Liebe Leserinnen und Leser,
im November 2013 wurden die ersten vier Projekte der German Food Partnership (GFP) „feierlich“ präsentiert. Friedrich Kitschelt, Abteilungsleiter im Entwicklungsministerium, lobte die Kooperation mit dem Agro-Business als „einzigartig“, „stilbildend“ und „besonders überzeugend“. Aus „nur“ 20 Millionen Euro Entwicklungshilfe-Geldern würden so 80 Millionen Euro, die in PPP-Projekte (Public-Private Partnership) in Afrika und Asien flössen.
„Die Unternehmen verfolgen das Ziel, nachhaltige Landwirtschaft zu fördern, um die Nahrungsmittel-Produktion, Verteilung und Ernährungssituation in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu verbessern.“ Hans-Joachim Wegfahrt von BAYER CROPSCIENCE ließ allerdings keinen Zweifel am eigentlichen Sinn der Übung. „Unser Business ist nun mal der Verkauf von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut“, erklärte er. Es geht BAYER um eine (zweite) Grüne Revolution, sprich um eine Produktionssteigerung mit Hochertragssorten, Gentechnik und einem massiven Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden. Eine „Grüne Revolution wird man nicht mit Kleinbauern machen“, so Wegfahrt: „Wir brauchen eine Konsolidierung“.
BAYER CROPSCIENCE ist auch die „treibende Kraft“ hinter der „Better Rice Initiative in Asia“ (BRIA). Wo bei dem Projekt also BRIA draufsteht, ist BAYER, aber auch BASF und YARA drin. Es wird mit insgesamt 10,8 Millionen Euro unterstützt. BASF wird BRIA in Indonesien und Thailand umsetzen, BAYER in Thailand, Philippinen und Vietnam. Auf den Philippinen beginnt das Projekt. Der Anteil von Hybridsaatgut beträgt dort nach Angaben von Hans-Joachim Wegfahrt nur sechs Prozent. Der Durchschnittsertrag liegt bei 3,8 Tonnen pro Hektar. Hier bietet sich BAYER ein attraktives Marktpotenzial. Das RICE WATCH AND ACTION NETWORK kritisiert hingegen, dass die Förderung von Hybridreis „ein deutliches Beispiel für eine fehlgeleitete Intervention ist, die mehr Probleme schafft, als sie vorgibt zu lösen“. Solch ein Programm oder so eine Unterstützung gebe es nicht für FarmerInnen, die traditionelle oder bauernbasierte Anbausysteme wählen. Die FarmerInnen hätten weniger Optionen, ganz unabhängig von dem Potenzial, was die Projekte böten.
Ein Anbausystem mit viel Potenzial ist das System of Rice Intensification (SRI). Es erlaubt Produktionssteigerungen von 50-100 Prozent im Gegensatz zu den versprochenen 15-20 Prozent bei Hybridreis. Gleichzeitig werden 90 Prozent weniger Saatgut und 50 Prozent weniger Wasser gebraucht. FarmerInnen können also mehr Reis mit weniger Wasser, weniger Saatgut, weniger Düngemitteln und Pestiziden und oft auch mit weniger Arbeit produzieren. Das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ und die „Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit“ (GIZ) ignorieren jedoch solche progressiven Ansätze. Die Zusammenarbeit mit BAYER, BASF & Co. scheint Vorrang zu haben vor der Förderung von nachhaltigen Lösungen, die offensichtlich weniger im Interesse des Agro-Business sind, obwohl der entwicklungspolitische Mehrwert dieser Kooperation nicht ersichtlich ist. Die Vorhaben betreffen das Kerngeschäft dieser Unternehmen, das sollte nicht auch noch mit knappen Entwicklungshilfe-Ressourcen gefördert werden. OXFAM und andere Nichtregierungsorganisationen fordern deshalb, die German Food Partnership zu beenden.
Marita Wiggerthale
Referentin für Welternährung und Globale Agrarfragen bei Oxfam Deutschland