BAYERs neuer PR-Boss
Der Reputationsmanager
Mit BAYERs Bild in der Öffentlichkeit steht es nicht zum Besten. Und nach Ansicht des Multis haben die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Initiativen mit ihrer Konzern-Kritik einiges zu dieser Image-Verschmutzung beigetragen. Die bisherigen PR-Chefs haben dem nicht viel entgegensetzen können. Mit der Bestallung von Herbert Heitmann will der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers das nun ändern. Damit nicht genug, verdonnerte der Ober-BAYER seine ManagerInnen sogar zur Weiterbildung in Sachen „CBG & Co.“
Die turbulenten Hauptversammlungen, in denen die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) Jahr um Jahr mehr KritikerInnen aufbot, scheinen BAYER-Chef Marijn Dekkers doch sehr verstört zu haben. Anders als seine Vorgänger, die sich allesamt beim Leverkusener Multi selber hochgearbeitet hatten und sich dabei im Laufe der Zeit – abgesehen von einigen repressiven Maßnahmen – mit der Arbeit der CBG abgefunden hatten, mochte er sich nicht ins scheinbar Unvermeidliche fügen. So verdonnerte er jüngst seine ManagerInnen zur Weiterbildung in Sachen „Nichtregierungsorganisationen“ (NGOs). Und als es daranging, einen neuen Kommunikationschef zu verpflichten, gehörte es zum Anforderungsprofil, Strategien in petto zu haben, die den Einfluss der Initiativen auf das öffentliche Bild von BAYER eindämmen könnten. Den CBG-resistenten Zöglingen aus der eigenen PR-Abteilung traute Dekkers ein solches Reset offenbar nicht zu. Mit Dr. Herbert Heitmann verpflichtete er lieber einen Externen. „Das Signal scheint klar. Es soll sich manches ändern“, kommentierte das prmagazin die Entscheidung.
Der Diplom-Ingenieur wechselte von SHELL zum Pharma-Riesen. Zuvor stand er in Diensten von SAP. Als Technologie-Berater der Bundesregierung hatte Heitmann von 1992 bis 1998 gearbeitet. Auch für die Kernforschungsanlage in Jülich war der Westfale schon tätig. Seine Kontaktaufnahme mit der CBG leitete eine E-Mail ein (siehe auch SWB 3/14). „Mit Interesse habe ich Ihre Webseiten und Publikationen gelesen und würde mich gerne mit Ihnen austauschen. Dabei ist mir besonders daran gelegen zu erfahren, was Ihre Ziele sind und ob bzw. wie wir gegebenenfalls zusammenarbeiten können“, schrieb er.
Die Coordination beschloss, auf das Angebot einzugehen. Allerdings stellte sie zwei Bedingungen. Die CBG wollte einen konkreten Problemfall, vorzugsweise aus dem Pharma-Bereich, behandelt wissen und konkrete Lösungsansätze diskutieren, um dem Treffen Verbindlichkeit auf fachlichem Gebiet zu verleihen. Überdies bestand die Coordinaton zur Wahrung der Transparenz auf der Anwesenheit von Presse-VertreterInnen. Dies gehörte zu den Grundsätzen, die der Vorstand bereits vor langer Zeit für solche Dialog-Formen beschlossen hatte (siehe Kasten). Und zwar nicht als Vorratsbeschluss, sondern bereits nach der Auswertung der wenig erfreulichen Ergebnisse von vertraulichen Zusammenkünften zwischen GREENPEACE und BAYER im Zuge der Dünnsäure-Blockaden Anfang der 1980er Jahre. Die Beobachtung vieler Kamin- und anderer Geheim-Gespräche, die verschiedene NGOs, aber auch die Kirchen, mit BAYER und anderen Konzernen führten und führen, erweist immer wieder aufs Neue, wie recht die CBG mit der Formulierung dieser Leitlinien tat. Heitmann akzeptierte zunächst auch Öffentlichkeit, widerrief diese Zusage später jedoch wieder. Da er Öffentlichkeitsarbeiter bei dem Treffen dann lieber doch keine SchreiberInnen vom Spiegel, den VDI Nachrichten und dem Neuen Deutschland dabeihaben mochte, sagte der Reputationsmanager den Termin kurzerhand wieder ab.
