Thomas Gabel (Robin Blood) HIV durch Blutprodukte
Sehr geehrte Vorstandsmitglieder, Aufsichtsräte und Aktionäre,
ist die Bayer AG im letzten Geschäftsjahr ihrer moralischen Verpflichtung nachgekommen?
Mein Name ist Thomas Gabel, und ich spreche heute hier für die Betroffenen des Blutskandals der 80er Jahre.
Wir sind noch circa 550 Überlebende, die durch Blutprodukte HIV-infiziert wurden und eine nicht genau bekannte, jedoch deutlich größere Menge von Patienten, die auch oder ausschließlich mit Hepatitis C infiziert wurden. Organisiert sind wir durch die Blutskandal-Kampagne unter www.blutskandal.de sowie durch das Netzwerk Robin Blood unter robinblood.org.
Ich als Betroffener bin mit HIV und HCV infiziert und leide unter zahlreichen Erkrankungen, die auf Nebenwirkungen der Medikation zurückzuführen sind. Daher bin ich auch auf Leistungen der „Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-Infizierte Personen“ angewiesen.
Im Geschäftsbericht 2016 der Bayer AG beansprucht die Bayer AG die Beachtung von höchsten Qualitätsstandards und Engagements (Punkt 1.4.3.1, Seite 104), die man anderweitig lange suchen müsste.
Wie ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages 1994 feststellte, wurden in den 80ern Blutprodukte hergestellt und in Verkehr gebracht, die zu vermeidbaren HIV-Infektionen in einer Vielzahl von Fällen führten. Die meisten der Betroffenen sind inzwischen jämmerlich und allzu oft einsam verstorben.
Daher lautet meine 1. Frage an den Vorstand:
Wie wurden in der Bayer AG die Verantwortlichen für HIV-INFEKTIONEN zur Rechenschaft gezogen?
Um den Betroffenen der HIV-Infektionen durch Blutprodukte schnelle finanzielle Hilfe zu ermöglichen, wurde 1995 die mit 250 Mio. DM ausgestattete „Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-Infizierte Personen“ gegründet. Der Gesamtanteil der beteiligten Pharmazeutischen Unternehmen lag in 1995 bei 36.3 Prozent.
Daraus folgt die 2. Frage:
Mit welchen Prozentsätzen beteiligte sich die Bayer AG freiwillig
an der Gesamtsumme und in Relation zur Summe der Anteile von Bund und Ländern
an der Finanzierung der Stiftung Humanitäre Hilfe
a) initial bei der Stiftungsgründung 1995 ?
b) bei der 1. Zustiftung zwischen 2004 und 2009 ?
c) bei der 2. Zustiftung zwischen 2010 und 2016 ?
Seit März 2017 liegt im Zusammenhang mit der beabsichtigten Novellierung des HIV Hilfe Gesetzes HIVHG, das die Stiftung Humanitäre Hilfe regelt, die Bereitschaft des Bundes vor, zukünftig für die Anteile von Bund und Ländern jährlich zusammen bis zu 10 Mio. Euro für die Stiftung bereitzustellen, und zwar bis zum Lebensende des letzten Betroffenen.
Obwohl der Bund seit Jahren in Gesprächen über Zustiftungen mit den Pharmazeutischen Unternehmen war und ist, gibt es bis heute keine langfristigen Zusagen von Seiten dieser Unternehmen für die Zukunft.
Die bisherigen finanziellen Beteiligungen der Pharmazeutischen Unternehmen erfolgten auf freiwilliger Basis und waren steuerlich als Spende absetzbar. Sie wurden aus humanitären Gründen geleistet. Der humanitäre Zweck der Stiftung Humanitäre Hilfe bleibt unverändert, da immer noch über 500 Betroffene leben. Es geht hier um Vertrauen in Verlässlichkeit.
Daher lautet Frage 3:
Warum gibt es von Seiten der Bayer AG noch immer keine konkrete Zusage für Zustiftungen in den nächsten Jahren?
Sie würden die verlässliche Übernahme von Verantwortung zeigen. Schließlich schreibt sich die Bayer AG ihr außergewöhnlich engagiertes und verantwortliches Wirken auf ihre Fahnen. Würde Sie Ihren Ansprüchen gerecht, könnten für uns Betroffene die finanziellen Sorgen der Zukunft weiter gemildert werden.
Auf Grund des von mir geschilderten Sachverhalts beantrage ich, den Vorstand und den Aufsichtsrat nicht zu entlasten und bitte alle Aktionäre, bei den entsprechenden Tagesordnungspunkten mit NEIN zu stimmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.