Liebe LeserInnen und Leser,
Thailand gehört zu den führenden Wirtschaftsnationen Südostasiens, aber seine ökonomische Entwicklung ging auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt. Der Fortschrittswettlauf begann in den 1960er Jahren mit erbarmungslosen Waldzerstörungen zur Nutzholz-Gewinnung und setzte sich fort mit einem Ausbau der landwirtschaftlichen Flächen für Reis und Kautschuk und schließlich in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren durch eine rapide Industrialisierung mit giftigen und gefährlichen Technologien.
Das Paradigma der Entwicklung um jeden Preis schloss den wichtigsten Teil des Landes – seine BürgerInnen und Kommunen – weitgehend aus und behinderte den Umweltschutz. Wie vorauszusehen, hat das zu einer nie da gewesenen Vergiftung von Luft, Wasser, Feldern und Fischgründen am Golf von Thailand sowie zu einer Bedrohung der Gesundheit und des Lebensumfeldes von Millionen von Menschen geführt.
Die Industrie-Zone in Map Ta Phut steht im Zentrum dieser verengten Entwicklungsstrategie. Nach Auffassung der Regierung ist dieser Komplex von Öl-Raffinerien, Pestizid-, PVC- und Plastik-Fabriken von BAYER und anderen Unternehmen, Eisen- und Metall-verarbeitenden Betrieben, Kohle- und Gaskraftwerken das Schwungrad, das die Industrie des Landes antreibt. Aus der Perspektive der Zehntausenden von Anwohnern sieht das aber anders aus. Schon ein Atemzug setzt sie lebensgefährdenden Gesundheitsgefahren aus. Map Ta Phut ist vielleicht der giftigste Ort von ganz Thailand.
Das schnelle Wachstum des industriellen Sektors hat bedrohliche Umweltprobleme geschaffen – Luftverschmutzung, Verunreinigung von Gewässern, Verdampfung organischer Verbindungen und Wasserknappheit. Sie alle sind bis heute ungelöst.
Die Krebsrate in der Region ist höher als in jedem anderen Landesteil. Nach einer GREENPEACE-Studie von 2005 atmen die Menschen in der Provinz Rayong einen Cocktail aus giftigen und krebserregenden Chemikalien ein, dessen Konzentration die in westlichen Industrieländern gültigen Grenzwerte um das 60 – 3.000fache überschreitet. Zudem tragen die Errichtung neuer Kohlekraftwerke und der Ausbau energie-intensiver Industrien zum Klimawandel bei, der Zukunftsszenarien zufolge katastrophale Auswirkungen auf das Land haben wird.
Trotzdem haben diese offen zu Tage tretenden Umwelt- und Gesundheitsgefährdungen die Rolle Map Ta Phuts als Schrittmacher der Ökonomie nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil, die Industrie-Zone will weiter wachsen und dient der Regierung obendrein als Vorbild bei Plänen für entsprechende Cluster an der Südküste.
Der Fall „Map Ta Phut“ zeigt, dass der besinnungslose Industrialisierungskurs der thailändischen Regierung zu einer schmutzigen Entwicklung führt und die Ressourcen bedroht, die essenziell für eine ökonomische Nachhaltigkeit sind. Diese Ressourcen – das Leben und die Gesundheit der Menschen und deren Basis: das Ökosystem und die Artenvielfalt – werden einem kurzfristigen Wohlstand geopfert, von dem nur ein kleiner Teil der Gesellschaft profitiert.
Ohne Frage ist dies ein ungerechtes und nicht nachhaltiges Entwicklungsparadigma. Es ist ein Paradigma, das Länder in einem Kreislauf von Armut und Umweltzerstörung gefangen hält, der jedem Begriff von Entwicklung widerspricht. Aber Thailand kann diesem Kreislauf entkommen, wenn es begreift, das es ein gerechtes und nachhaltiges Entwicklungsmodell gibt. Die momentane Krise eröffnet eine einzigartige Chance, um das Fundament für eine grünere und fairere Wirtschaft zu legen.
Tara Buakamsri gehört der Südostasien-Sektion von GREENPEACE an