Heitmann & die NGOs
Überhaupt hält sich die Dialogbereitschaft des Verfahrenstechnikers in Grenzen. Er hatte offensichtlich nichts dagegen, gegen den BUND den Rechtsweg zu bestreiten, weil die Organisation die Konzern-Pestizide CALYPSO und LIZETAN als bienengefährlich bezeichnet hatte. Und Gespräche mit GREENPEACE und AMNESTY INTERNATIONAL lehnt Heitmann von vornherein ab. „Deren Geschäftsmodell lässt keinen Raum, sich öffentlich auf eine Kooperation mit einem Unternehmen einzulassen, weil sie primär schockierende Bilder brauchen, um Spenden zu generieren“, sagte er dem prmagazin. Als Mann der Wirtschaft kann er sich offenbar nur ökonomisches Denken als handlungsleitend vorstellen und unterstellt dieses Kalkül allen – auch der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. „Ich wollte herausfinden, ob die CBG BAYER verbessern oder notorisch schlechtmachen will. Letzteres scheint deren Geschäftszweck präziser zu beschreiben“, mit diesen zwischen Pseudo-Naivität und Business-Sprech changierenden Worten erläuterte Heitmann dem Werbe-Fachblatt seine Motive für die Kontakt-Anbahnung. Jetzt beabsichtigt er, seinen Forscherdrang auf solche Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu konzentrieren, die seiner Meinung nach eine BAYER-freundlichere Geschäftsgrundlage haben, weil sie Geld vom Staat oder von Stiftungen bekommen.
Was Herbert Heitmann persönlich über die verschiedenen Gruppen denkt, ist seinem Twitter-Account zu entnehmen. Da zeigt er unverhohlen seine Schadenfreude ob der Kritik, die GREENPEACE dafür einstecken musste, beim Klima-Gipfel in Peru ein altes Kulturdenkmal als Protest-Plattform benutzt zu haben. Auch findet er sichtlich Gefallen an der Wortschöpfung „Ökopopulismus“, mit der Sigmar Gabriel gegen die Organisation polemisiert. Und statt weiter Aktionen gegen die bienenschädigenden Pestizide des Unternehmens durchzuführen, rät Heitmann den Umwelt-AktivistInnen, doch einmal in BAYERs Bienen-Center nachzuschauen, wie liebevoll der Konzern sich um die Summer kümmert.
Die Veröffentlichungen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN veranlassen ihn ebenfalls zu hämischen Kommentaren. So will er in einer CBG-Pressemeldung zu BAYERs Verkauf der Kunststoff-Sparte „ganz neue Töne“ vernommen haben. Hatte die CBG in der Presseerklärung – das Beispiel LANXESS vor Augen – prophezeit: „Die künftigen Besitzer werden versucht sein, die Kosten für Wartung, Personal und Feuerwehr weiter abzusenken. Dies führt automatisch zu höheren Störfall-Risiken“, so will Heitmann darin eine ex-post-Würdigung der Sicherheitsstandards des Multis erblicken. „BayerGefahren anerkennt Bayer AG indirekt als sichersten Betreiber und besten Arbeitgeber“, twittert der Kommunikationschef herum. „Wer extrem gefährliche Anlagen in die Welt setzt, sollte dafür dauerhaft Verantwortung übernehmen“, entgegnete ihm die Coordination. Ob dies aber bei dem PR-Manager verfing, erscheint eher unwahrscheinlich, denn er steht generell all denjenigen, die sich nicht rückhaltslos zur schönen neuen Welt der Konzerne bekennen wollen, nur mit Unverständnis gegenüber. „Schon krass, wie man UBER, Atomkraft und Fracking in einen Artikel quetschen kann“, mokiert er sich etwa unter den hashtags „Angst“ und „Fortschrittsfeindlichkeit“ über einen Text der Süddeutschen Zeitung. Mit den Veröffentlichungen der Initiativen beschäftigt sich der Öffentlichkeitsarbeiter nur, um frühzeitig Gefahrenabwehr betreiben zu können. Aus diesem Grund interessieren ihn Analysen zur Vorgehensweisen von NGOs ebenfalls sehr. Besonders viele Lehren hat er offenbar aus einem Text gezogen, der sich mit dem Erfolg der Kampagnen gegen das Bienensterben beschäftigt, denn er empfiehlt ihn seinen KollegInnen eindringlich zur Lektüre.
