BAYER erhält Patent auf Gen-Pflanzen
GREENPEACE-Einspruch gescheitert
Mit der Gentechnik entdeckten BAYER & Co. Bestandteile von Menschen, Tieren und Pflanzen als Rohstoff für Produkt-Entwicklungen. Aber damit die Natur zur Ware werden kann, müssen die Konzerne Copyright auf ihre Kreationen beanspruchen dürfen. Genau das gestatteten die damaligen Bestimmungen zum Schutz des geistigen Eigentums jedoch nicht. Patente auf „im Wesentlichen biologische Verfahren“ schlossen sie aus. Deshalb drängten die Global Player die Politik dazu, die Regelungen den Unternehmensinteressen anzupassen. Zunächst überwanden so Bakterien die biologischen Gattungsgrenzen des Paragrafen-Werks. Dann nahmen peu à peu immer höhere Lebewesen die Hindernisse.
Eine andere große Hürde stand den Multis indes noch im Weg. Als patentierbar sahen die Vorschriften nur Erfindungen an, und Erfindungen waren BAYERs Labor-Funde wie Darmkrebs-Zellen, Stärke-Moleküle oder bestimmte Stoffwechsel-Proteine beim besten Willen nicht. Also schmuggelten die Gen-Giganten den Begriff „Entdeckung“ in die Gesetzes-Bücher. Am 15.6. 2004 brachte der Pharma-Riese dann ein weiteres Tabu zu Fall. Das in München ansässige Europäische Patentamt erteilte BAYER ein Patent auf gentechnisch gegen das Anti-Unkrautmittel BASTA immunisierte Pflanzen wie Mais, Bohnen, Reis und Tomaten, und zwar „alle Pflanzen-Zellen, -Teile, Pflanzen und Samen“ umfassend.
Damit hat die Behörde zum ersten Mal einen Urheber-Schutz auf Pflanzen-Sorten gewährt. Das entspricht zwar nicht den Statuten, aber BAYERs findige Patent-AnwältInnen tricksten die Behörde aus. Sie vermieden in den Anmelde-Unterlagen einfach das Wort „Pflanzen-Sorten“ und profitierten so von den zu vage formulierten Patent-Bestimmungen. Ebenso vage formulierten die ExpertInnen des Münchner Amtes in der Verhandlung ihre Vorbehalte gegen den Einspruch von GREENPEACE und KEIN PATENT AUF LEBEN. Ihrer Auffassung nach könne ein Patent auch einzelne Pflanzen-Sorten umfassen; einen Anspruch auf geistiges Eigentum an einer bestimmten Pflanzen-Sorte insgesamt sei jedoch ausgeschlossen. Das verstehe, wer will. Trotzdem hat das Urteil niemanden so richtig überrascht. Die Beschwerde-Kammer ist nämlich keine unabhängige Instanz, sondern eine Unterabteilung des EPA.
„Kontrolle? Fehlanzeige!“, kommentierte deshalb der Weser-Kurier das Urteil.
BAYER aber jubilierte: „Eine gute Entscheidung für Innovationen“. Entscheidungen dieser Art haben den Konzern in Tateinheit mit BASF zu einem Monopolisten in Sachen „gen-manipuliertes Saatgut“ gemacht. Sie verfügen gemeinsam über 50 Prozent aller bundesrepublikanischen Patente in diesem Bereich.
„Eine sehr verhängnisvolle Grundsatz-Entscheidung“ nannte Christoph Then von GREENPEACE hingegen den Tabu-Bruch. „Diese Patente zwingen Landwirte in Europa und weltweit in direkte Abhängigkeit der Konzerne und gefährden damit die Welternährung“, so der Gentechnik-Experte. Then zufolge dürfte BAYER in Zukunft das Gen-Saatgut zusammen mit dem Herbizid BASTA im Kombi-Pack anbieten und den LandwirtInnen alljährlich Lizenz-Gebühren für die Saaten abverlangen. Um das zu verhindern, unterstützt der Bauernverband die GREENPEACE-Forderung nach einer neuen, präziser gefassten EU-Patentrichtlinie.
Auch die Umwelt erlitt am 15.6. eine Niederlage. Da das Pestizid BASTA Mais, Reis, Tomaten und Bohnen nichts anhaben kann, ist ein sorgloserer Umgang mit dem Ackergift absehbar. Das haben bisherige Studien ebenso gezeigt wie eine Reduzierung der Artenvielfalt beim Anbau von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen. Deshalb ist es jetzt an VerbraucherschützerInnen und anderen Gentechnik-GegnerInnen, durch Protest-Aktionen ihren Einspruch gegen den gescheiterten Einspruch zu artikulieren.
von Jan Pehrke