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Die Abstimmung

Marius Stelzmann

BLACKROCK & Co. schreiten zur Wahl

Wie in jedem Jahr stimmten auch in diesem die AktionärInnen der BAYER AG über die Entlastung von Vorstand, Aufsichtsrat sowie über weitere Tagesordnungspunkte ab. Die Ergebnisse zeigen: Der Druck auf das Management wächst.

Der BAYER-Konzern hat gemäß dem Geschäftsbericht für das Jahr 2023 638.000 AktionärInnen, die über 982 Mio. Aktien mit einem Kapitalwert von 27,64 Milliarden Euro (Stand 2.05.2024) halten, was 28,13 Euro je Aktie entspricht. Die zehn größten Anleger halten zusammen rund 16 Prozent aller vorhandenen Aktien.

Abstimmungen auf Hauptversammlungen der Konzerne werden bestimmt von dem Block der ca. ein Prozent GroßaktionärInnen (Ultrareiche, Investmentfonds, Banken etc.). Sie besitzen bis zu 90 und mehr Prozent aller anwesenden Aktien und haben für jede von ihnen eine Stimme.

Vor diesem Hintergrund sollten die Abstimmungsergebnisse der diesjährigen Hauptversammlung betrachtet werden: Die Kritischen AktionärInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) stimmen bei allen Tagesordnungspunkten mit NEIN und forderten die übrigen Aktien-HalterInnen auf, es ihnen gleichzutun. Jede Rede enthielt diesen Passus. Diesem Aufruf schloss sich eine beträchtliche Zahl der AktionärInnen an. Das Stichwort BAYER beschränkt sich im Folgenden auf die  Nein-Stimmen und Enthaltungen bei ca. 430 Mio. bis 552 Mio.

Gewinnverwendung

Die CBG würde in ihren Gegenanträgen am liebsten dafür plädieren, die Gewinnausschüttung auf NULL Euro zu senken. Da dies gesetzlich nicht möglich ist, fordert sie immer, nur die Mindestsumme von zehn Cent pro Aktie auszuschütten und die Gewinne stattdessen für BAYER-Geschädigte, die Behebung von Umweltschäden, Wiedergutmachung für Verbrechen und Mord des von BAYER mitgegründeten Mörder-Konzerns I.G. FARBEN während des Hitlerfaschismus sowie für sozial gerechte Löhne zu verwenden. Dieses Jahr erfüllte BAYER den ersten Teil der Forderungen. Der Konzern kündigte bereits im Vorfeld der Hauptversammlung an, nur 11 Cent auszahlen zu wollen. Allerdings nicht, weil er endlich ein Einsehen hatte. Stattdessen trieb ihn die hohe Verschuldung dazu. Darum sparte sich die Coordination dieses Mal den Gegenantrag zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt.

Nein-Stimmen:   3,9 Mio.   0,70%

Enthaltungen:     1,0 Mio.   0,18%

Summe:            4,9 Mio.   0,88%

(Zahlen jeweils gerundet)

Damit liegt der Anteil der NEIN-Stimmen und Enthaltungen immerhin 0,26 % über dem des letzten Jahres, in absoluten Zahlen eine Million mehr.

Entlastung: Vorstand

Die CBG hat vorgeschlagen, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten, weil sie für Verbrechen an Mensch und Umwelt, Profitgier und Ausbeutung verantwortlich sind. Da zunächst der Vorschlag des Vorstands auf Entlastung beraten wurde, forderte die CBG alle AktionärInnen auf, mit NEIN zu stimmen.

Nein-Stimmen: 43,1 Mio.    7,8 %

Enthaltungen:  34,1 Mio.    6,1 %

Summe:          77,2 Mio.  13,9 %

Damit lag der Anteil der Nein-Stimmen und Enthaltungen deutlich über dem des letzten Jahres, wo er 4,9 % betrug. Und die Zeiten mit Ergebnissen von 99,9 Prozent Ja-Stimmen sind eh lange vorbei. 2029 verweigerten die AktionärInnen dem Vorstand sogar die Entlastung.

Entlastung: Aufsichtsrat

Die CBG hat vorgeschlagen, die Mitglieder des Aufsichtsrates nicht zu entlasten, weil sie verantwortlich sind für Verbrechen an Mensch und Umwelt, für Profitgier und Ausbeutung. Da zunächst der Vorschlag des Vorstands auf Entlastung beraten wurde, forderte die CBG alle AktionärInnen auf, mit NEIN zu stimmen.

Nein-Stimmen: 31,71 Mio.   5,7%

Enthaltungen: 34,05 Mio.   6,15%

Summe:        65,76 Mio. 11,85%

Damit liegt der Anteil der Nein-Stimmen und Enthaltungen am Gesamtstimmanteil ebenfalls höher als im Jahr 2023, wo er sich auf 9,6 % belief.