Allerdings machen ihm die CBG, GREENPEACE & Co. auch viel Arbeit. Nicht zuletzt dank ihrer Aktivitäten ist nämlich die Bestandsaufnahme, die Heitmann bei seinem Arbeitsantritt zum Außenbild BAYERs vorgenommen hat, selbst in Bereichen negativ ausgefallen, wo es der Reputationsmanager gar nicht erwartet hätte. So mochten sich nicht einmal AnwenderInnen der Konzern-Produkte zu dem Pharma-Riesen bekennen. „Da muss ich umdenken. Die Bauern wollen sich ungern mit uns zeigen, und die Ärzte wollen dem Molekül, das ihren Patienten geholfen hat, auch nicht öffentlich Credits geben“, klagt der Kommunikationschef. Auf PR-Deutsch hört sich das dann so an: „In puncto ‚Third Party Endorsement’ sehe ich noch Potenzial.“
Die Kraft des Positiven
Dieses Potenzial plant der Ober-Kommunikator durch positive Nachrichten – wo immer sie auch herkommen mögen – auszubauen. „Wir müssen mehr Zeit und Energie in die positiven Themen investieren, um das Negative zu kompensieren“, hält er fest. Deshalb strickt Heitmann daran, die Horror-Geschichten um die mit vielen Risiken und Nebenwirkungen behafteten Pillen und Pestizide des Konzerns zu Märchen mit BAYER als Welternährer und Wunderheiler umzustricken. Auf allzu krumme Touren will der Neue dabei verzichten. „Gekaufte Kommunikation lehnt er weitgehend ab“, weiß das prmagazin. Eine zusätzliche Chance, für Stimmungsaufhellung zu sorgen, sieht der Image-Stratege in der Wahl Marijn Dekkers’ zum Präsidenten des „Verbandes der Chemischen Industrie“ (VCI). Dadurch bietet sich seinem Chef nämlich die Gelegenheit, Alliierte für das Projekt „Akzeptanz-Beschaffung“ zu finden und konzertierte Aktionen vorzubereiten. „Die Abstimmung zwischen BAYER und VCI auf gemeinsame Themen und Positionen lief im Sommer dieses Jahres auf Hochtouren“, vermeldet das prmagazin.
Als ein Beispiel für einen gelungenen Medien-Coup wertet Herbert Heitmann die Informationspolitik zum milliarden-schweren Kauf einer MERCK-Sparte. „Um sieben Uhr Ostküsten-Zeit ging die Mitteilung raus, zeitgleich waren wir mit Herrn Dekkers im Frühstücksfernsehen von CNN, CNBC und BLOOMBERG“, jubiliert er. Zuvor hatten Heitmann und sein Team Fernsehen und Presse darüber in Kenntnis gesetzt, dass Großes ins Haus steht, genauere Angaben durften sie allerdings nicht machen. Schon mit dieser nebulösen Ankündigung hat sich die PR-Abteilung juristisch auf eine Gratwanderung begeben. Bei kurs-relevanten Transaktionen schreibt das Börsen-Recht nämlich eine unverzügliche, „ohne schuldhaftes Zögern“ erfolgende Unterrichtung der Öffentlichkeit per „Ad-hoc-Mitteilung“ vor, damit niemand die Möglichkeit hat, einen Informationsvorsprung zum Kauf von Aktien zu nutzen. Genau das hätten die JournalistInnen aber tun können, wenn sie die richtigen Schlussfolgerungen gezogen hätten, was in diesem Falle nicht so schwer war. BAYERs Oberkommunikator versichert aber, die Vorschriften durch das Vorab-Briefing von CNN & Co. nicht verletzt zu haben: „Die ad-hoc-pflichtigen Informationen haben wir nachgeliefert.“
Nur ein kleiner Wermutstropfen trübt in den Augen der Konzern-KommunikatorInnen das Medien-Echo: Der WDR hat ihnen zufolge nicht in der gebotenen Ausführlichkeit über das Ereignis berichtet. Auch in Köln scheint nach Ansicht der ÖffentlichkeitsarbeiterInnen ein Interesse daran zu bestehen, BAYER „notorisch schlechtmachen“ zu wollen. „Meine Kollegen haben das Gefühl, dass sich der WDR mit besonderer Sorgfalt kritischen Themen widmet“, konstatiert Herbert Heitmann und kündigt an, sich auf die Suche nach dem Verbleib des Positiven zu begeben. „Ich möchte gerne den Grund herausfinden. Es gibt hier nicht die böse Pressestelle oder das böse Medium. Da gehören zwei dazu. Manchmal hilft es, wenn ein neuer Akteur ins Spiel eingreift“, so Heitmann.
