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[CO Pipeline] Kohlenmonoxid

CBG Redaktion

14.07.07, Kölner Stadt-Anzeiger

Bayer-Pipeline: Bürgermeister fordern Baustopp

Monheim – Seit Monaten gehören die Stände der Bayer-Pipeline-Gegner in den betroffenen Städten zum Straßenbild. Tausende Unterschriften gegen den Bau der Kohlenmonoxid-Leitung zwischen den Bayer-Werken in Dormagen und Krefeld-Uerdingen sind inzwischen gesammelt worden. Ein technisches Gutachten hat dem Projekt erhebliche Sicherheitsrisiken bescheinigt, eine juristische Expertise erhebt nun verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Sondergesetz zur Genehmigung der Leitung, das der NRW-Landtag im März vergangenen Jahres mit großer Mehrheit beschlossen hat. Nun haben sich die Bürgermeister aus fünf betroffenen Städten und ihr Landrat direkt an Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit der Bitte gewandt, für einen sofortigen Stopp der im Mai begonnen Arbeiten zu sorgen.

Ein vorläufiger Baustopp würde für „die notwendige Waffengleichheit“ der klagenden Bürger vor den Gerichten sorgen, fordern die Bürgermeister von Ratingen, Monheim, Hilden, Langenfeld und Erkrath sowie der Landrat des Kreises Mettmann in ihrer gemeinsamen Resolution an Rüttgers. Sie machen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gelten. Unter anderem verletze das Rohrleitungsgesetz in seinen Enteignungsbestimmungen die Rechte der Grundeigentümer. Der Kölner Universitätsprofessor für Öffentliches Recht, Stefan Muckel, kommt zu dem klaren Schluss, dass das Gesetz „verfassungswidrig und nichtig“ ist.

Schon die technische Beurteilung des Projektes, vom Bochumer Professor für Verfahrenstechnik Gerd Falkenhain für die Stadt Monheim erstellt, hatte im Mai für Furore gesorgt. Falkenhain hält die Sicherheitsstandards der Anlage für unzureichend. So sei ein zu hoher Leitungsdruck zugelassen, die Feststellung kleinerer Lecks nicht ausreichend sichergestellt. Bei Explosion der Pipeline, so rechnete der Gutachter hoch, könnten bis zu 142 000 Menschen in Lebensgefahr sein. Das hält Düsseldorfs Regierungspräsident Jürgen Büssow als – inzwischen beklagter – Chef der örtlichen Genehmigungsbehörde für „unverantwortliche Panikmache“ und spricht von „Horrorszenarien“.

Monheims Bürgermeister Thomas Dünchheim beklagt dagegen „Wildwest-Manieren“ und „Dampfwalzen-Mentalität“ bei den Genehmigungsbehörden, die sich rigoros über alle Einsprüche hinwegsetzten. Außerdem sei der Sinn des Projektes fragwürdig: „Im Planfeststellungsbeschluss wird aufgeführt, die Pipeline sei notwendig, um Arbeitsplätze zu sichern. Tatsache ist aber, dass Bayer die Koksvergasung in Uerdingen schließen will, sobald die Pipeline in Betrieb geht.“

Als völlig unverständlich bezeichnet Gutachter Falkenhain schon den geplanten Trassenverlauf. Die vorgesehene rechtsrheinische Route ist 67 Kilometer lang und muss zweimal den Rhein unterqueren. Linksrheinisch wäre dagegen nur eine Distanz von 33 Kilometern zu überwinden gewesen. Möglicherweise wolle Bayer die überlange Trasse nur als Kohlenmonoxid-Speicher nutzen. VON BERT GERHARDS

13.07.2007, Rheinische Post

Karlsruhe soll Pipeline kippen

Landrat und Bürgermeister präsentierten gestern ein Rechtsgutachten. Danach widerspricht das die umstrittene CO-Pipeline begleitende Enteignungsgesetz dem Grundgesetz. Außerdem verabschiedet: Resolution an Rüttgers.

