Wir beantragen die Nichtentlastung des Aufsichtsrats.
Begründung:
BAYER vertreibt zahlreiche Produkte, die hormon-ähnlich wirken und deshalb die
Gesundheit schädigen. Das Vorhaben der EU, diese Stoffe aus dem Verkehr zu
ziehen, versuchte der Konzern durch massive Lobby-Arbeit zu hintertreiben. Diese
Geschäftspolitik ist verantwortungslos. Darum ist dem Vorstand die Entlastung zu
verweigern. Hormone sind die Botenstoffe des Körpers. Sie erfüllen damit eine wichtige Aufgabe in seinem Regulationssystem. Die biochemischen Substanzen steuern beispielsweise das Knochenwachstum, den Zucker- und Fettstoffwechsel, die Verdauung und die Sexualentwicklung. Stört nun etwas die Signal-Übertragung,
so kommen falsche Botschaften an, was die Abläufe gehörig
durcheinanderwirbelt. Und als solche „Störer“ – sogenannte endokrine Disruptoren
(EDs) – hat die Wissenschaft seit einiger Zeit bestimmte Chemikalien
ausgemacht. Viele dieser Substanzen gleichen in ihrem Aufbau nämlich
Hormonen und haben deshalb ein beträchtliches Irritationspotenzial. Die mögliche
Folge: Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Fettleibigkeit, Dysfunktionen des Nervenund Immunsystems sowie Herz-, Leber- und Gebärmutter-Leiden.
BAYER hat eine ganze Menge dieser Stoffe im Angebot. Und manche davon, wie
etwa das Antiraupen-Mittel RUNNER, sollen sogar hormonelle Effekte entfalten.
Es zählt nämlich zu den Insekten-Wachstumsregulatoren, die der europäische
Lobbyverband der Agro-Riesen, die „European Crop Protection Association“
(ECPA), wie folgt beschreibt: „Pheromone und Insekten-Wachstumsregulatoren
werden im Pflanzenschutz speziell wegen ihrer Wirkungsweise als endokrine
Disruptoren eingesetzt, um den Fortpflanzungsprozess zu stören oder den
Lebenszyklus der Insekten zu verkürzen.“
Bei anderen Agro-Giften des Konzerns fällt die Beeinträchtigung des
Hormonsystems hingegen eher in die Rubrik „Risiken und Nebenwirkungen“. Dies
ist auch bei den anderen Substanzen mit hormon-ähnlichen Eigenschaften aus
der Produktpalette BAYERs der Fall, wie z. B. bei Weichmachern oder der
Industrie-Chemikalie Bisphenol A, von welcher der Konzern allein im Jahr 2011
rund 1,2 Millionen Tonnen herstellte.
Bereits seit den 1990er Jahren warnen WissenschaftlerInnen vor den Gefahren,
die durch endokrine Disruptoren drohen. Die Politik erkannte allerdings erst in der Dekade nach dem Jahrtausendwechsel Handlungsbedarf. Bis Ende 2013 wollte
die Europäische Kommission genaue Kriterien zur Bestimmung der EDs
entwickeln. Dies rief jedoch BAYER auf den Plan. Mit allen möglichen Mitteln
versuchte der Konzern, in Brüssel Einfluss auf die Entscheidung zu nehmen und
eine möglichst industrie-freundliche Lösung zu erwirken. So schrieb das
Unternehmen im Juni 2013 einen Brief an die stellvertretende Generalsekretärin
der EU-Kommission, Marianne Klingbeil, auf. „Die DG ENV (= Generaldirektion
Umwelt) favorisiert gegenwärtig ein Konzept, welches durchgängig auf der Basis
des Vorsorge-Prinzips konstruiert worden ist (Hazard assessment). Dies bedeutet
eine fundamentale Abkehr von den Prinzipien der Risiko-Bewertung und wird in Konsequenz weitreichende, gravierende Auswirkungen auf die Chemie-Branche
und Agrar-Industrie (vor allem wegen der bei Pflanzenschutzmitteln angewandten
Cut-off-Kriterien, die einen Verlust der Zulassung bedingen), nach sich ziehen“,
zeigte sich BAYER alarmiert. Mehr als 37 Pestizide sieht er von einem Verbot
bedroht. Allein der Bann der Antipilz-Mittel aus der Gruppe der Triazolewürde zu
einem Produktivitätsrückgang von 20 Prozent und zu Ernte-Verlusten bis zu 40
Prozent führen, rechnete das Unternehmen unter Bezugnahme auf zwei Studien
vor.
Und dieser ganze Lobbyismus von Seiten BAYERs und anderer Chemie-Multis
zeigte Wirkung. Die von der EU nach langer Verzögerung im Juni 2016 schließlich
vorgestellten Kriterien zur Bestimmung der EDs entsprechen weitgehend den
Vorstellungen der Industrie. Dementsprechend hart fiel das Urteil seitens der
Umweltverbände und der Fachwelt aus. „Das Vorsorge-Prinzip wird durch die
Vorschläge mit Füßen getreten“, konstatiert etwa das PESTIZID AKTIONSNETZWERK
(PAN). Hätte ursprünglich der Beleg einer hormon-schädlichen
Eigenschaft für eine Regulierung ausgereicht, so müsse nun die Relevanz eines
schädlichen Effekts beim Menschen tatsächlich nachgewiesen sein, moniert die
Initiative. Als „ganz im Sinne der Pestizid- und Chemie-Industrie“ ausgefallen
kritisiert PAN deshalb die Vorschläge der EU-Kommission zur Definition der EDs.
Die Verantwortung für das In-Verkehr-Bringen und -Halten der
gesundheitschädlichen endokrinen Disruptoren trägt neben dem Vorstand der
Aufsichtsrat. Darum ist ihm die Entlastung zu verweigern.
Um Mitteilung dieses Gegenantrags sowie der Begründung bitten wir gemäß §§ 125,
126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der
Coordination gegen BAYER-Gefahren zu übertragen.
Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V.