Kampagne der CBG erfolgreich:
BAYER legt CO2-Emissionen offen
Erstmals veröffentlichte der BAYER-Konzern die Höhe seines Ausstoßes von Treibhausgasen und erfüllte damit eine langjährige Forderung der Coordination gegen BAYER-Gefahren. In der Hauptversammlung hatte BAYER auf diesbezügliche Fragen beharrlich geschwiegen, was sogar zu Kritik einer Unternehmensberatung führte. Mit Emissionen in Höhe von 7,9 Millionen Tonnen CO2 gehört der Konzern weiterhin zu den großen Klimasündern des Landes. Aktuell beteiligt sich BAYER an den Planungen für ein Steinkohlekraftwerk, das jährlich allein 4,4 Mio Tonnen Kohlendioxid in die Luft blasen würde.
von Philipp Mimkes
In seinem im Juli 2007 erschienenen „Nachhaltigkeitsbericht“ veröffentlichte der BAYER-Konzern neben den sogenannten „direkten“ Emissionen“ seiner Werke erstmals auch den Ausstoß von Treibhausgasen seiner Energie-Zulieferer. Der bislang von BAYER angegebene CO2-Ausstoß von jährlich 4,0 Millionen Tonnen wird durch diese „indirekten“ Emissionen in Höhe von 3,9 Mio Tonnen fast verdoppelt.
Zudem will BAYER von nun an darauf verzichten, Emissionsminderungen, die allein aus dem Verkauf von Unternehmensteilen resultieren, als Umweltschutz-Maßnahme zu deklarieren. Die noch im Frühjahr von BAYER-Chef Wenning getätigte Aussage, der Konzern habe den Ausstoß klimaaktiver Gase in den vergangenen 15 Jahren um 70% reduziert, wird im aktuellen „Nachhaltigkeitsbericht“ folgerichtig nicht aufrecht erhalten.
Damit kommt das Unternehmen Forderungen der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) nach. Die CBG hatte im vergangenen Jahr nachgewiesen, dass die von BAYER behauptete Reduktion der CO2-Emissionen zum größten Teil auf den Verkauf einer Tochterfirma sowie den gestiegenen Fremd-Bezug von Energie zurückzuführen war – also auf bilanziellen Umbuchungen, die nichts mit Klimaschutz zu tun haben. Medien, Umweltverbände und eine Reihe von Parlamentariern hatten sich der Kritik angeschlossen und die irreführende Außendarstellung des Konzerns kritisiert.
„begrenzte Relevanz“
Die Unternehmensberatung Arthur D. Little hatte in ihrer Beurteilung des vorherigen Nachhaltigkeitsberichts moniert: „Zusätzlich zum Energieverbrauch werden auch die CO2-Emissionen berichtet. Allerdings ist diese Information von begrenzter Relevanz, weil Emissionen aus der Produktion extern erzeugter Energie nicht berücksichtigt werden und die berichtete Reduzierung zum Teil aus dem zunehmenden „Out-sourcing“ der eigenen Energieerzeugung resultiert.“
Noch im vergangenen Jahr hatte der Konzern in der Hauptversammlung die Beantwortung entsprechender Fragen abgelehnt. Einen Brief des Bundestagsabgeordneten Reinhard Loske (Bündnis90/Grüne), in dem Loske nach den Emissionen der Energie-Zulieferer fragte, beantwortete BAYER-Vorstandsmitglied Udo Oels: „BAYER bezieht seit jeher an seinen Standorten weltweit Energie von diversen Versorgern, die auf unterschiedlicher Basis und mit verschiedener Technik Strom und Dampf erzeugen. Eine konzernweite Umrechnung in CO2-Äquivalente würde auf zu vielen Annahmen beruhen, als dass valide Zahlen zu berechnen wären“.
Chemie ist Klimasünder
- 3
Zwölf Monate später war eine Veröffentlichung „valider Zahlen“ offenbar doch möglich – was nicht wirklich verwundert, da die Energieversorger über ihre Emissionen genau Buch führen (müssen), und auch der Schwester-Konzern BASF bereits seit mehreren Jahren den CO2-Ausstoß seiner Energie-Zulieferer veröffentlicht.