Aufsichtsratswahlen

Der Aufsichtsrat kontrolliert und berät den Vorstand und wird für diese Aufgabe in großem Umfang entlohnt. Die Wahl verlief jedoch alles andere als glatt. Die meisten Gegenstimmen erhielt der seit 2020 im Aufsichtsrat sitzende Horst Baier, die wenigsten die neu bis 2028 in den Aufsichtsrat gewählte US-Amerikanerin Lori Schechter, obwohl sie die meisten verdient hätte. Sie empfahl sich für den Posten nämlich durch ihre Arbeit beim Pharma-Unternehmen McKesson, für das sie erfolgreich Schadensbegrenzung in der Opioid-Krise betrieben hatte. Gleiches soll sie nun für den Leverkusener Multi in Sachen „Glyphosat“ tun. Der aktivistische BAYER-Aktionär Jeffrey Ubben hatte bereits 2023 Anspruch auf einen Aufsichtsratsposten erhoben. In diesem Jahr musste der Konzern sich fügen. Unter anderem tat sich Ubben bislang mit dem Vorschlag hervor, sich den hohen Zahlungen an Glyphosat-Geschädigte durch das Anmelden einer Teil-Insolvenz zu entziehen, wie sie das Firmenrecht im Bundesstaat Texas erlaubt. Als „Texas Two-Step“ firmiert das in Unternehmenskreisen.

Horst Baier:

Nein:              45.29 Mio.  8,17 %

Enthaltungen:   1,39 Mio.  0,25 %

Summe:        46,68 Mio.  8,42 %

Ertharin Cousin:

Nein:              19,91 Mio.  3,66 %

Enthaltungen:   2,63 Mio.  0,47 %

Summe:        22,54 Mio.  4,13 %

Lori Schechter:

Nein:                2,97 Mio.  0,53 %

Enthaltungen:   2,63 Mio.  0,47 %

Summe:          5,60 Mio.       1 %

Dr. Nancy Cole:

Nein:                4,10 Mio.  0,74 %

Enthaltungen:   2,60 Mio.  0,47 %

Summe:          6,70 Mio.  1,21 %

Jeffrey Ubben:

Nein:                9,21 Mio.  1,66 %

Enthaltungen:   2,65 Mio.  0,48 %

Summe:         11,86 Mio.  2,14 %

Vergütungssystem

Viele Gegenstimmen kassierte BAYER beim Vorschlag zur maßlosen Vergütung der Vorstände.

Nein:              33,01 Mio.  5,97 %

Enthaltungen: 66,90 Mio.   12,1%

Summe:        99,91 Mio. 18,07 %

Vergütungsbericht

Die meisten Gegenstimmen allerdings kassierte der Konzern bei der Abstimmung über den Vergütungsbericht, der den Anspruch erhebt, die Vergütung der FirmenlenkerInnen transparent zu machen.

Nein:            124,37 Mio. 22,49 %

Enthaltungen: 66,79 Mio. 12,08 %

Summe:      191,16 Mio. 34,57 %

Neuordnung Agro-Sparte

BAYER stellte eine Neuordnung des Status‘ der Agro-Sparte innerhalb des Unternehmens zur Abstimmung, um Steuern zu sparen, wie Finanzvorstand Wolfgang Nickl in seiner Rede erläuterte: „Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ermöglicht neben erheblichen administrativen und rechtlichen Vereinfachungen eine steueroptimale Berücksichtigung der Gewinne und Verluste der BCS AG im Rahmen der körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft. Es kann eine zusammengefasste Besteuerung der BAYER AG und der BCS AG erfolgen, die einen steuerlichen Gewinn- bzw. Verlustausgleich ermöglicht. Dadurch fällt nur bei der BAYER AG Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer an.“ Das kam bei den AktionärInnen natürlich gut an.

Nein:                0,88 Mio.  0,16 %

Enthaltungen:     1,3 Mio.  0,23 %

Summe:         2,18 Mio.  0,39 %

Ergebnisse

Wenn bei BAYER abgestimmt wird, dann nach BAYER-eigenen Regeln. Ergeben in wirklich demokratischen Abstimmungen die Nein-Stimmen, die Ja-Stimmen und die Enthaltungen eine Summe von 100 Prozent aller abgegebenen und gültigen Stimmen, so werden bei BAYER nur die Ja- und die Nein-Stimmen gezählt, die Enthaltungen fallen komplett unter den Tisch. Bis zum Jahr 2020 wurden von BAYER trotz aller Proteste sogar die Enthaltungen der Öffentlichkeit komplett vorenthalten. Erst zur Hauptversammlung 2020 konnte durch den Druck der KritikerInnen durchgesetzt werden, dass Enthaltungen in den Abstimmungsergebnissen offengelegt werden.

Die BAYER-spezielle 100-Prozent-Rechnung wurde aber dennoch nicht geändert. Die Enthaltungen werden zwar in absoluten Zahlen ausgewiesen, finden in den Prozentuierungen aber weiterhin keinen Niederschlag. In altgewohnter Manier werden nur die Ja- und die Nein-Stimmen in die Prozent-Rechnung einbezogen, weshalb die CBG immer eine eigene Rechnung aufmacht.

So frisierte der Konzern die Abstimmungsergebnisse auch 2024 wieder zu seinen Gunsten. Wobei dann noch zu berücksichtigen ist, dass immerhin mehr als 40 Prozent der Aktien bei den Abstimmungen gefehlt haben. Tatsächlich entlastet haben also immer nur ca. 56 Prozent aller Aktien. ⎜

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