Die alten BAYER-AkteurInnen waren mit dem Sender wahrlich nicht zimperlich umgegangen. Mehrfach versuchten sie, die Ausstrahlung unliebsamer Beiträge zu verhindern (siehe SWB 3/09). Im Falle eines Monitor-Reports zur Rolle des Leverkusener Multi bei der Entwicklung von Chemie-Waffen gelang ihnen das auch. Der damalige Redakteur Gerd Ruge teilte den Autoren mit, das Stück könne „leider nicht gesendet werden“, weil der Konzern „im Hause interveniert“ hätte und er sich dem beugen müsse. Heitmanns Vorvorgänger Heiner Springer ließ nach einem unliebsamen Bericht sogar Flugblätter mit der Überschrift „WDR – da hilft nur noch abschalten“ verteilen. Selbst Anstrengungen zur Absetzung eines WDR-Intendanten unternahm der Leverkusener Multi schon. Da dem Konzern – wie er es schon in seinen Flugblatt-Aktionen zum Ausdruck brachte – das Programm des Westdeutschen Rundfunks unter der Leitung von Friedrich Nowottny „BAYER- und chemie-feindlich schien, schmiedete im Rundfunkrat eine Allianz zum Sturz des Intendanten. Als in der entscheidenden Sitzung jedoch VertreterInnen der Umweltverbände, gestützt auf von der CBG gelieferte Fakten, eine große Zahl von Einflussnahmen des BAYER-Konzerns auf Redaktionen und RedakteurInnen des WDR nachweisen konnten, nahm die Debatte einen anderen Verlauf, und es kam in der Folge zu keinen Veränderungen auf der Leitungsebene des WDR.
Heitmann dürfte es, wenn er als „neuer Akteur ins Spiel eingreift“, hier und anderswo eher auf die sanfte Tour versuchen. Der PRler verfügt über ausgezeichnete Verbindungen. Das Karriere-Portal Linkedin führt ihn einem Ranking der am besten vernetzten ÖffentlichkeitsarbeiterInnen auf Platz fünf. Sein früherer SAP-Kollege Christoph Liedtke bestätigt dieses Votum: „Er ist einer der besten Netzwerker unter den Dax-Kommunikationschefs und in der Lage, Kontakte zu Meinungsführern und Multiplikatoren weltweit herzustellen.“ Als ein Instrument zur Beziehungsarbeit nutzt er den Kurznachrichten-Dienst Twitter. Eifrig meldet er sich dort zu Wort und betätigt sich als Verstärker der Worte anderer wie etwa derjenigen des Bild-Chefredakteurs Kai Dieckmann und weiterer einflussreicher JournalistInnen, was diese sicherlich zu schätzen wissen. Auch mit den mächtigen Konzernlenkern der Welt steht Heitmann sich gut. So ist er Beigeordneter des „European Roundtable of Industrialists“. Und bei der einflussreichen Lobby-Organisation für den unbeschränkten Welthandel, dem „International Chamber of Commerce“ kümmert der BAYER-Mann sich um die Informationstechnologie und das E-Business.
Neue Konzepte
Beim Global Player hat er erst einmal seinen Zuständigkeitsbereich erweitert. Auch die politische Strippenzieherei, die „Government Relations“, fallen nun in sein Ressort, denn nach Heitmanns Meinung sollte die gesamte Konzern-Kommunikation aus einem Guss sein und aus einer einzigen Abteilung kommen. „Andernfalls riskiert man, dass externe Zielgruppen die mangelnde interne Koordination aufdecken“, meint der PR-Chef. Komplett hat er seine Vorstellungen beim Leverkusener Multi allerdings nicht verwirklichen können. So ist es ihm nicht gelungen, Hoheit über die „Investor Relations“ zu gewinnen.