Die Chemie-Industrie bleibt somit hierzulande nach Strom- und Metallproduktion der Klimasünder Nr. 3. Insgesamt kommt die deutsche Industrie auf Emissionen in Höhe von 550 Millionen Tonnen CO2 und nimmt in Europa den Spitzenplatz ein. Wirklicher Klimaschutz wäre nur mit einer drastischen Reduktion dieser industriellen Emissionen möglich.
Industrie bremst
In der Öffentlichkeit bezeichnet sich BAYER stets als Vorbild in Sachen Klimaschutz. Weder im Geschäftsbericht noch auf der homepage oder in zahlreichen Pressemitteilungen fehlt der Hinweis auf die „Vorreiterrolle bei der Reduktion der Emissionen, durch die der Konzern sowohl die nationalen als auch die internationalen Zielvorgaben bereits heute übertroffen hat“.
Der Konzern trat zudem einer Reihe von Klima-Initiativen bei („Caring for Climate“, „Global Roundtable on Climate Change“, „Combat Climate Change“, etc) und wurde dafür sogar im Bundestag gelobt. Gemein ist diesen Initiativen jedoch, dass sie auf freiwillige Maßnahmen setzen und staatliche Eingriffe verhindern sollen. Prof. Jürgen Rochlitz von der Kommission für Anlagensicherheit des Umweltministeriums: „Initiativen wie „Caring for Climate“ reihen sich ein in die große Zahl von Absichtserklärungen, mit deren Hilfe die Industrie eine verbindliche Reduktion von Treibhausgas-Emissionen verhindern will. Wirksamer Klimaschutz wird damit nicht befördert – im Gegenteil.“
Forderungen an Politik
Die Präsentation der geschönten Klimabilanz verband BAYER-Chef Werner Wenning in den vergangenen Jahren stets mit Forderungen an die Politik. Auf der Wunschliste standen neben der Befreiung von der Ökosteuer und der Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes besonders ein entschärfter Emissionshandel. Gemeinsam mit 14 anderen Vorstandsvorsitzenden hatte Wenning im Winter einen Brief an Kanzlerin Merkel geschrieben und darin die von der EU vorgesehenen verbindlichen Emissions-Minderungen attackiert („gefährden Wachstum und Investitionen am Standort Deutschland“).
Uwe Friedrich Vorstand der CBG: „In der Öffentlichkeit stellt Werner Wenning den BAYER-Konzern als Vorreiter beim Klimaschutz dar. Gleichzeitig nutzte Wenning die irreführenden Zahlen, um eine Abschwächung gesetzlicher Regelungen zu fordern“. Es bleibt abzuwarten, ob nun nach Veröffentlichung der tatsächlichen, weit höheren Emissionen diese Forderungen aufrecht erhalten werden.
Prüfstein Kohlekraftwerk
Aktuell beteiligt sich BAYER an der Planung eines Steinkohlekraftwerks in Uerdingen, das über Jahrzehnte hinweg jährlich 4,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid produzieren würde (da hierfür Kohle aus Australien und Südamerika importiert soll, kämen die beim Transport anfallenden Emissionen noch hinzu). Auch Gefahrstoffe wie Schwefeldioxid und Stickoxide würden in großer Zahl ausgestoßen (s. SWB 2/2007).
Nachdem der Krefelder Stadtrat das Projekt aus Klimaschutzgründen zunächst abgelehnt hatte – mit den Stimmen von CDU und SPD! –, nutzt BAYER den Einfluss der weitgehend konzernhörigen IGBCE auf die SPD, um doch noch eine Baugenehmigung zu erhalten. „Wenn BAYER den Klimaschutz wirklich ernst nehmen würde, müsste das Unternehmen sofort auf den Einsatz einer solchen Dinosaurier-Technologie verzichten“, so Uwe Friedrich weiter.