Presse Information vom 22. September 2010
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Neuer BAYER-Chef: Wachsender Druck auf Arbeitnehmer befürchtet
Marijn Dekkers mit Karikatur begrüßt / Verkauf von BAYER MaterialScience in der Diskussion
Kritische Aktionäre begrüßen den neuen BAYER-Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers mit einer Karikatur, die den Niederländer auf einer qualmenden Dampfwalze zeigt. Die Bildunterschrift in holländischer Sprache Opgepast Marijn Dekkers – Profijt is niet lekkers! warnt vor einer rücksichtslosen Erhöhung der Renditeziele des Konzerns. Dekkers tritt den Posten am 1. Oktober an.
Hubert Ostendorf von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Die Bilanz von Marijn Dekkers in amerikanischen Firmen lässt befürchten, dass BAYER auch künftig Gewinne zu Lasten der Mitarbeiter und der Umwelt erwirtschaften wird.“ Konkret in der Diskussion steht der Verkauf der Sparte MaterialScience. Teile des Kunststoff-Geschäfts hatte BAYER schon 2004 zusammen mit dem Chemie-Bereich abgestoßen; dies führte zu Entlassungen und deutlichen Lohn-Einbußen der verbliebenen Belegschaft.
Der Leverkusener Multi rekrutiert seinen neuen Vorstandsvorsitzenden erstmals nicht aus den eigenen Reihen, sondern ließ diesen von Headhuntern aufspüren. Der Holländer entsprach am besten den Vorstellungen, die sich BAYER vom Nachfolger des langjährigen Vorsitzenden Werner Wenning gemacht hatte: gute Beziehungen zu den Kapitalmärkten, Internationalität und Erfahrung im Kaufen und Verkaufen von Firmen und Betriebsteilen. Besonders über letztere Qualifikation verfügt Marijn Dekkers nicht zu knapp: bei seinem früheren Arbeitgeber, dem amerikanischen Laborgeräte-Hersteller Thermo Electron Corporation, veräußerte er 45 Firmensparten, machte Dutzende von Fabriken dicht und vernichtete Tausende von Arbeitsplätzen, ehe er den größeren Konkurrenten Fisher Scientific übernahm.
Für die Tochterfirma Bayer MaterialScience (BMS) hat BAYER bereits 2007 nach Interessenten Ausschau gehalten. Selbst mitten in der Rezession, als die Umsätze im Kunststoff-Markt einbrachen und kaum jemandem in der Branche der Sinn nach Akquisitionen stand, führte BAYER Verhandlungen mit Investoren aus Abu Dhabi. Vor drei Jahren hatte BMS trotz eines Rekordgewinns rund 10% der Arbeitsplätze – weltweit etwa 1.500 – gestrichen. In Belgien will BMS die Löhne aktuell trotz bestehender Tarifverträge und trotz eines Rekordgewinns um 10% kürzen.
Die Märkte verlangen indes weiteren Kahlschlag: „Von Dekkers erhoffen sich viele Analysten, dass sich der erste nicht im Konzern aufgewachsene Vorstandschef möglichst schnell vom ungeliebten Kunststoffgeschäft trennt“, so der Platow-Brief. Auch das Handelsblatt legt dem Holländer diesen Schritt nahe und fasst zusammen „Die Teilbereiche von BAYER verdienen zu wenig. Der neue Chef Dekkers muss durchgreifen“.
Auf die Beschäftigten dürften daher schwere Zeiten zukommen, selbst wenn sich BAYER für ein Festhalten am 3-Säulen-Modell aus Pharma, Kunststoff und Pestiziden entscheiden sollte. Ohne schwere Belastungen der Arbeitnehmer wird Dekkers den Wünschen der Investoren nicht gerecht werden können. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hingegen fordert, die rein auf Profit ausgerichtete Geschäftspolitik zugunsten einer ökologischen und sozial verantwortlichen Betriebsführung über Bord zu werfen. Der Verein arbeitet seit über 30 Jahren zu den Schattenseiten der BAYER-Geschäftspolitik.
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