Rekorde mit Risiken und Nebenwirkungen
Für Bayer war es mal wieder ein Rekordjahr. Mit 29 Milliarden Euro konnte der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning auf der Hauptversammlung am letzten Freitag in den Kölner Messehallen ein Umsatzplus von 17 Prozent verkünden. Das sorgte aber auch für einen Rekord ganz anderer Art: Keine andere Stadt in Nordrhein-Westfalen verlor 2006 so viele Industrie-Arbeitsplätze wie der Konzern-Stammsitz Leverkusen. Wenning bezeichnete diese „Anpassungen in der Personalstruktur“, so das Konzernchef-Deutsch, als „schmerzlich, aber leider unverzichtbar“. Die Arbeitsplatzvernichtungen im Zuge der Schering-Übernahme verbuchte er kurzerhand unter „Synergieeffekt“. Die Kritischen Aktionäre Axel Köhler-Schnura von der Coordination gegen Bayer-Gefahren und Andrea Will (DKP) geißelten diese Nebenwirkungen der Geschäftspolitik. Aber Aufsichtsratschef Manfred Schneider schaltete auf stur: „Dieses kommunistische Manifest hören wir hier nun schon zum x-ten Mal“.
Um Antworten auf andere Gegenreden waren die Profit-Profis ebenfalls nicht verlegen. Die geplante Giftmüll-Karawanserei von Australien nach Dormagen und Leverkusen nannten Sie einen „Beitrag zum Umweltschutz“, Studien, die dem BAYER-Medikament Trasylol hohe Todesraten nachwiesen, waren für Wenning „nicht verlässlich“ und die zahlreiche Vergiftungen verursachenden BAYER-Pestizide „bei ordnungsgemäßer Anwendung“ ungefährlich. Bei dem Genreis LL601, der sich unvermittelt in zahlreichen Supermärkten wiederfand, gab der BAYER-Boss ebenfalls Entwarnung: „Die Zusammensetzung des Proteins ist gründlich geprüft“. Und wenn es dann wieder mal ein Kartellverfahren wegen Preismanipulationen zu beanstanden galt, lautete die Standardantwort wie stets: „Wir kooperieren mit den Wettbewerbsbehörden“. Weil die Tricksereien sich in den letzten Jahren aber zunehmend image-schädigend auszuwirken drohten, gelobte Werner Wenning den Aktionären Besserung. Nur leider trauten selbst konservative Zeitungen den Beteuerungen mit Verweis auf den schlechten Umgang der Bayer-Manager nicht so recht. „Ein paar Meter neben Wennings Redepult saß derweil Dr. Klaus Kleinfeld“, schrieb die Rheinische Post misstrauisch. Der verlorene Siemens-Sohn fand eine warme Aufnahme in der Bayer-Familie. 95,8 Prozent stimmten seiner Wahl in den Aufsichtsrat zu, lediglich ein paar mehr Enthaltungen als üblich gab es. Und in dem Gremium kann ihm sogar ein Produkt aus dem Siemens-Portfolio Gesellschaft leisten: Auf der Arbeitnehmer-Bank sitzt nämlich André Krejcik von der hausgemachten Gewerkschaft AUB.
Udo Hörster