Auf den roten Roben der Karlsruher Verfassungsrichter ruhen seit gestern die Hoffnungen der Gegner der vom Bayer-Konzern vorangetriebenen Kohlenmonoxid(CO)-Pipeline. Im Monheimer Ratssaal präsentierten die Bürgermeister Thomas Dünchheim (Monheim), Günter Scheib (Hilden), Harald Birkenkamp (Ratingen), Arno Werner (Erkrath), die Langenfelder Beigeordnete Marion Prell sowie Landrat Thomas Hendele gemeinsam ein Gutachten des Kölner Universitätsprofessors Stefan Muckel. Die klare Botschaft: Die zurzeit vom Düsseldorfer Regierungspräsidenten massiv vorangetriebene Enteignung städtischer und privater Grundstücke zugunsten der Bayer-Pipeline widerspricht dem Artikel 14 des Grundgesetzes.

Alle Tassen im Schrank
„Nur Juristen, die nicht mehr alle Tassen im Schrank haben, können jetzt noch glauben, dass das Pipeline-Begleitgesetz zur Grundstücks-Enteignung der Verfassung entspricht“, sagte Dünchheim. Gleichzeitig mit der Präsentation des rund 100-seitigen Rechtsgutachtens unterzeichneten Landrat und Bürgermeister eine von Dünchheim verfasste Resolution an Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Hierin wird der NRW-Regierungschef aufgefordert, den Bau der Pipeline vorerst zu stoppen.
In einem Kurzvortrag skizzierte Muckel die Kernpunkte seiner Expertise. Sein vernichtendes Urteil: Das seinerzeit ohne Aussprache vom Landtag in Düsseldorf verabschiedete Gesetz ist derart mit der heißen Nadel gestrickt, dass es dem bei Enteignungen vorgeschriebenen Allgemeinwohl-Anspruch nicht erfüllen kann. Muckel: „Es muss in sehr konkreter Weise dargelegt werden, warum und in welchem Ausmaß eine Besitz-Einweisung bzw. Enteignung tatsächlich dem Allgemeinwohl dient. Das Gesetz versäumt dies. Es nennt nur floskelhaft die Sicherung von Arbeitsplätzen bzw. den Chemie-Standort Nordrhein-Westfalen.“ Freilich räumte der Professor ein, dass der Landtag nach Lektüre seines Gutachtens rasch ein wasserdichtes Begleit-Gesetz nachschieben könnte, um das Projekt nicht zu gefährden. Für Hildens Bürgermeister Scheib kein Grund, nervös zu werden. „Ich glaube nicht, dass Bayer den Job-Effekt in einer verfassungsrechtlich relevanten Weise dokumentieren kann.“ Auch der Ratinger Verwaltungsboss ließ kein gutes Haar an den Argumenten des Chemie-Riesen. Im Nordkreis hatte Bayer mit einer parallel verlaufenden Leitung des Anbieters Wingas argumentiert. Nur wer gleichzeitig die CO-Pipeline verlege, verbrauche weniger Fläche und schone so die Natur. Birkenkamp: „Wer sagt, die Verlegung einer ungenügend gesicherten Gift-Leitung schone die Natur, stellt die Argumente komplett auf den Kopf.“
VON JÖRG JANSSEN

Bürgermeister fordern Stopp der CO-Pipeline

(RPO) Bürgermeister aus dem Kreis Mettmann haben den sofortigen Stopp der Bauarbeiten für die Kohlenmonoxid-Pipeline des Chemiekonzerns Bayer gefordert. Gemeinsam mit Landrat Thomas Hendele (CDU) unterzeichneten die fünf Stadtväter am Donnerstag in Monheim eine Resolution gegen die Errichtung und den Betrieb der geplanten Trasse zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) forderten sie dazu auf, sich für die Einstellung der Bauarbeiten einzusetzen. Bayer will mit der Pipeline seine beiden Standorte in Dormagen und Krefeld verbinden, da in beiden Chemieparks Kolonmonoxid für die Kunststoffproduktion benötigt wird.
Die Bürgermeister führten in ihrer Resolution als Begründung an, dass das vom Landtag verabschiedetes Rohrleitungsgesetz, das die notwendige rechtliche Grundlage für die Enteignungen entlang der geplanten Trasse legt, verfassungswidrig sei. Unter anderem berücksichtige es nicht ausreichend das Grundrecht auf Eigentum, betonten die Stadtväter und beriefen sich dabei auf ein von der Stadt Monheim in Auftrag gegebenes Gutachten.
Zudem gebe es umfassend begründete Sicherheitsbedenken gegen den Bau der Leitung, hieß es weiter. So kommt ein Gutachten, das die Kreisverwaltung Mettmann in Auftrag gegeben hatte, zu dem Schluss, dass bei einem Bruch der Leitung über 143 000 Menschen in einem Radius von 1,5 Kilometern gefährdet seien. Nach einem weiteren Gutachten der Stadt Monheim sind die Sicherheitsvorkehrungen des Bayer-Konzerns unzureichend.

