neue Studienergebnisse aus Japan:
BAYER-Chemikalien gefährden Entwicklung des Gehirns
von Philipp Mimkes
Japanische Wissenschaftler warnen vor chemischen Risiken für den Hormon-Haushalt. Dr. Yoichiro Kuroda vom Tokyo Metropolitan Institute for Neuroscience kommt in der Fachzeitschrift Kagaku zu dem Ergebnis, dass Polychlorierte Biphenyle (PCB) und das Pestizid Glufosinat die Entwicklung des menschlichen Gehirns beeinträchtigen und Verhaltensstörungen hervorrufen können. Beide Stoffe stammen aus dem BAYER-Labor.
„Wem die Gesundheit von Kindern am Herzen liegt, der sollte mit diesen Stoffen sehr vorsichtig sein“, warnt Dr. Yoichiro Kuroda. „Das menschliche Gehirn ist während seiner Entwicklung sehr empfindlich. Die Chemische Industrie hat diese Risiken bislang nicht beachtet“, so Kuroda weiter. Der Wissenschaftler vom Tokyo Metropolitan Institute for Neuroscience leitet die von der japanischen Regierung geförderte Untersuchung Effects of Endocrine Disrupters on the Developing Brain (Auswirkungen hormoneller Störungen auf die Entwicklung des Gehirns).
Polychlorierte Biphenyle sind eine aus rund 200 Einzelkomponenten bestehende Verbindungsklasse organischer Chlorverbindungen. Sie sind extrem langlebig und finden sich nahezu überall in der Natur – in Tiefseesedimenten ebenso wie im arktischen Eis. Laut den japanischen Studien wirken PCB wie „Pseudo-Hormone“ und verursachen dadurch Nervenschäden – dies führt bei Kindern zu niedrigerem IQ und Hyperaktivität. PCB, die in Kondensatoren, Baumaterialien und Farben verwendet wurden, sind seit 20 Jahren verboten. Noch immer finden sich aber große Mengen in öffentlichen Gebäuden und elektrischen Geräten. Die Firma BAYER gehörte jahrelang zu den größten Produzenten – nachdem die US-Konkurrenz die Herstellung eingestellt hatte, hatte das Unternehmen die Produktion sogar noch erhöht.
Glufosinat wird seit den 80er Jahren im Obst-, Wein-, Getreide- und Gemüsebau eingesetzt und gehört in Europa und den USA zu den meistverwendeten Herbiziden. Der Wirkstoff ist in den ebenfalls vom BAYER-Konzern vertriebenen Produkten Liberty und Basta enthalten. Im abgelaufenen Jahr setzte BAYER hiermit knapp 200 Millionen Euro um. Das Unkrautbekämpfungsmittel wird u.a. in Kombination mit gentechnisch verändertem Saatgut angeboten. Die sogenannte Herbizidresistenz hat BAYER in eine Vielzahl von Pflanzen eingebaut, darunter Raps, Mais, Reis, Zuckerrüben, Soja und Kartoffeln.
Umweltschützer fordern die Chemie-Industrie seit langem auf, die toxischen Analysen aller Chemikalien und Pestizide offen zu legen: „Es kann nicht angehen, dass Chemikalien über Jahrzehnte verkauft werden, ohne dass die Öffentlichkeit deren Risiken kennt. Das Beispiel Glufosinat zeigt, dass die Unternehmen notfalls gezwungen werden müssen, alle Substanzen auf Gesundheitsrisiken hin zu untersuchen und die Forschungsergebnisse frei zugänglich zu machen“, so Prof. Jürgen Rochlitz von der Deutschen Störfallkommission.
Erst vor wenigen Monaten hatte BAYER eine juristische Schlappe erlitten, als das Unternehmen den Umweltverband Friends of the Earth daran hindern wollte, Studienergebnisse über Risiken von Glufosinat zu veröffentlichen (SWB 3/2004). Der Konzern ist weltweit der zweitgrößte Pestizid-Herstellern, im Sortiment befinden sich u.a. extrem gefährliche Wirkstoffe wie Parathion, Monocrotophos, Fenamiphos und Aldicarb.