Kanada: Umweltministerium verwarnt BAYER
„Unternehmen halten sich nicht an Gesetze“
Das Umweltministerium der kanadischen Provinz Ontario hat in zwanzig Chemie-Werken Verstöße gegen die Umwelt-Gesetzgebung des Landes festgestellt. Vier der bemängelten Anlagen gehören zum BAYER-Konzern. Im vergangenen Jahr waren aus mehreren Werken in Sarnia/Kanada giftige Chemikalien ausgetreten, woraufhin das Ministerium intensive Kontrollen angeordnet hatte.
von Philipp Mimkes
Leona Dombrowsky, Umweltministerin von Ontario, ist sauer: „Einige dieser Unternehmen halten sich nicht an die Gesetze. Wir werden jedoch unmissverständlich klar machen, dass wir keine Verschmutzung unserer Gewässer dulden. Es handelt sich um ein sehr ernstzunehmendes Verfahren.“
Im „Chemie-Gürtel“ von Sarnia treten seit Jahren immer wieder Störfälle und Gewässer-Verschmutzungen auf. Allein in den vergangenen zwölf Monaten war der durch Sarnia fließende St. Clair River dreimal mit giftigen Chemikalien kontaminiert worden. Dombrowsky ordnete daraufhin Kontrollen aller petro-chemischen Anlagen an.
Ontario ist der bevölkerungsreichste und wirtschaftlich wichtigste Bundesstaat von Kanada. Das Umweltministerium der Provinz verfügt über ein Team von Spezialisten, das eigens zur Überwachung risikoreicher Fabriken eingerichtet wurde. Landesweit wurden in den vergangenen Jahren mehr als 3.000 Kontrollen durchgeführt. In Sarnia wurden seit Februar 32 petrochemische Fabriken überprüft, insgesamt wurden dabei 26 schwere Verstöße festgestellt.
In den vier BAYER-Werken wurden fünf Gesetzesbrüche nachgewiesen, darunter „Falschdeklaration von Giftmüll“, „fehlende Zulassung risikoreicher Anlagen“ und „ungenehmigter Umbau von Abwasseranlagen“. Auch bei Fabriken der Firmen ICI, SHELL und ENTROPEX wurden schwerwiegende Mißstände aufgedeckt. Ministerin Dombrowsky ordnete Nachrüstungen an den bemängelten Anlagen an – wenn diese nicht innerhalb eines Jahres umgesetzt werden, drohen hohe Geldstrafen.
Für Bela Trebics, Umweltberater aus Wallaceburg bei Sarnia, gehen die Untersuchungen in die richtige Richtung. Trebics kritisiert jedoch, dass gegen die verantwortlichen Unternehmen keine Strafen verhängt wurden. „Wir fühlen uns noch immer nicht sicher. Ich kenne viele Leute, die aus Angst vor Vergiftungen kein Leitungswasser mehr trinken“, so Trebics. Im Trinkwasser von Wallaceburg, das aus dem St. Clair River gewonnen wird, war in den vergangenen Jahren mehrmals giftige Chemikalien entdeckt worden. Die umliegenden Gemeinden von Sarnia mussten die Wasser-Entnahme aus dem Fluss unterbrechen und die Wasserversorgung vorübergehend ganz einstellen.
Prof. Jürgen Rochlitz, Chemiker und Mitglied der Störfallkommission der Bundesregierung: „Die in Sarnia aufgedeckten Verstöße sind durch nichts zu rechtfertigen. Wer Chemie-Anlagen ohne Genehmigung betreibt und Giftmüll umdeklariert benötigt ein gerüttelt Maß an krimineller Energie.“ Rochlitz begrüßt die Kontrollen der kanadische Regierung: „In Deutschland wäre eine solch gründliche Untersuchung von Industrie-Anlagen undenkbar. Weder der politische Wille noch das hierfür notwendige Personal sind vorhanden.“ Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert strafrechtliche Konsequenzen und Geldstrafen für die verantwortlichen Unternehmen.