CBG zur heutigen Bundesrat-Sitzung
Presse-Information vom 14.06.2024
Am heutigen Freitag berät der Bundesrat über die weitere Zukunft von Glyphosat in Deutschland. Dazu liegen Empfehlungen vor, die Auflagen zu lockern und den Gebrauch auch in Wasserschutzgebieten zu erlauben.
„Das wäre absolut verantwortungslos. Die EU hat zwar die Zulassung von Glyphosat im November letzten Jahres verlängert, die Mitgliedsländer aber explizit dazu angehalten, dem Schutz des Grundwassers in gefährdeten Gebieten und dem Schutz von Oberflächengewässern besondere Aufmerksamkeit zu widmen“, hält Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren fest.
Überdies hat die Europäische Union die Effekte des Herbizids auf die Artenvielfalt wegen fehlender Studien nicht abschließend bemessen können. Sie sprach von einer „generellen Daten-Lücke“. Damit nicht genug, machte die EU über 20 weitere „data gaps“ aus. Diese betrafen unter anderem die Entwicklungsneurotoxizität – also die Auswirkungen des Mittels auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern – sowie mögliche Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen. Zudem blieb „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offen, da keine Angaben der Hersteller zu den Glyphosat-Rückständen auf Karotten, Weizen und Salat vorlagen.
Den Umgang mit diesen Unwägbarkeiten überlässt die EU ausdrücklich den Mitgliedsländern. Wenn ein Staat trotz der Einführung von Risikominderungsmaßnahmen noch Bedenken hätte, dürfe er „die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in seinem Hoheitsgebiet beschränken oder verweigern“, heißt es im sogenannten Renewal Report.
„Und eben das muss die Politik nun tun, zumal der Rechtsweg offen ist“, fordert Stelzmann und verweist dazu auf die entsprechenden Expertisen von der Heinrich-Böll-Stiftung, Aurelia und der Deutschen Umwelthilfe. Aurelia und die Deutsche Umwelthilfe nennen dabei als einen Ansatzpunkt den Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Dieser Paragraf gestattet es bei neuen EU-Regularien nämlich, einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, wenn das z. B. der Umweltschutz gebietet. Auch böte die von Brüssel ohnehin vorgeschriebene Überprüfung der Genehmigung vom November 2023 die Möglichkeit, das Herbizid aus dem Verkehr zu ziehen. Darüber hinaus gestatte das EU-Recht Notfallmaßnahmen bei Wirkstoffen mit schwerwiegenden Risiken für Mensch, Tier und Umwelt.
Der langen Liste der Glyphosat-Risiken fügten französische WissenschaftlerInnen unlängst noch einen Eintrag zu. Eine ForscherInnen-Gruppe um Claudine Vasseur untersuchte das Sperma französischer Männer und fand Glyphosat-Spuren. Dabei überstiegen die Rückstände diejenigen im Blut um den Faktor 4. „Zusammengefasst deuten unsere Ergebnisse auf einen negativen Einfluss von Glyphosat auf die reproduktive Gesundheit des Menschen und möglicherweise seiner Nachkommenschaft hin“, resümieren sie. Deshalb fordern Vasseur & Co. die Politik eindringlich auf, zu reagieren und dem Vorsorgeprinzip Geltung zu verschaffen.
„Die Politik hat also genug Möglichkeiten zu handeln, sie muss diese nur nutzen“, konstatiert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann abschließend.