Die Pressearbeit vereinheitlichte Heitmann ebenfalls. Künftig beschränken sich seine PR-Leute in den Staaten mit Niederlassungen des Konzerns bei der Pflege der Marke „BAYER“ auf die jeweils zehn einflussreichsten Titel, wobei die Auswahl von links bis rechts und von Boulevard bis zu Spezial-Blättern reicht. Dem „Executive Vice President“ für „Corporate Brand, Communications and Government Relations“ passte es nämlich nicht, „dass manche Länder nur mit Fachmedien gearbeitet haben, andere nur mit unkritischen Journalisten“. Auch die Betreuung der einflussreichen Wirtschaftszeitungen Wall Street Journal und Financial Times entriss er der Länderhoheit. Diese Arbeit ist nun Chefsache und erfolgt direkt von der Leverkusener Zentrale aus. Zudem will Heitmann der visuellen Kommunikation mehr Platz einräumen, nicht zuletzt, weil es NGOs immer wieder gelingt, machtvolle Bilder zu produzieren. „Davon können wir lernen“, meint Heitmann.
Der schlechten Presse gewahr, die der Leverkusener Multi zur letzten Hauptversammlung erhielt, kündigt der PR-Stratege überdies eine kleine Charme-Offensive an. Dieses AktionärInnen-Treffen sei nicht repräsentativ für den Umgang mit KritikerInnen gewesen, betont er gegenüber dem prmagazin mit Blick auf die Aussperrung unliebsamer JournalistInnen und das Sprech-Verbot für eine ausländische BAYER-Geschädigte, die ihre Rede auf Englisch halten wollte. Er mache sich Gedanken über das Fremdsprachen-Problem und auch darüber, wie künftig nicht nur handverlesenen Medien-VertreterInnen der Zugang zu den heiligen Kölner Messehallen gewährt werden könne, so Heitmann.
Darüber hinaus will er alle BAYER-Beschäftigten zu ÖffentlichkeitsarbeiterInnen machen. „Zwar kann die Kommunikationsabteilung viel im Bereich Branding und Reputationsmanagement tun, doch das Ziel einer strahlenden Reputation und Marke kann nicht erreicht werden, sollte der Rest des Unternehmens nicht daran mitarbeiten“, meint der PRler ganz im Sinne seines Chefs. „Den Menschen erklären, wie BAYER zum besseren Leben der Menschen beiträgt: Das sieht BAYER-Chef Dr. Marijn Dekkers als Aufgabe für alle Mitarbeiter“, verkündet die Konzern-Postille direkt. Und weil dazu „auch gehört, zu Themen Stellung zu nehmen, die in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden“, liefert das Blatt ihnen unter der Rubrik „Critical Issue“ sogleich Argumentationshilfen etwa zum Freihandelsabkommen TTIP oder zu den lebensgefährlichen Nebenwirkungen hauseigener Arzneien. Und auf Fragen wie: „Sind gentechnisch veränderte Fragen gefährlich für meine Gesundheit“ oder „Warum brauchen wir Pflanzenschutzmittel“, hält die Intranet-Plattform „INDEBATE“ die richtigen Antworten bereit, da es BAYER zufolge nicht immer ganz leicht ist, hier „die richtigen Worte zu finden“.
Den Erfolg all dieser Anstrengungen, den Leverkusener Multi gutzumachen, lässt Heitmann genau messen. Diesen Job übernimmt für ihn das US-Unternehmen CARMA, das damit wirbt, spezielle Algorithmen entwickelt zu haben, um PR-Effekte quantifizieren zu können. Auf diese Weise will es schon den umstrittenen US-amerikanischen Waffenherstellern von der „National Rifle Association“ und der Weltbank zu einem besseren Karma verholfen zu haben. Konkret möchte Heitmann durch die Daten-Erhebung laut prmagazin „sicherstellen, dass seine Leute in allen Märkten konsistent Themen und Botschaften platzieren“. Darüber hinaus sollen diese besser verfangen. Den Zahlen-Wert des betreffenden Indikators will Herbert Heitmann mittels stärkerer Ziel-Orientierung und aktiverer Medienarbeit binnen drei Jahren verdoppeln.
Aber all diese Bemühungen um Konzern-Kosmetik werden am Ende nicht verfangen. Genauso wenig wie SchönheitschirurgInnen mit all ihren Tricks die menschliche Natur bezwingen können, vermögen es Heitmann und seine 400-köpfige Mannschaft letztendlich, das wahre Gesicht BAYERs zu verbergen. Dazu produziert die gnadenlose Profit-Jagd einfach zu viel offensichtliches Leid. Von Jan Pehrke