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[Friedel Geisler] Nachruf

CBG Redaktion

Coordination gegen BAYER-Gefahren trauert um Friedel Geisler

Vorstandsmitglied der CBG / Pastorentitel wegen BAYER-kritischem Engagement aberkannt

20. September — Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) trauert um ihr langjähriges Vorstandsmitglied Friedel Geisler, die am vergangenen Freitag im Alter von 81 Jahren gestorben ist.

Geboren wurde Friedel Geisler in Berlin als zweites von 17 Kindern. Mit 21 Jahren heiratete sie einen evangelischen Pfarrer und wurde Mutter von drei Kindern. Mit 40 holte sie ihr Abitur nach und studierte Theologie. Mit 43 Jahren wurde sie plötzlich Witwe und musste ihre Familie ernähren. Kurz nach dem Tod ihres Mannes erhielt sie beim Solinger Kirchenkreis eine Stelle als Pastorin.

Friedel Geisler hat sich um den Aufbau des internationalen Netzwerks der Coordination gegen BAYER-Gefahren sehr verdient gemacht. Im Rahmen des spektakulären Prozesses, mit dem BAYER Ende der 80er Jahre vergeblich versuchte, die CBG auszuschalten, war sie vom Konzern persönlich beklagt worden.

International bekannt wurde auch, dass ihr 1988 wegen ihres BAYER-kritischen Engagements der Pastorentitel entzogen wurde – ein in der Evangelischen Landeskirche bis heute einmaliger Fall. Der Skandal führte zu langjährigen Diskussionen und Protesten innerhalb der Landeskirche, stand auf zwei Evangelischen Kirchentagen im Zentrum der Debatte und zog viele Kirchenaustritte nach sich.

Der SPIEGEL schrieb damals: Die evangelische Pastorin Friedel Geisler redet dem BAYER-Vorstand seit 1985 auf den Hauptversammlungen ins Gewissen. Mit Salomos Sprüchen („Besser wenig mit Gerechtigkeit, denn viel Einkommen mit Unrecht“) geißelt sie überhöhte Medikamenten-Preise des Konzerns in der Dritten Welt. „Teile der evangelischen Kirche“, klagte Bayer-Chef Strenger darauf letztes Jahr, würden sich „an der Diffamierung unseres Unternehmens beteiligen“. Wie bestellt kam dazu aus der Aktionärsversammlung die Frage nach den Kirchensteuern, die BAYER-Mitarbeiter zahlen. Antwort: Allein 24 Millionen an die evangelische Kirche. „Innerkirchlichen Schaden“, entdeckte da Friedel Geislers Superintendent Ernst Günther, habe die Pastorin mit ihren Auftritten bei BAYER angerichtet.

Friedel Geisler war bis zuletzt bei der CBG aktiv, unter anderem in der Kirchentags-Gruppe. Auch war sie langjähriges Mitglied der Solidarischen Kirche im Rheinland (Soki). Privat arbeitete sie als Psychotherapeutin. In ihrer Heimatstadt Solingen beteiligte sie sich an vielen Projekten: Sie gründete die Funzel, Vorläufer der Jugend- und Drogenberatung, war Vorstandsmitglied von Frauen helfen Frauen und hob das Internationale Frauenzentrum mit aus der Taufe. Zudem unterstützte sie zahlreiche Projekte in Nicaragua.

Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Mit Friedel Geisler verlieren wir nicht nur eine treue Mitstreiterin und verdienstvolle Aktivistin, sondern auch eine Streiterin gegen Konzernmacht, Ausbeutung und Unterdrückung. Friedel war bis zuletzt sehr an der weiteren Stärkung der CBG gelegen. In der derzeitigen Krise der CBG hat sie alles getan, um den Fortbestand des Netzwerks zu sichern.“

Chronik: Friedel Geisler, BAYER und das Landeskirchenamt

von Peter Bürger in „Transparent – Zeitschrift für die kritische Masse in der Rheinischen Kirche“

22.06.1975: Arbeitsvertrag der Superintendentur für die Theologin und Religionspädagogin als Leiterin der Jugend- und Drogenberatung Anonym e.V. in Solingen
02.11.1976: Befähigung zum Dienst als Gemeindemissionarin
16.03.1977: Neue, erweiterte Dienstanweisung als Basis für die Ordination: „a) Christliche Verkündigung, Seelsorge, Beratung…“
01.05.1977: Ordination zur Gemeindemissionarin
06.1985: Erster Auftritt auf der Bayer-Hauptversammlung
25.11.1985: – Juni 1986 Verträge zum Gehalt werden nach zehn Jahren zu Ungunsten der Arbeitnehmerin gekündigt.
18.07.1986: Zweiter Auftritt auf der Bayer-Hauptversammlung; anschließend schaltet sich das Landeskirchenamt (LKA) ein, weil Beschwerden eingegangen seien mit Bitte um Unterlassung solcher Auftritte.
24.06.1987: Dritter Auftritt auf der Bayer-Hauptversammlung. Die Medien berichten. Nun wird offiziell die Rede im LKA untersucht.
11.12.1987: Friedel Geisler wird ins LKA zitiert zum Gespräch über das BAYER-Engagement und den Titel „Pastorin“
28.04.1088: Der Solinger Superintendent entzieht F.G. die Erlaubnis, die Dienstbezeichnung ´Pastor´ zu führen – auf Anweisung des LKA.

Die Trauerfeier findet am Freitag, dem 23. September 2011, um 10 Uhr in der Stadtkirche Solingen, Fronhof, statt. Anschließend besteht die Möglichkeit zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken im Gemeindesaal. Die Urne wird im engsten Familienkreis beigesetzt.

Auf Wunsch von Friedel bitten wir an Stelle von Blumen und Kränzen um eine Spende für „Kunst im sozialen Brennpunkt“ und die „Humanitao Stiftung“ auf das Konto Friedemann Geisler bei der Stadt-Sparkasse Solingen, Konto Nr. 480 210, BLZ 342 500 00, mit dem Stichwort: Friedel.