht um einzelne Ausrutscher, sondern um eine systematische Geschäftspolitik handelt. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat daher im April 2006 Strafanzeige gegen den Vorstandsvorsitzenden des BAYER-Konzerns, Werner Wenning, sowie gegen Aufsichtsrats-Chef Manfred Schneider gestellt. Wir werfen den Managern vor, die andauernde Beteiligung des Unternehmens an illegalen Preisabsprachen geduldet oder angeordnet zu haben. Zustimmung erhielt die CBG von der EU-Wettbewerbsbehörde, die die Strafanzeige uns gegenüber als „hilfreich“ und „sinnvoll“ bezeichnete.
Die Staatsanwaltschaft Köln hat das Verfahren jedoch mit teilweise absurd klingenden Begründungen eingestellt. So heißt es beispielsweise, dass „bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen ist, dass ein weltweit agierender Konzern wie die BAYER AG letztlich durch Kartellabsprachen größere Gewinne erzielt, als wenn sie auf solche verzichten würde. (…) Es ist in Anbetracht des Umstandes, dass viele namhafte Unternehmen an den Absprachen beteiligt waren davon auszugehen, dass diese Vereinbarungen lediglich (!) in der Absicht einer sicheren Gewinnmaximierung getroffen wurden.“
Große Unternehmen werden durch eine solche Argumentation zu illegalen Handlungen geradezu ermutigt. Die Argumentation, wonach ein Rechtsverstoß dadurch gerechtfertigt wird, dass er der Gewinnmaximierung dient, läuft dem Rechtsempfinden des Normalbürgers vollkommen zuwider. Dennoch wurde eine Beschwerde unseres Anwalts von der Staatsanwaltschaft Köln abgewiesen.
Es stellt unserer Meinung nach eine gesetzgeberische Fehlleistung ersten Ranges dar, dass Verstöße gegen Kartellvorschriften nur mit Bußgeldern und evtl. zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen belegt sind, nicht hingegen mit Strafen. Angesichts der Gemeinschädlichkeit derartiger Absprachen und des dadurch verursachten enormen Schadens stimmt es merkwürdig, dass nicht einmal in schweren Fällen Straftaten vorliegen.
Wir fordern daher den Gesetzgeber auf, entsprechende Straftatbestände zu schaffen. Erst wenn die verantwortlichen Manager Gefängnisstrafen fürchten müssen, kann von einem abschreckenden Effekt ausgegangen werden.