11.07.07

Resolution gegen die Errichtung und den Betrieb einer Kohlenmonoxyd-Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen

Bürgermeister Harald Birkenkamp, Ratingen
Bürgermeister Dr. Thomas Dünchheim, Monheim am Rhein
Bürgermeister Günter Scheib, Hilden
Bürgermeister Magnus Staehler, Langenfeld
Bürgermeister Arno Werner, Erkrath
Landrat Thomas Hendele, Kreis Mettmann
An den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen

Herrn Dr. Jürgen Rüttgers
Landtag, Stadttor 1
40219 Düsseldorf

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
anliegend überreichen wir Ihnen das von uns in Auftrag gegebene Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des „Gesetzes über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen“ vom 21.03.06 (GV NRW 2006, 130). Wir setzen Sie in Kenntnis, dass das vom Nordrhein-Westfälischen Landtag erlassene Rohrle itungsgesetz in mehrfacher Hinsicht hinter den Anforderungen zurückbleibt, die das Bundesverfassungsgericht für Enteignungsgesetze aus Art. 14 Abs. 1 und 3 GG abgeleitet hat. Im Einzelnen hat die rechtsgutachterliche Prüfung des Rohrle itungsgesetzes folgendes ergeben:
1. Das Rohrleitungsgesetz ist (im Hinblick auf die Enteignungszwecke und im Hinblick auf den Verlauf
der Leitung) nicht hinreichend bestimmt.
2. Dem Gesetz liegt keine abwägende Bewertung der widerstreitenden Interessen und Belange
zugrunde. Die gebotene enteignungsrechtliche Gesamtabwägung hat weder der Gesetzgeber selbst
vorgenommen noch hat er in dem Gesetz Vorgaben für eine sachgerechte Bewertung der widerstreitenden
Interessen durch die Verwaltung formuliert.
3. Das Rohrleitungsgesetz weist nicht die von Verfassungs wegen erforderlichen Vorkehrungen zur
Sicherung des auf die Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen zielenden Enteignungszwecks
auf.
4. Weil das Gesetz somit die Grundrechte der von der Rohrleitung betroffenen Grundstückseigentümer aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt, ist es verfassungswidrig und nichtig.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, die offenkundige Verfassungswidrigkeit des für den Pipelinebau maßgebenden Rohrleitungsgesetzes und die umfassend begründeten Sicherheitsbedenken gegen den Betrieb der Kohlenmonoxyd-Pipeline zwingen zur sofortigen Einstellung aller diesbezüglichen Baumaßnahmen!
Wir fordern Sie deshalb zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger auf, Ihre Behörden anzuweisen, die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für die Errichtung und den Betrieb der
Kohlenmonoxyd-Rohrfernleitungsanlage vom 14.02.07 auszusetzen. Die aufschiebende Wirkung der von den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern eingelegten Rechtsbehelfe ist wieder herzustellen. Allein der hieraus resultierende vorläufige Baustopp der Pipeline verschafft unseren Bürgerinnen und
Bürgern die notwendige Waffengleichheit im prozessualen Verfahren und ermöglicht eine sachliche Klärung vor den Gerichten.

Mit freundlichen Grüßen
Harald Birkenkamp Dr. Thomas Dünchheim
Bürgermeister der Stadt Ratingen Bürgermeister der Stadt Monheim am Rhein
Günter Scheib Magnus Staehler
Bürgermeister der Stadt Hilden Bürgermeister der Stadt Langenfeld
Arno Werner Thomas Hendele
Bürgermeister der Stadt Erkrath Landrat des Kreises Mettmann