3. Juli 2007, Westdeutsche Zeitung
Enteignet für das „Pulverfass“
Kohlenmonoxid-Pipeline: Eckhard Schmitz ist der erste Hildener, der einen Teil seines Bodens für den Pipeline-Bau abtreten soll. Er will gegen den Beschluss klagen. Die Stadt sichert Hilfe zu.
Hilden. Eckhard Schmitz ist ein temperamentvoller Mann. Wenn es um die Post geht, die er jetzt von der Bezirksregierung bekommen hat, redet er sich schnell in Rage. Auf die Düsseldorfer Behörde. Die Firma Bayer. Auf die Stadt. Denn mit Schreiben vom 13. Juni wurde dem Hildener mitgeteilt, dass er 855 Quadratmeter des Grundstücks seiner Firma SD Immobilienverwaltung an der Elberfelder Straße zeitweise abgeben muss – damit Bayer dort ein 300 Meter langes Teilstück seiner Kohlenmonoxid-Pipeline verlegen kann. „Ich wohne dann auf dem Pulverfass“, sagt Schmitz.
Schmitz hat Angst vor dem geruch- und farblosen, giftigen Gas, dass demnächst über sein Firmengelände und nahe an seinem Privathaus vorbeigeleitet werden soll. Für ihn ist die Leitung alles andere als sicher: „Da braucht einer nur eine Schaufel und eine Spitzhacke, und halb Hilden ist tot. Die Pipeline ist eine Bombe.“
In Wut versetzt den Unternehmer dagegen die Entschädigung, die Bayer laut dem der WZ vorliegenden Beschluss anbietet: 2500 Euro. „Das ist eine Beleidigung“, so Schmitz. Das 1,5-Hektar-Grundstück inklusive der in Familienbesitz befindlichen Villa sei drei Millionen Euro wert. Noch.
„Wer kauft denn das noch, sobald die Pipeline ins Grundbuch eingetragen ist?“ Schmitz hat daher gegen den Beschluss der Bezirksregierung Widerspruch eingelegt und beim Düsseldorfer Verwaltungsgericht Klage erhoben.
Von der Stadt fühlt sich Schmitz bei seinem Widerstand im Stich gelassen. Wenn die Pipeline acht Meter weiter nach Osten gelegt worden wäre, liefe sie durch den Stadtwald, argumentiert er. „Die Stadt hat es geschafft, dass die Pipeline-Trasse in der Giesenheide geändert wurde. Warum kann sie dann nicht ihre Bürger schützen?“ Er spricht von verletzter Fürsorgepflicht.
Einspruch, heißt es dazu aus dem Rathaus. „Wir tun alles, was in unserer Macht steht“, sagt der 1. Beigeordnete Horst Thiele. Dazu zähle die finanzielle und juristische Unterstützung der Klage Schmitz‘ gegen die Bezirksregierung. „Wir werden das bei allen Klagen aus Hilden tun“, sagt Thiele mit Blick auf einen entsprechenden Rats-Beschluss.
Stadt hat keine Handhabe zur Unterstützung betroffener Bürger
Ansonsten seien aber betroffene Grundbesitzer die einzigen, die Widerspruchs- und Klagerecht gegen die Pipeline-Trasse hätten – so wie die Stadttochter GkA im Fall Giesenheide. „Wir können nicht für Grundstücke Dritter sprechen“, bedauert Thiele, „so ist die Rechtslage.“
Eckhard Schmitz jedenfalls will sich nicht auf den Rechtsweg allein verlassen: Er kündigt „tatkräftigen Widerstand“ gegen den Pipeline-Bau auf seinem Gelände an. Die Initiative „Bau-Stopp für die Bayer-Pipeline“ und die Bürgeraktion haben bereits ihre Unterstützung beim Protest zugesagt.
Gemeinwohl?
Kommentar von Florian Launus
„Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.“ – Artikel 14 des Grundgesetzes. Dient es der Allgemeinheit, wenn Bayer mit Hilfe des Landtages auf privatem Boden eine Giftgas-Leitung bauen und so diesen Boden erheblich im Wert mindern darf? Dass die Entschädigung dafür, wie bei Eckhard Schmitz, äußerst gering ausfällt? Das ist kein Gemeinwohl, sondern ein Skandal, der nun Hilden erreicht. Der Stadt kann man das wohl kaum vorwerfen. Eher diversen Abgeordneten auch im Kreis Mettmann, die künftig besser genauer lesen sollten, über was sie so alles abstimmen.